Brillant, aber etwas eindimensional bei Mozart, Meister Evgeny Kissin.

APA

Wien – Das philharmonische Konzert hatte am Samstag im Musikverein einen an sich schweigsamen Gast. Evgeny Kissin ist jedoch seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine als aus der UdSSR kommender Kinderstar gesprächiger Kritiker der Diktatur in Russland. Er schildert sogar, in seiner Wut über die Ereignisse beim Musizieren Anti-Putin-Sätze im Kopf zu hören. Dass er nicht Rachmaninows 3. Klavierkonzert spielte, sondern Mozarts in A-Dur KV 448, wird natürlich andere Gründe gehabt haben als den Boykott russischer Kunst.

Etwas zu glitzernd

Sein Mozart wirkte allerdings bei aller Brillanz etwas eindimensional. Der glockenhelle Ton, den er einschlug, hatte Klarheit und Prägnanz. Aber jenes quasi Entmaterialisierte, jene melancholische Leichtigkeit dieser Musik, schimmerte nur sekundenweise und paradoxerweise nur in manch flinkem Lauf durch, den die Philharmoniker unter Dirigent Jakub Hrůša robust assistierten.

Hrůša ist dann bei Lutoslawskis Konzert für Orchester in seinem Element: Als energischer, insistierender Organisator von Strukturen treibt er die Philharmoniker zu farbprächtigem Spiel, bei einem seltsamen Werk, das den Kontrabässen sogar eine Art Wiegelied schenkt. Bei Hrůša war ein besonderer Wille zum Ausdruck erkennbar. Da kann noch viel kommen. Vielleicht lässt man ihn dann auch philharmonisch einmal bei Gustav Mahler wollen. (Ljubisa Tosic, 29.11.2022)