Casemiro erzielte das entscheidende Goal.

Foto: APA/AFP/NELSON ALMEIDA

Kein Neymar, kein Zauber – aber frühzeitig weiter: Auch ohne seinen verletzen Superstar hat Rekordchampion Brasilien den WM-Achtelfinaleinzug als zweite Mannschaft nach Titelverteidiger Frankreich perfekt gemacht. Beim 1:0 (0:0) gegen die Schweiz fehlte der Selecao um Top-Stürmer Richarlison allerdings lange die Magie. Casemiro gelang der späte Siegtreffer in der 83. Minute.

Selbst der Gruppensieg ist den Brasilianern damit praktisch sicher angesichts von drei Punkten Vorsprung und der um drei Treffer besseren Tordifferenz gegenüber den Eidgenossen. Die benötigen gegen Serbien zum sicheren Weiterkommen einen Sieg, bei brasilianischer Schützenhilfe gegen Kamerun reicht auch ein Remis.

Ersatz

Anstelle von Offensivstar Neymar, der sich im Auftaktspiel gegen die Serben (2:0) eine Bänderverletzung am rechten Sprunggelenk zugezogen hatte, rückte Mittelfeldspieler Fred in die Startformation. Neymar schaute sich die Partie mit geschientem Fuß auf seinem Bett im Fünf-Sterne-Teamhotel an, wie sein Instagram-Account verriet.

Laut Selecao-Trainer Tite müsse man bei dem 30-Jährigen "von Tag zu Tag schauen". In der Heimat wird derweil die lange einem Sakrileg gleichende Diskussion geführt, ob die Nummer zehn überhaupt noch gebraucht wird. Gegen Serbien jedenfalls war Richarlison mit seinem Doppelpack perfekt eingesprungen. Diesmal blieb der Tottenham-Stürmer allerdings unauffällig – und er war damit diesmal nicht allein bei den Gelb-Blau-Grünen.

Reibung

Für die Schweizer Auswahl war die Vorbereitung keineswegs reibungslos verlaufen. Der Mannschaftsbus kollidierte leicht mit einem Polizeiauto, das die Eidgenossen eigentlich sicher zum Stadion 974 eskortieren sollte.

Das Spiel nahm den erwarteten Verlauf. Die ebenfalls mit einem Sieg (1:0 gegen Kamerun) gestarteten Schweizer überließen den Südamerikanern mehr Spielanteile und konzentrierten sich auf ihre Ordnung.

Casemiro mit dem Traum

So dauerte es fast 27 Minuten bis zur ersten Chance, und die war gleich eine riesengroße: Vinicius Junior von Champions-League-Sieger Real Madrid scheiterte nach Maßflanke von Raphinha aus wenigen Metern an Keeper Yann Sommer.

Insgesamt entwickelte Brasilien in einem 4-4-2 wenig Druck, die Schweizer spielten ihre Umschaltsituationen nicht konsequent zu Ende. Neymars Fehlen wurde spür- und sichtbar.

Nach 64 Minuten jubelten die Gelben dennoch – in der Entstehung des vermeintlichen Führungstreffers durch Vinicius Junior stand Richarlison allerdings im Abseits. Casemiro war kurz vor dem Ende glücklicher bei seinem satten Schuss, den Manuel Akanji leicht abfälschte. (sid, red, 28.11.2022)

Fußball-WM in Katar, Gruppe G (2. Runde):

Brasilien – Schweiz 1:0 (0:0).
Doha, Stadium 974, 43.649 Zuschauer, SR Barton (SAL)

Tor: 1:0 (83.) Casemiro

Brasilien: Alisson – Militao, Marquinhos, Thiago Silva, Alex Sandro (86. Telles) – Casemiro – Paqueta (46. Rodrygo), Fred (58. Bruno Guimaraes) – Raphinha (73. Antony), Richarlison (73. Gabriel Jesus), Vinicius Jr.

Schweiz: Sommer – Widmer (86. Frei), Akanji, Elvedi, Rodriguez – Freuler, Xhaka – Rieder (59. Steffen), Sow (76. Aebischer), Vargas (59. Fernandes) – Embolo (76. Seferovic)

Gelbe Karten: Fred bzw. Rieder

Stimmen

Tite (Brasilien-Trainer): "Ich respektiere immer andere Meinungen und normalerweise kommentiere ich sie nicht, aber heute erlaube ich mir, das zu tun: Ich stimme zu (auf die Frage, ob er Neymars Tweet zustimme, wonach Torschütze Casemiro der beste Mittelfeldspieler seit langer Zeit ist). Ja, wir vermissen Neymar. Aber wir haben gesehen, dass auch andere die Möglichkeit nutzen können. Wir müssen den physischen Zustand der Spieler mit Physiotherapeuten und dem medizinischen Stab überprüfen und ja, dann werden wir darüber nachdenken, was passieren wird, aber heute müssen wir den Sieg genießen."

Murat Yakin (Schweiz-Trainer): "Klar kann man nicht zufrieden sein. Aber der Gegner ist halt Brasilien, den wir 80 Minuten lang kontrolliert haben. Wir hätten mutiger sein müssen, aber im entscheidenden Moment hatten wir nicht die Ruhe und konnten den Ball nicht halten. Der entscheidende Pass ist nicht gekommen. Vielleicht waren wir etwas zu kontrolliert, statt das Risiko zu suchen. Der Matchplan hat hervorragend funktioniert, aber am Schluss kamen wir nicht mehr raus. Shaq (Shaqiri, angeschlagen) hat gefehlt, der etwas Genialität reinbringen kann. Okafor (verletzt) mit seiner Schnelligkeit hat auch gefehlt."

Casemiro (Brasilien-Torschütze): Wir wussten, dass es keine leichte Gruppe ist und dass die Schweizer viel zu bieten haben. Das sind keine schönen Spiele, da sind Kleinigkeiten ausschlaggebend. Dieses Mal habe ich den Ball voll erwischt, aber wichtiger ist, dass wir gewonnen haben."

Granit Xhaka (Schweiz-Kapitän): "Kämpferisch war das eine gute Leistung. Brasilien hat eine super Qualität, da müssen wir ehrlich sein. Kämpferisch und mit dem Teamspirit haben wir es gut gemacht. Ein bisschen enttäuscht sind wir schon, ein Unentschieden wäre nicht gestohlen gewesen. Mannschaftlich war es heute fast besser als gegen Kamerun, vielleicht hätten wir ein bisschen frecher etwas machen können, aber eben, das ist Brasilien."