Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer war bereits zum Auftakt des U-Ausschusses im März als Auskunftsperson geladen.

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Fast genau neun Monate nach seinem ersten Auftritt kommt Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer am Mittwoch erneut in den U-Ausschuss zu mutmaßlicher Korruption der ÖVP. Für die Abgeordneten ist der nunmehrige Regierungschef eine vielversprechende Auskunftsperson, war er doch im Untersuchungszeitraum zunächst Generalsekretär der Volkspartei und im Anschluss auch Innenminister. Laut Ladungsbegehren habe er deshalb "zahlreiche Wahrnehmungen zum Untersuchungsgegenstand".

Nehammer war bereits am 2. März, und damit an jenem Tag, an dem das Gremium mit seinen Befragungen begonnen hatte, als Auskunftsperson geladen. Seine Befragung war für die Abgeordneten allerdings ernüchternd, sorgten doch zahlreiche, meist von seiner Partei losgetretenen Geschäftsordnungsdebatten – etwa über die Zulässigkeit von Fragen – für Unterbrechungen und Verzögerungen. Entschloss sich Nehammer zwischendurch doch, Fragen zu beantworten, fielen seine Antworten äußerst allgemein aus. Eine weitere Ladung Nehammers galt deshalb schnell als fix.

Was auf Nehammer zukommt

Heute werden die Abgeordneten einen weiteren Versuch unternehmen und Nehammer zu für den U-Ausschuss zentralen Themen befragen. Etwa zu dem schon länger schwelenden Konflikt zwischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und Kanzleramt rund um die Sicherstellung von Daten. Wie mehrfach berichtet, will die WKStA E-Mail-Postfächer zahlreicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kanzleramts auswerten, um Kommunikation mit Beschuldigten in der Causa prima, nämlich der Inseraten- und Umfragenaffäre, wiederherzustellen. Das Kanzleramt weigert sich jedoch nach wie vor, die Anordnung umzusetzen, weil diese zu unkonkret sei und Datenschutzinteressen der Mitarbeiterschaft gefährde.

Befragt werden soll Nehammer außerdem zum Umfrageinstitut Demox. Dieses ist in den Fokus des U-Ausschusses geraten, weil Opposition und Grüne vermuten, dass ÖVP-geführte Ministerien dort für die Partei dienliche Umfragen in Auftrag gegeben haben. Weitere Themen werden einmal mehr Spenden an die ÖVP und vermutete Gegenleistungen dafür, diverse Postenbesetzungen im Innenministerium und natürlich Vorgänge in schwarzen Landesorganisationen, etwa in Vorarlberg und Niederösterreich, sein. In Nehammers Befragung soll es auch um das "Projekt Ballhausplatz" gehen, das war im Jahr 2017 jene Wahlkampfstrategie, die den damaligen Außenminister Sebastian Kurz zuerst an die Spitze der ÖVP und danach ins Bundeskanzleramt befördern sollte.

Nach Nehammer kommt ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner als Auskunftsperson an die Reihe. Er wird zu seinen Wahrnehmungen über etwaige indirekte Finanzierung von Wahlkämpfen mithilfe von Auftragsvergaben und Förderungen durch Organe des Bundes befragt werden. Sehr prominent geht es auch am Donnerstag weiter. An diesem Tag ist nämlich die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geladen. Außerdem soll eine Abteilungsleiterin aus dem Landwirtschaftsministerium Rede und Antwort stehen. Die ÖVP kritisiert die Ladungen von Mikl-Leitner und Ebner als durchschaubares Manöver, das der Ende Jänner anstehenden Landtagswahl geschuldet sei. Es gehe dabei nicht um Aufklärung, sondern um parteitaktische Spielchen. (Sandra Schieder, 30.11.2022)