Die Ambeo Soundbar Plus von Sennheiser im "Herr der Ringe"-Test.

Foto: DER STANDARD, Zellinger

Glaubt man den Versprechen von Sennheiser, hat man mit der Ambeo Soundbar Plus "die beste Soundbar der Welt" und die "Zukunft des Hörens" vor dem Fernseher stehen. Tatsächlich verbirgt sich hinter den vollmundigen Ankündigungen eine technisch durchaus beeindruckende Leistung: So soll es den Sennheiser-Ingenieuren gelungen sein, ein komplettes Heimkinosystem mit 7.1.4-Kanälen in den schwarzen Riegel einzubauen.

Kurz zur Erläuterung: 7.1.4 bedeutet, dass sieben Lautsprecher im Raum verteilt sind – drei vor dem Zuschauer, zwei seitlich sowie ein Paar hinten. Zusätzlich ist ein Subwoofer (dafür steht der Einser in der Mitte) im Einsatz, der in unserem Fall aber durch den externen Ambeo Sub ersetzt wird. Dazu kommen noch vier nach oben gerichtete Speaker, die Schallwellen an die Decke werfen und von dort an den Tester zurückreflektieren. So zumindest die Theorie, denn vor uns liegt immer noch schwarzer Plastikbalken, der den oben genannten Aufbau möglichst realistisch simulieren will.

Mit an Bord sind noch Support für Dolby-Atmos und dem Konkurrenten DTS:X. Angetrieben wird dieses fette Technikpaket von einem Vierkernprozessor mit 1,8 Gigahertz. Außerdem lässt sich die Soundbar mit Amazons Alexa, Siri oder dem Google Assistant per Sprache steuern und beherrscht Apples Airplay 2, Tidal Connect sowie Spotify Connect. Ach ja, ein Google-Chromecast ist ebenfalls noch verbaut. Und das alles soll in dem 105 Zentimeter langen und acht Zentimeter hohen Gerät stecken? Da hat der Tester jedenfalls einiges zu tun.

Die Verpackung kommt gänzlich ohne Plastikmüll aus.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

Mehr Anschlüsse, als man braucht

Zuerst zu der Ausstattung mit Anschlüssen: Diese kann man durchaus als vorbildlich bezeichnen. Die Hauptrolle spielt dabei freilich der HDMI 2.1-Ausgang mit eARC. Dieser ist für den Transfer hochwertiger Tonsignale verantwortlich. Daneben gibt es noch zwei HDMI-2.0a-Eingänge, einen optischen Eingang (der später noch eine Rolle spielen wird) sowie AUX-Anschlüsse und eine Buchse für einen Subwoofer. Außerdem finden sich ein USB-Anschluss sowie eine LAN-Buchse. Zugegeben: Kaum ein Anwender wird jemals die gesamte Vielfalt ausnutzen, aber der wichtigste Anschluss ist immer der eine, den man gerade braucht – auch das wird sich nachher noch als wichtig erweisen.

Das Angebot an Anschlüssen lässt keine Wünsche offen.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

Auf der Oberfläche befinden sich noch Steuerelemente für den Wechsel des Audioeinganges, Bluetooth, die Lautstärke, die Mute-Funktion sowie eine Multifunktionstaste mit der sich in Earpod-Manier durch mehrmaliges Tippen die Wiedergabe pausieren oder der Track wechseln lässt. Das ist nett, aber im Test greifen wir lieber zur mitgelieferten Fernbedienung. Diese wirkt schlicht, übersichtlich und aufgeräumt und hat wohl auch dank des Lithium-Akkus ein höheres Gewicht als andere Vertreter ihrer Gattung, was sie noch wertiger wirken lässt.

Angenehm simple Einrichtung

Das Setup erweist sich als einfach und sollte auch für technische Nackerpatzerl schaffbar sein. Nach der Installation der Sennheiser Smart Control App klappt das Einrichten der WLAN-Verbindung auf Anhieb – eine Wohltat nach dem eher krampfigen Erlebnis mit der Sonos-Anlage. Nur der Sub lässt sich ein wenig bitten, aber auch er findet im zweiten Anlauf einen Platz im Heimnetz.

Die Klangkalibrierung erkennt anhand des zurückgeworfenen Schalls den Grundriss des Wohnzimmers und sogar die Position des Fernsehers.
Foto: Screenshot Sennheister Smart Control

Danach beginnt auch schon die Klangkalibrierung und dabei zeigt die Ambeo Plus erstmals, was in ihr steckt. Dabei wird der Raum akustisch vermessen, indem die Soundbar Testtöne von sich gibt, die wiederum von vier integrierten Mikrofonen aufgenommen werden. So entsteht ein akustisches Abbild des Raumes, selbst die Position des Fernsehers in der Ecke und die Wohnzimmerwand werden von der App korrekt abgebildet. Die Schmankerl in Form von Ambeo und Dolby-Atmos kann man sodann anhand von in der App integrierten Videos von Wildtieren testen und räumliches Affengekreische erleben. Ein nettes Feature, denn bei Netflix, Amazon Prime oder Disney+ sind auf die Schnelle Atmos-Videos kaum auffindbar oder nicht gekennzeichnet. Da könnten die Streaminganbieter ruhig schön langsam ihre Marketingversprechen wahr machen. Denn die Hardware steht offensichtlich schon bereit.

Die F-18 über dem Kopf

Zeit, uns kurz mit Dolby Atmos zu beschäftigen. Bei diesem objektbasierten Surround-Sound-Format wird der Ton so auf die verfügbaren Kanälen verteilt, dass der Eindruck entsteht, die Tonquelle befinde sich an einer bestimmten Stelle im Raum. Das kann beispielsweise ein Gitarrist sein, der sich links oben auf einer Bühne befindet, oder der Radiowecker in "Täglich grüßt das Murmeltier", der genau neben dem Protagonisten seinen Weckruf beginnt. Durch die simulierten Deckenlautsprecher ist es darüber hinaus möglich, die F-18 von Tom Cruise in "Top Gun: Maverick" akustisch über die Zuschauenden hinwegbrausen zu lassen. "Ambeo" ist wiederum eine Eigenentwicklung von Sennheiser. Damit wird ein raumfüllendes Klangerlebnis simuliert. Das ist im Resultat nicht ganz so spektakulär wie Atmos, aber so werden einfache Stereoquellen mit durchaus beeindruckenden Effekten aufgewertet.

Das Innenleben der Ambeo Soundbar Plus.
Foto: Sennheiser

Ein jähes Ende des Genusses

Im Test war von all den Vorzügen anfangs leider nicht viel zu merken oder zu hören, denn die Ambeo Plus ließ sich einfach nicht dazu bewegen, länger als zwei Sekunden Töne von sich zu geben. Nun reichte diese kurze Zeitspanne dafür einen vorbei zischenden Pfeil in "Die Ringe der Macht" akustisch beeindruckend im Wohnzimmer zu verorten, aber leider quittierte die Soundbar danach zuverlässig den Dienst und die weitere tolkiensche Schlachtenszene blieb stumm. Als hätte die Kavallerie von Rohan eine offene Rechnung mit dem Toningenieur beglichen.

Nachdem weder elbische Pfeilspitzen im Gehäuse steckten noch rote LEDs unter der Abdeckung zu sehen waren, konnte ein Hardwaredefekt relativ schnell ausgeschlossen werden. Auch der übliche Verdacht, ein minderwertiges HDMI-Kabel hätte das akustische Traumerlebnis verhagelt, wurde schnell entkräftet. Die vom Sennheiser-Support zuerst vorgeschlagene Lösung des Kabelziehens und Wiedereinsteckens nach einer streng choreografierten Reihenfolge wirkte zwar wie ein unterhaltsames technomagisches Ritual, brachte aber nicht den erwünschten Erfolg. Also blieb nur noch ein Softwarefehler als Ursache. Wie eine Rückfrage bei Sennheiser bestätigte, war ein Bug in der Firmware für einen Fehler verantwortlich, der nach dem Start der Software den HDMI eARC-Anschluss lahm legte.

Schön schlicht: die Fernbedienung.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

Bis dieser nach drei Wochen gefixt war, musste der Tester auf ein optisches Kabel ausweichen. Das mag nach keinem wirklichen Problem und einem dank der Anschlussvielfalt einfachen Workaround klingen, aber leider gehen dadurch Funktionen wie Dolby Atmos und DTS:X verloren. Ein Test einer hochwertigen Premium-Soundanlage ist mit einem derart eingeschränkten Funktionsumfang nicht sinnvoll. Außerdem lässt sich die Soundbar dann nicht mehr mit der Fernbedienung des Fernsehers steuern, denn das CEC genannte Feature funktioniert nun einmal nur über HDMI. Glücklicherweise hat Sennheiser das Problem erkannt und mit der aktuellen Firmware in der Version 0.0.62 arbeiten sowohl Ambeo Plus und Sub zuverlässig.

Im Einsatz eine Freude

Und wie das Duo zu Werke geht, ist einfach eine Freude: Geschosse zischen am Ohr vorbei, Tierlaute kommen nicht von vorne aus dem Dschungel, sondern von dem Baum rechts hinten. Der Regen im Antikriegsfilm "Im Westen nichts Neues" hört sich an, als käme er von allen Seiten und die Schlachtszenen wirken allein durch die Akustik noch einmal deutlich bedrückender als sie durch ihre Optik ohnehin schon sind. Aber auch nicht in Dolby-Atmos gestreamte Inhalte – derer es leider immer noch zu viele gibt – klingen dank dem Ambeo-Modus deutlich aufgewertet.

Das Ambeo-Logo leuchtet, wenn der gleichnamige Modus eingeschaltet ist, lässt sich aber auf Wunsch abstellen.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

In ruhigeren Szenen waren im Filmmodus vereinzelt Dialoge schwer verständlich, aber dieses Problem lässt sich dank der App beheben. Der Adaptive-Mode hat sich hier als die klar bessere Wahl herausgestellt, denn bei der extra zuschaltbaren Sprachverbesserung wirkten manche Stimmen etwas übersteuert. Das ist aber schon die einzige Kritik, die wir nach langem Suchen an der Audiowiedergabe üben können. Auf Wunsch lässt sich auch der Nachtmodus aktivieren, falls die Nachbarn nicht an einem spätabendlichen Actionfilmfest teilhaben wollen.

Zurückhaltender Kraftprotz

Zeit, den Sub ins Licht zu rücken, der ist nämlich mehr als nur ein Sidekick. Während die Ambeo Soundbar Plus über einen integrierten Subwoofer verfügt, der auch durchaus wohlklingende Tieftöne zu erschaffen vermag, brettelt der dazugehörige Sub die Bässe im Bereich von 27 bis 80 Hertz noch einmal deutlich kraftvoller in den Gehörgang. Besonders angenehm ist im Test aufgefallen, dass sich die Kiste trotz ihrer nicht gerade schlanken Dimensionen von 35,7 Zentimeter Höhe und 27,4 Zentimetern Breite und Tiefe angenehm zurückhält. Der Tieftöner hält die Klappe, wenn er nicht gefragt wird – eine Bescheidenheit, die man bei der Konkurrenz manchmal vermisst.

Einziger Haken: Der neue Sub lässt sich nicht drahtlos mit der älteren Ambeo Soundbar Max verbinden. Dafür lassen sich vier Tieftöner mit der neuen Ambeo Soundbar Plus koppeln – warum auch immer man dieses Bedürfnis verspüren sollte. Im Test verrichtete ein Sub in einem mittelgroßen Wohnzimmer seine Arbeit auch allein ohne einen Zwilling oder Drilling.

Nein, das Gerät ist weder offline, noch wird neu gebootet. Es ist einfach die App, die ihren Dienst quittiert.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

Ruckelige App

Während die Hardware also ein durchaus rundes Gesamtpaket abgibt, lässt sich das Gleiche im Langzeittest leider von der Software nicht behaupten. Dabei bietet die Smartphone App eine Feature-Liste, die kompletter nicht sein könnte. Man kann sogar die Farbe der Lichtleiste je nach benutzter Eingangsart ändern, die Helligkeit der LEDs einstellen und auf Wunsch sogar die Eingänge umbenennen.

Aber: Die App wirkt stellenweise ruckelig, reagiert oft sehr langsam und crasht in manchen Fällen sogar unvermittelt. Das mag verschmerzbar sein, schließlich ist man auch nicht ständig auf die Steuerung am Smartphone angewiesen. Was aber mehr stört, sind die doch relativ häufigen Verbindungsabbrüche der Android-App zur Soundbar, die oft eine neuerliche Suche nach dem Gerät nötig machten. Zum Glück blieben im Test alle Einstellungen sowie die Raumkalibrierung erhalten.

Fazit: Hardware und Töne toll, Software und Preis weniger

Klanglich kann man über die Ambeo Soundbar samt dazugehörigem Sub nicht meckern, und Hersteller Sennheiser hält sein Versprechen, ein neuartiges Klangerlebnis zu erschaffen. Technisch ist es auch tatsächlich keine kleine Leistung ein 7.1.4-Heimkinosystem in eine Soundbar zu quetschen. Dazu kommen mehr Anschlüsse, als man jemals brauchen wird und eine über jeden Zweifel erhabene Konnektivität – vor allem der integrierte Chromecast hat es uns im Test angetan. Ist die Ambeo Soundbar Plus also die ultimative Heimkinolösung um alle anderen scheppernden Lautsprecher und vibrierenden Subs zu ihrem verdienten Ende auf den Recyclinghof zu schicken? Nein, und das liegt nicht einmal primär am stolzen Preis von 1.499 Euro für die Soundbar und 699 Euro für den Subwoofer, sondern an der Software.

Der Ambeo Sub. Die Gadse dient zum Größenvergleich und kam beim Test nicht zu Schaden.
Foto: DER STANDARD, Zellinger

Dass einmal ein Firmware-Update in die Hose geht und mehr Bugs ins System bringt, als es behebt? Geschenkt. Wer schon einmal ein Videospiel am Releasetag gezockt hat, musste wahrscheinlich schlimmere Erfahrungen machen. Aber zumindest unser Testgerät wurde schon mit einer fehlerhaften Firmware ausgeliefert und der Bug war so gravierend, dass die eigentlichen Systemseller, wie Dolby Atmos nicht nutzbar waren. Ja, da wurde schnell reagiert, denn auch eine dreiwöchige Wartezeit auf eine neue Firmware ist für Hardware gar nicht so lang – schließlich kann man nicht in Panik ungetestete Software an tausende Geräte ausspielen. Die Frage, wie das bei einem Soundsystem um über 2.000 Euro passieren konnte, muss sich Sennheiser aber gefallen lassen. Fairerweise muss man auch dazu sagen, dass es seit dem jüngsten Patch mit der Firmware keine Probleme mehr gibt und die Soundbar zuverlässig ihre Arbeit verrichtet.

Wenn Sennheiser jetzt noch bei der wenig performanten Smartphone-App nachbessert, dann passt das Nutzererlebnis auch abseits von den klanglichen Vorzügen. Denn diese sind nicht zu leugnen und trösten über manche Fehlfunktion der App eindrucksvoll hinweg.

Kleiner Tipp: Unbedingt vorher ausmessen, ob die Soundbar auch wirklich vor den Fernseher passt – notfalls lässt sich die Soundbar nämlich auch mit separat erhältlicher Wandhalterung montieren. Ganz schlank ist die Ambeo Plus mit 105 x 8 x 12 Zentimetern nämlich nicht. Kostenpunkt: 49,99 Euro extra. (Peter Zellinger, 3.12.2022)