Forscher aus Wien spionierten dem Gefleckten Laubenvogel nach und machen dabei recht eindeutige Beobachtungen.

Giovanni Spezie/Vetmeduni

Sie gelten als die großen Architekten unter den Vögeln. Schuld daran ist wieder einmal das andere Geschlecht: Männliche Vertreter der Laubenvögel, die in Australien und Papua-Neuguinea beheimatet sind, errichten kunstvolle Bauwerke – Liebeslauben, aber auch Alleen – aus Zweigen und anderem Material, und zwar nicht, um darin zu nisten, sondern ausschließlich um Weibchen zu beeindrucken. Damit stützt der Vogel nebenbei auch die Hypothese, dass der evolutionäre Ursprung der Kunst in der Balz liegt.

Das Balzverhalten ist so einzigartig in der Vogelwelt, dass der Ornithologe Ernest Thomas Gilliard vorschlug, die Ordnung der Vögel in zwei Gruppen unterteilen: Laubenvögel und alle anderen Vogelarten. Die Konstruktionen der insgesamt 17 Lauben bauenden Laubenvogelarten sind dabei so vielfältig wie die Mitglieder ihrer Spezies. Doch eine Regel gibt es: Je schlichter das Federkostüm der jeweiligen Art ist, desto opulenter ist seine Bautätigkeit – und umgekehrt.

Bau- und Stimmkünstler

Graulaubenvögel beispielsweise berücksichtigen bei ihrer Bautätigkeit sogar die Perspektive, wie vor rund zehn Jahren erstmals nachgewiesen wurde: Kleinere Steine stellen sie gleich am Eingang ihrer Bauten auf, größere weiter entfernt. Durch die Entfernung wirken alle Steine nun gleich groß – das mögen die Weibchen. Und außerdem steht er neben kleineren Gegenständen auch größer da. Auf die Größe kommt es immer an. Die Farbe kommt gleich danach.

Um die Weibchen zu den selbstgebauten Lauben zu locken, sind die Männchen auch noch begnadete Sänger und vor allem Stimmenimitatoren. Selbst die Geräusche von Kleinkindern können die Vögel überraschend authentisch nachmachen.

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Was aber ist mit jenen Männchen, die aus verschiedenen Gründen eher wenig Chancen auf Fortpflanzung haben? Das haben Giovanni Spezie und Leonida Fusani (Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien) an Gefleckten Laubenvögeln untersucht und dabei Beobachtungen gemacht, die zuvor noch keinen Forschern gelungen sind.

Auch diese Laubenvogelart (lat.: Ptilonorhynchus maculatus), die in Ostaustralien vorkommt, baut Liebeslauben aus Stöcken und Stroh und schmückt ihre Konstruktionen mit bunten Gegenständen aus, um während der Brutzeit Partnerinnen anzulocken, im konkreten Fall mit Schnecken.

Eine besonders üppige Liebeslaube eines Gefleckten Laubenvogels.
Foto: Giovanni Spezie/Vetmeduni

Bisher war bekannt, dass bestimmte ortsfremde, untergeordnete Männchen von ansässigen Männchen zum einen toleriert werden und sich zum anderen in "Männerbünden" zusammenschließen. Unklar war allerdings, ob diese rangniedrigeren Männchen dadurch direkte Vorteile haben.

Beobachtete "hinterhältige" Kopulationen

Diese Frage wird nun in einer Studie im Fachblatt "Ethology" mit einem eindeutigen Ja beantwortet. Das Forscherduo konnte nämlich nicht nur beobachten, wie mehrere gebietsfremde Männchen die laufenden Kopulationen zwischen dem männlichen Laubenbesitzer und einem empfänglichen Weibchen unterbrachen, worauf heftige aggressive Interaktionen folgten. Es gelang ihnen auch erstmalig, mindestens vier unabhängige Beobachtungen bei verschiedenen Individuen aufzuzeichnen, die heimliche Paarungen oder Paarungsversuche von untergeordneten Männchen zeigen.

Gefleckte Laubenvögel werden bereits seit mehreren Jahrzehnten wissenschaftlich beobachtet – doch bisher konnte keines der nun beobachteten Kopulationsereignisse dokumentiert werden. "Dass wir mindestens vier unabhängige Beobachtungen bei verschiedenen Individuen aufzeichnen konnten, weist stark darauf hin, dass hinterhältige Kopulationen kein isoliertes und abnormales Verhalten sind", sagt Letztautor Fusani. "Vielmehr handelt es sich um ein Verhaltensmuster oder eine alternative Fortpflanzungsstrategie von untergeordneten Männchen."

Männliche Balzkoalitionen

Solche "Arrangements" unter Männchen wurden bisher auch schon bei anderen Vogelarten beobachtet. Ein gemeinsames Merkmal der meisten dieser Balzkoalitionen ist, dass auf ein dominantes Alpha-Männchen alle oder die meisten Kopulationen entfallen, während untergeordnete Beta-Männchen auf die Fortpflanzung verzichten und keinen – oder eben: nur sehr begrenzten – Zugang zu Partnerinnen erhalten.

Das Opfern des Fortpflanzungspotenzials für einen Männerbund mag paradox erscheinen, hat aber direkte und indirekte Vorteile für die untergeordneten Männchen. Indirekt profitieren die Tiere davon, dass sie die Stellung des Alpha-Männchens nach dessen Tod übernehmen oder von diesem für den Paarungserfolg wichtige Verhaltensformen lernen. Direkte Vorteile ziehen sie aus den "hinterhältigen" Paarungen mit Weibchen. (tasch, 4.12.2022)