Dominantes Thema auf dem internationalen Parkett der Diplomatie ist und bleibt Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, besonders in dieser Woche. Nachdem am Dienstag und Mittwoch die Nato-Außenministerinnen und -Außenminister in Bukarest zusammengekommen sind und ab Mittwoch die Berliner Sicherheitskonferenz angestanden ist, startet nun am Donnerstag der zweitägige Ministerrat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im polnischen Lódz.

Genau wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine wird Russlands Außenminister dort allerdings nicht vertreten sein. Sergej Lawrow wird die Einreise verweigert, Polen argumentiert mit der EU-Sanktionsliste, auf der er steht. Moskau reagierte empört: Der Schritt sei "beispiellos und provokativ", hieß es vom russischen Außenministerium vor knapp zwei Wochen. Polen habe damit der Glaubwürdigkeit der OSZE "irreparablen Schaden zugefügt". Der polnische Vorsitz und seine "westlichen Gesinnungsgenossen stoßen die OSZE in einen Abgrund".

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat ihren Sitz in Wien, diese Wochen treffen sich die Außenministerinnen und Außenminister der Mitgliedsstaaten im polnischen Lódz. Russlands Außenminister ist nicht vertreten.
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Russland wird in Lódz nun von OSZE-Botschafter Alexander Lukaschewitsch vertreten. Immer wieder haben Mitgliedsstaaten aus Nordamerika, Europa und Zentralasien zu dem Jahrestreffen nur Botschafter entsandt, Russland war allerdings seit 1995 immer auf Ministerebene vertreten.

Verhärtete Fronten

Beschlüsse in der OSZE können nur einstimmig gefällt werden. In den vergangenen Monaten hat Russland immer wieder Kompromisse zu Haushalt oder Personalfragen blockiert. Seit Herbst 2021 hat Moskau auch die Beendigung von drei OSZE-Missionen in der Ukraine erzwungen. Das Budget für das Jahr 2022 ist immer noch nicht abgesegnet, die OSZE kann deshalb eingeschränkt und nur auf Basis von vorläufigen monatlichen Beiträgen ihrer Tätigkeit nachgehen. Neue Projekte oder Programme kann sie in dieser Zeit nicht implementieren.

Uneinigkeit besteht auch beim OSZE-Vorsitz für das Jahr 2024. Beworben hat sich Estland, das sich wie auch Lettland, Litauen und Polen (und natürlich die Ukraine) besonders deutlich gegen den russischen Angriffskrieg gestellt hatte – deshalb wird Moskau der Kandidatur wohl nicht zustimmen. Normalerweise wird das Vorsitzland zwei Jahre im Voraus fixiert, mindestens ein Jahr wird zur Vorbereitung veranschlagt. Wenn es dazu bis Ende 2022 keine Einigung gibt, steht die OSZE ohne vollständige "Troika" da, die sich aus Vertretern des vorigen, derzeitigen und kommenden Vorsitzlandes zusammensetzt.

"Keine Schönwetterorganisation"

Wegen der zunehmend verhärteten Fronten stand auch immer wieder ein möglicher Ausschluss Russlands aus der OSZE im Raum. Davon hält Generalsekretärin Helga Maria Schmid allerdings nichts. "Die Gründer der OSZE haben aus gutem Grund keinen Austrittsmechanismus vorgesehen. Die OSZE ist qua Definition eine inklusive Organisation", sagte Schmid in einem Interview Anfang der Woche.

OSZE-Generalsekretärin Helga Maria Schmid ist gegen einen Ausschluss Russlands aus der Organisation.
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Im Kalten Krieg entstanden, sei die OSZE "keine Schönwetterorganisation", fügte die deutsche Diplomatin hinzu. "Wir haben derzeit sehr schwierige Diskussionen, die Gräben sind tief. Aber in der Zukunft werden die einzigartigen Instrumente der OSZE, der umfassende Sicherheitsansatz und die Tatsache, dass Russland und Amerika, Europa und Zentralasien an einem Tisch sitzen, wegweisend sein." Gerade wegen ihrer inklusiven Mitgliedschaft mit ihren 57 Teilnehmerstaaten aus Zentralasien, Nordamerika und Europa werde die OSZE künftig eine noch größere Rolle spielen, zeigte sich Schmid überzeugt.

Schallenberg vor Ort

Österreich wird beim Treffen in Lódz am Mittwoch und Donnerstag von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) vertreten. Er trifft mit den Außenministern von Großbritannien, Kasachstan und der Ukraine – James Cleverly, Muchtar Tleuberdi und Dmytro Kuleba – zu bilateralen Gesprächen zusammen. (maa, 1.12.2022)