Eine junge Französische Bulldogge (Symbolbild) wurde aus eher unerfindlichen Gründen das Opfer eines "sehr, sehr wütenden" Angeklagten.

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Wien – Richter Christoph Kraushofer hat gewisse Probleme, aus dem 23-jährigen Angeklagten K. etwas herauszubekommen. Es geht zunächst um einen Vorfall im Sommer 2020, als der unbescholtene Ukrainer sich eigentlich um die junge Französische Bulldogge einer Bekannten kümmern sollte – und das Tier am Ende tot war. "Was war mit dem Hund?", beginnt der Richter die Suche nach einem Motiv. "Das war sehr komisch. Aber im Endeffekt habe ich den Hund getötet", bekennt sich der Angeklagte schuldig. "Warum?" – "Ehrlich, das kann ich Ihnen nicht sagen." – "Wie haben Sie ihn getötet?" – "Ich habe ihn mit der flachen Hand geschlagen, und dann ist er gegen einen Stuhl geprallt." – "Warum haben Sie ihn geschlagen?" – "Ich war sehr, sehr wütend."

Neben seiner Schwierigkeit, einen klaren Grund für die Tötung des Welpen zu nennen, fällt beim Angeklagten auch auf, dass er Sprechende kaum ansieht und gelegentlich geistesabwesend wirkt. "Ich muss mich konzentrieren", antwortet der Selbstständige auf eine entsprechende Frage des Richters. An einer offensichtlichen psychischen Beeinträchtigung leidet er nicht, da er durchaus auf Fragen antworten kann, dennoch scheint K. mitunter Probleme zu haben.

Kein "logischer Grund" für Hundetötung

So sagt er über die Hundebesitzerin: "Wir waren beste Freunde", daher habe er sich auch um das Tier gekümmert, wenn die junge Frau auf Urlaub gewesen sei. Auch am Tattag habe er das Tier gefüttert – und dann geschlagen. "Waren Sie auf den Hund wütend?", versucht Kraushofer es nochmals. "Nein", lautet die knappe Antwort. "Mit einem logischen Grund kann ich es nicht erklären", bedauert der Angeklagte.

Der Privatbeteiligtenvertreter der Bekannten zweifelt die Darstellung K.s an: Seine Mandantin und deren Schwester "sehen das nicht so", sagt er über das angeblich enge Verhältnis zum Angeklagten. Als der Privatbeteiligtenvertreter nachbohren und ergründen will, warum K. behauptet, die Schwester der Welpenbesitzerin habe sein Instagram-Konto gehackt und würde Penisbilder verschicken, wird er vom Richter mangels Relevanz allerdings gestoppt.

Kraushofer interessiert sich mehr für den zweiten Vorfall im heurigen September. Da hat K. einen 43-Jährigen, bei dem die Mutter des Angeklagten früher als Babysitterin tätig war, angerufen und bedroht und beschimpft. "Ich stech dich nieder mit dem Messer, auch deinen Sohn und deine Ex-Freundin", habe er laut Staatsanwältin unter anderem gesagt. "Ich war sehr emotionell", entschuldigt K. sich. Um dann zu ergänzen: "Er hat mich provoziert." – "Wie denn?", will der Richter wissen. "Er hat gesagt, dass alle ukrainischen Faschisten sterben sollen."

"Ich glaube nicht, dass er böse ist"

Eine nachvollziehbare Begründung für seinen Ausbruch kann K. auch in diesem Fall nicht liefern. Der 43-Jährige bricht als Zeuge sogar eine Lanze für den Angeklagten: "Ich habe ihn zum ersten Mal so erlebt", beteuert er und stellt klar: "Ich glaube nicht, dass er böse ist." Der Zeuge betont auch, dass er sich wegen der Drohung "nicht so sehr gefürchtet habe. Ich war mehr enttäuscht, mehr wütend." Der Mann bitte Kraushofer auch um die Möglichkeit einer abschließenden Bemerkung, die ihm gewährt wird. "Ich wünsche mir nicht, dass der junge Mann wegen meiner Anzeige ins Gefängnis geht", hält er fest.

Für Verteidiger Florian Kreiner, der zugesteht, dass sein Mandant eine "etwas schwierige Persönlichkeitsstruktur" habe, ist diese Zeugenaussage ein Hoffnungsschimmer. Er sieht den Fall damit "insgesamt im Bereich der diversionellen Erledigung", hofft er in seinem Schlussplädoyer. Neben der Unbescholtenheit spräche für K. auch, dass er bereit sei, 1.000 der geforderten 2.000 Euro Schadenersatz an die Welpenbesitzerin zu zahlen, betont Kreiner.

Richter Kraushofer sieht das anders und verurteilt den Angeklagten zu drei Monaten bedingter Haft. Aus generalpräventiven Gründen sieht er keine Chance, bei der grundlosen Tötung eines Tieres mit einer Diversion vorzugehen, begründet er seine Entscheidung. Er glaubt K. aber, dass er den Welpen nicht, wie angeklagt, "mutwillig getötet" habe, sondern nur, dass er das Tier "roh misshandelt" habe, was an der Strafandrohung von zwei Jahren nichts ändert. Während der Angeklagte das Urteil akzeptiert, gibt die Staatsanwältin keine Erklärung ab, weshalb die Entscheidung vorerst nicht rechtskräftig ist. (Michael Möseneder, 28.11.2022)