Im Zuge des FTX-Crashs haben auch Kleinanleger Geld verloren.
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Die Insolvenz der Kryptobörse FTX ist ein Paukenschlag für die Blockchain-Welt und hat das Vertrauen in den Kryptomarkt weiter geschädigt. Nicht nur institutionelle Anleger sind betroffen, auch viele Kleinanleger haben ihr Erspartes verloren. Dabei ist die FTX-Pleite kein Einzelfall. 2021 ist etwa die Kryptobörse My Crypto Wallet zusammengebrochen. Die Kryptobank Celisius und der Kryptoverwahrer Nuri (vormals Bitwala) sind seit 2022 insolvent.

Totalverlust vermeiden

Auf der Vergleichsseite Coinmarketcap sind derzeit mehr als 500 internationale Kryptobörsen gelistet – die bedeutendste mit Sitz in Österreich ist Bitpanda. Mangels Regularien sehen sich heimische Kryptoanleger in der Insolvenz ihres Kryptoverwahrers Unsicherheiten ausgesetzt. Sonderbestimmungen wie zum Beispiel für die Verwahrung von Wertpapieren nach dem Depotgesetz sind nicht unmittelbar anwendbar. Für Kryptoanleger stellt sich daher die Frage: Wodurch vermeide ich einen Totalverlust?

Nach dem Krypto-Aphorismus "not your keys, not your coins" scheint die Antwort auf den ersten Blick recht einfach zu sein: Wer eine eigene und damit von der Kryptobörse unabhängige Wallet zur Verwahrung seiner Coins verwendet, der hat mit der Insolvenz der Kryptobörse nichts weiter zu tun. In der Praxis fehlen Kryptoanlegern aber vielfach das Know-how, eine eigene Wallet einzurichten. Sie lassen ihre Werte vielmehr auf der Börse liegen. Für sie gilt es, einen näheren Blick auf den Vertrag ihres Accounts zu werfen, insbesondere, ob Eigentum am Kryptogeld erworben wurde und wie diese verwahrt werden.

Eigentümer haben es leicht

Nach insolvenzrechtlichen Vorschriften dient nur das Vermögen des Schuldners der Befriedigung seiner Gläubiger. Was ihm nicht gehört, darf nicht verwertet werden. Anderes Vermögen muss an die Eigentümer oder sonstigen Berechtigten herausgegeben werden. Diese haben ein Aussonderungsrecht.

Ob Kryptoanleger ebenfalls in den Genuss dieses Aussonderungsrechts in der heimischen Insolvenz ihres Kryptoverwahrers kommen, ist zwar noch nicht endgültig beantwortet, vieles spricht aber dafür.

Gegenstand der Aussonderung sind massefremde Sachen iSd § 285 ABGB. Dass Kryptowerte unter den weiten Sachbegriff des ABGB fallen, ist in der Fachwelt einhellig anerkannt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Kryptowerte dem jeweiligen Kryptoanleger genau zuzuordnen sind. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn der Kryptoanleger Eigentümer der Coins ist und dies beweisen kann.

Schlüssel zum Vermögen

Zur Beurteilung des Eigentumserwerbs lohnt sich ein Blick in den Vertrag mit dem Kryptoverwahrer. Denn in der Praxis erwerben Kryptoanleger oft kein Eigentum, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber dem Verwahrer. Dieser bleibt über die Kryptowerte selbst verfügungsberechtigt. In solchen Fällen steht Kryptoanlegern typischerweise kein Aussonderungsrecht, sondern bloß eine anteilige Insolvenzforderung zu.

Ist der Kryptoanleger Eigentümer der Kryptowerte, so kommt als Beweis dafür vor allem der "private key" in Betracht. Während der "public key" eine öffentliche Adresse für die Zuordnung der Kryptowerte zur jeweiligen Blockchain ist, vermittelt der "private key" die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber.

Eigenes Börserl schafft Klarheit

Selbst wenn ein Kryptoanleger den "private key" nicht kennt, kann er dennoch aussonderungsberechtigt sein. Soweit klar ist, dass seine Werte auf einer eigenen Wallet getrennt verwahrt werden, ist sich das Aussonderungsrecht bestimmbar.

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn die Krypto-Werte der Kunden über eine bzw. mehrere Blockchain-Adressen in einer "omnibus wallet" gepoolt werden. Die Kryptoanleger treten in einer solchen Konstellation auf der Blockchain nicht eigens in Erscheinung, und die Kryptowerte werden nur dem Kryptoverwahrer zugeordnet. Ob die mangelnde Vermögenstrennung einem Aussonderungsrecht entgegensteht, ist eine Frage der Ausgestaltung der jeweiligen "omnibus wallet". Schlimmstenfalls wären die Werte verloren, und die Anleger müssten sich mit einer Insolvenzforderung begnügen.

Weniger Risiko

Eigene Wallets für Kryptowerte gewähren den größten Schutz, da man vom Kryptoverwahrer und seinem Insolvenzrisiko unabhängig ist. Da sich der Schutz von Kryptoanlegern maßgeblich von der konkreten Verwahrungsstruktur ableitet, ist es in allen Fällen ratsam, die Bestimmungen des Vertrags mit dem Kryptoverwahrer genau zu studieren und auch das Kleingedruckte zu lesen.
(Mathias Schimka, Markus Aigner, 28.11.2022)