Die geplante Seilbahn auf den Gaisberg sieht in der Computergrafik etwas zierlicher aus, als sie in natura wäre.

Foto: BWM Architekten

Seilbahnprojekte üben auf Bürgermeister scheinbar eine große Faszination aus. So wie vor einigen Jahren der damalige Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) eine Bahn auf den Plabutsch propagierte, macht sich nun der Salzburger Bürgermeister Harald Preuner (ebenfalls ÖVP) für eine Seilbahn auf den Gaisberg stark. Die Grazer Plabutsch-Bahn ist inzwischen wieder in der Versenkung verschwunden, die Idee der Gaisberg-Seilbahn ist noch jung.

Wobei der Vergleich der beiden Projekte nur teilweise stimmt. Zwar sind beide vorrangig von der ÖVP getragen, im Unterschied zum Grazer Plabutsch soll die Seilbahn auf den knapp 1300 Meter hohen Salzburger Stadtberg aber privat finanziert werden. Das kündigten zumindest der Salzburger Bürgermeister Preuner, sein Amtskollege aus dem Nachbarort Koppl, Rupert Reischl, Verkehrslandesrat Stefan Schnöll, Stadt-Gemeinderat und Gaisberg-Beauftragter Florian Kreibich (alle ÖVP) sowie Rechtsanwalt Christoph Bamberger als Sprecher einer Immobilien-Investorengruppe bei einer Projektpräsentation Mitte November an.

Viele Versprechen

Die Kosten für den Bau der Gondelbahn von Guggenthal an der Wolfgangsee-Bundesstraße im Gemeindegebiet von Koppl auf die Bergspitze beziffert die Unternehmergruppe mit rund 20 Millionen Euro – bei gut zwei Jahren Bauzeit. Die Talstation würde sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem von den Investoren geplanten und bereits im Bau befindlichen Hotelprojekt befinden.

Fünf Männer und ihr Seilbahnprojekt: Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner, Koppls Bürgermeister Rupert Reischl, Verkehrslandesrat Stefan Schnöll, Gaisbergkoordinator Florian Kreibich (alle ÖVP) und Christoph Bamberger, Sprecher der Errichtergesellschaft, präsentieren den Erstentwurf der neuen Seilbahn.
Foto: Leo/Neumayr/gugdrei.gmbh

Sobald die Seilbahn in Betrieb ist, soll der Individualverkehr ab der Zistelalm – etwa auf zwei Drittel der Berghöhe – eingeschränkt werden. Hier soll auch eine Mittelstation mit Zu- und Ausstiegsmöglichkeit errichtet werden. Die Projektwerber versprechen jedenfalls von einer Renaturierung des Gipfelplateaus über die Erhaltung aller geschützten Gebiete entlang der Trasse bis zur funktionierenden Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel samt Tarifeinbindung in den Salzburger Verkehrsverbund ziemlich viel.

"Touristenberg"

Abgesehen von der ÖVP sind die Kommentare aus den politischen Parteien wenig euphorisch. Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) sieht die Pläne "gespalten", wie er im STANDARD-Gespräch sagt. Die Seilbahn wäre zwar eine Chance für den lange geplanten Mountainbike-Trail vom Gaisberg herunter, in Summe wäre sie aber wohl mehr "ein touristisches Projekt" und nicht für die Einheimischen. Aber der Gipfel vertrage nicht tausende Leute oben.

Mit der touristischen Nutzung argumentiert auch KPÖ-Gemeinderat Kay-Michael Dankl: Bei vergleichbaren Seilbahnen koste die Berg- und Talfahrt zwischen 28 und 33 Euro. "Wenn aus dem Hausberg der Salzburger ein teurer Touristenberg gemacht wird, ist das sicher nicht mehrheitsfähig", sagt Dankl. "Mit dem Bus kommt man um 3,80 Euro ans Ziel. Fällt der dann dem Sparstift zum Opfer?"

Autofrei oder Greenwashing?

Kritisch äußerst sich auch die grüne Bürgerliste der Stadt Salzburg: "Wer betreibt die Bahn, was passiert, wenn sich der Investor zurückzieht? Wie viel kostest das Seilbahnticket, und was passiert mit der Buslinie auf den Gaisberg?", lauten die Fragen der grünen Bürgerliste. Deren Verkehrssprecher, Lukas Bernitz, verlangt jedenfalls einmal mehr, dass Pkws und Motorräder im Tal zu bleiben haben. Bürgerlistenintern wird das Konzept mit nur einer Teilsperre für den Individualverkehr und im Gegenzug einer Einbindung in den Verkehrsverbund (Stichwort Klimaticket) als "Greenwashing" bezeichnet.

Offen sei zudem, wie das alles mit dem Landschafts- und Naturschutz in Einklang zu bringen sei. Der sozialdemokratische Vizebürgermeister Auinger stimmt hier zu: Er könne sich kaum vorstellen, dass das Projekt so einfach genehmigungsfähig sei.

Bemerkenswert ist, dass sich erstmals auch Ex-Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) zu einer kommunalpolitischen Frage zu Wort meldet. Schaden ist Gaisberg-Fan und regelmäßig wandernd oder mit Fahrrad am Hausberg der Salzburger und Salzburgerinnen unterwegs. Er fragt in einem Facebook-Posting, wie die 20 Millionen Euro Investitionskosten refinanziert werden sollen. "Dazu sollen 800 bis 1600 Fahrten pro Tag angeboten werden", rechnet Schaden vor . Das mache in Achtergondeln 6400 bis 12.800 Fahrgäste. "Welche Infrastruktur gibt es für einen solchen Ansturm am Gipfel?"

"Grünlanddeklaration ausgehebelt"

Und Schaden weist auch auf die Grünlanddeklaration der Stadt hin, durch die bedeutende Stadtlandschaften dauerhaft vor einer Verbauung geschützt werden. Der Gaisberggipfel und das Plateau lägen in dieser Grünlanddeklaration, schreibt Schaden in dem Posting. "Durch eine unterirdische Bergstation auf Koppler Gemeindegebiet soll die Deklaration umgangen und ausgehebelt werden. Wird der Gemeinderat der Stadt das akzeptieren?" (Thomas Neuhold, 30.11.2022)