Wenn das Geld für fällige Sanierungen nicht reicht, helfen üblicherweise Kredite aus. Für ältere Menschen erweist sich das als große Hürde. Ist man zu alt, gibt es keinen Kredit – unabhängig davon, welche Sicherheiten man hat.

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Die Gehprobleme des 90-jährigen Herrn B. werden größer, der Weg in das obere Stockwerk seines Hauses zur Herkulesaufgabe. Ein Treppenlift soll Abhilfe schaffen, doch dafür benötigt der Pensionist einen kleinen Bankkredit. Als Sicherheit kann er seine Immobilie vorweisen, doch die Bank lehnt ab: An 90-Jährige werde kein Kredit mehr vergeben.

Dieser und ähnliche Fälle zeigen ein Problem auf, das älteren Menschen das Leben seit Jahren zusätzlich schwermacht: Trotz ausreichender finanzieller Sicherheiten gibt es keinen Kredit. Die Altersdiskriminierung bei Kreditvergaben gilt für 90-Jährige wie in diesem Fall, beginnt aber bereits bei deutlich jüngeren Menschen. Selbst mit 50 Jahren wird es bei längeren Laufzeiten schwierig.

Eine Frage des Alters

Dass Kreditansuchen aufgrund des Alters häufig abgelehnt werden, liegt auch an der derzeitigen Gesetzeslage. Die ermöglicht es Banken nämlich, Kredite auf Basis der statistischen Lebenserwartung zu verweigern – ein Umstand, der bereits seit Jahren kritisiert wird. "Kreditwürdigkeit ist eine Frage der finanziellen Sicherheiten, nicht des Alters", betont Ingrid Korosec, Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes.

Bislang wurde eine Änderung der Gesetzeslage trotz Forderungen von Konsumentenschützern, Antidiskriminierungsstellen und Seniorenvertretern stets vertagt; nun aber hat die Bundesregierung eine entsprechende Novellierung auf Schiene gebracht.

In Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Seniorenrat wurde am Dienstag eine Anpassung des Hypothekar- und Immobiliengesetzes angekündigt. Pensionisten soll es damit künftig möglich sein, auch im Alter leichter an Kredite zu kommen – etwa um die Wohnung altersgerecht zu machen oder die Heizungsanlage zu tauschen. Das gilt für Senioren wie auch für jüngere Menschen, die etwa aufgrund einer Krankheit eine geringere Lebenserwartung haben.

Besserer Zugang zu Krediten und mehr Rechte für Erben

Angelehnt ist die Neuregelung an den gesetzlichen Rahmen in Deutschland. Dort stehen die Chancen für Senioren besser; die Kreditwürdigkeit ist nicht an das Alter, sondern an das Einkommen geknüpft. "Die Lebenserwartung soll – bei ausreichenden Sicherheiten – kein Hindernis mehr sein", sagte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) bei der Vorstellung der Novelle. Künftig solle klar geregelt werden, unter welchen Umständen die Lebenserwartung bei der Kreditvergabe unberücksichtigt bleiben darf.

Das bedeutet: Künftig muss es nur mehr wahrscheinlich sein, dass der Kreditnehmer die Kreditraten zu Lebzeiten zurückzahlt. Als Voraussetzung gelten ausreichende Sicherheiten, etwa in Form einer Immobilie. Und selbst im Todesfall des Kreditnehmers soll der Vertrag nicht mehr direkt seitens der Bank aufgekündigt werden.

Die Erben sollen stattdessen "ohne Zeitdruck" entscheiden können, als Gesamtrechtsnachfolger in den Kreditvertrag einzutreten, verweist Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) auf weitere Regelungen im Zuge der Novellierung. Im Falle einer Vertragsauflösung soll es Erben zudem möglich sein, die als Sicherheit dienende Immobilie selbst zu veräußern und die restlichen Kreditraten daraus zu tilgen.

Viel Lob und ein wenig Kritik

Lob für die Ankündigung kommt von der Opposition. "Das ist eine sehr positive Nachricht für viele Senioren", lässt SPÖ-Konsumentenschützer Christian Drobits per Presseaussendung wissen. Kritisch sieht er den Umstand, dass die Novelle erst im April kommenden Jahres in Kraft treten soll: "Es wird wieder wertvolle Zeit für die älteren Menschen vergeudet."

Auch Daniela Grabovac, die bereits seit 2015 auf die Altersdiskriminierung aufmerksam macht, sieht die Ankündigung durchaus positiv. "Die Lösung über die Bankwesengesetze mit einer entsprechenden Bonitätsprüfung ist perfekt", freut sich die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark.

Einzig über eine Erweiterung des Gleichbehandlungsgesetzes hätte sie sich noch gefreut – schließlich sei das Problem der Diskriminierung kein alleiniges Problem im Bankenwesen oder des Alters. Das sei allerdings eine bekanntlich schwierig umzusetzende Angelegenheit. Ein erster Schritt in die richtige Richtung sei jedenfalls getan. (Nicolas Dworak, 29.11.2022)