Das Erschmelzen der Legierung mit der magnetischen Tetrataenit-Phase.
Foto: Klaus Pichler/ÖAW

Seltene Erden sind heute für viele technische Produkte wie Smartphones notwendig, aber eine begrenzte Ressource auf unserem Planeten. Außerdem belastet ihr Abbau die Umwelt: Um auch nur geringe Mengen dieser Elemente zu erhalten, muss mit hohem Aufwand sehr viel Erz abgebaut werden. Das betrifft beispielsweise Elektromotoren und Windturbinen, für die Hochleistungsmagneten nötig sind.

Zumindest für letztere gibt es nun eine alternative Quelle, wie ein Forschungsteam aus Italien, Österreich und Großbritannien im Fachmagazin "Advanced Science" berichtet. Das Mineral Tetrataenit kann vergleichbare Funktionen erfüllen wie Neodym und andere der 17 Seltenerdelemente, die für sehr starke kleine Dauermagneten nötig sind. Bisher war Tetrataenit aber nur von Meteoriten bekannt – und damit ein Material, das in Impaktkratern auf der Erde vorkommen oder in Zukunft im Weltraum abgebaut werden könnte. Dem Team ist es allerdings gelungen, das Mineral im Labor herzustellen.

Mineral aus dem All

Derzeit wird intensiv nach Alternativen zu Neodym und Co gesucht, auch, weil die aufwendige Förderung der Materialien für Permanentmagneten fest in chinesischer Hand ist. Neun von zehn Permanentmagneten kommen derzeit aus China. Auch Tetrataenit galt zunächst als nicht sonderlich aussichtsreich, immerhin dürfte das außerirdische Mineral Millionen von Jahren benötigen, um sich zu bilden.

Nun stellten Baran Sarac, Jürgen Eckert und Sergey Ketov vom Erich-Schmid-Institut für Materialwissenschaft der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Leoben mit Kollegen von der Universität Cambridge in Großbritannien und dem Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) in Genua allerdings selbst eine entsprechende Legierung aus Eisen und Nickel her. "Die Struktur von Tetrataenit entsteht normalerweise nur, wenn ein Eisen-Nickel-Gemisch nach seiner Entstehung extrem langsam abkühlt, mit einer Geschwindigkeit von weniger als 0,01 Grad Celsius pro Jahr", erklärt Sarac in einer Aussendung. Dann bilden die Atome der beiden Metalle eine bestimmte Kristallstruktur, die zu einem Material mit magnetischen Eigenschaften führt, die jenen aus Seltenerdelementen ähneln.

Rapide Auskühlung

Im Labor konnten die Forscher diesen Prozess durch die Zugabe von kleinen Mengen an Phosphor und Kohlenstoff zu einer Schmelze aus Eisen und Nickel massiv beschleunigen. "In einem Vakuum haben wir ein bis drei Millimeter lange Zylinder gegossen, die in wenigen Millisekunden auskühlen", sagt Sarac. Durch den Phosphor können sich die Eisen- und Nickelatome quasi schneller bewegen und so die notwendige Kristallstruktur in dieser kurzen Zeit bilden.

Die Wissenschafter hoffen, dass der einfache Herstellungsprozess es ermöglicht, in relativ kurzer Zeit eine Produktion im industriellen Maßstab zu erreichen. Zum Patent angemeldet ist die neue Methode jedenfalls schon – und das Team hat Kontakt zu Start-ups und großen Unternehmen aufgenommen, die sich für die neue Herstellungsweise interessieren. (APA, red, 29.11.2022)