Wir schreiben das Jahr 1972. Computer sind immer noch oft schrankgroße Geräte, die vorwiegend in großen Firmen und der Forschung genutzt werden. Der Einsatz von EDV als allgemeines Businesswerkzeug steckt in den frühen Kinderschuhen. Gespielt wird fast nur analog, aber Arcade-Automaten geben bereits einen Einblick in die digitale Verlockung.

Eine solche liefert auch die junge Firma Atari mit "Pong", das am 29. November an den Start ging. Ein Spielfeld, zwei Striche, ein viereckiger Ball – mit diesen simplen Mitteln konnten Spieler um Ruhm, Ehre und Punkte wetteifern. Es sollte ein riesiger Erfolg werden. 8.000-mal verkaufte man den Spielautomaten, die später veröffentlichte Version als Konsole für den eigenen Fernseher ging beim Händler Sears über 150.000-mal über die Theke.

Urvater "Tennis for Two"

Ganz originell war die Idee allerdings nicht. Schon 14 Jahre vorher war der Grundstein für das Spiel vom Physiker William Higinbotham am Brookhaven National Laboratory in New York gelegt worden. Er leitete dort von 1951 bis 1968 die Abteilung, die sich um die Instrumente der Forschungseinrichtung kümmerte, und wollte für den jährlichen Tag der offenen Tür weg vom langweiligen Ausstellungsformat.

Dan C

Den Gästen sollte ein interaktives Erlebnis ermöglicht werden, um ihnen das Potenzial der Geräte und die Relevanz der Forschung für die Gesellschaft näherzubringen, schreibt das Journal "Advanced Physics" in einem Rückblick. Gemeinsam mit seinen Kollegen setzte er schließlich auf einem Oszilloskop – einem analogen Computer – in nur etwas mehr als zwei Wochen das grundlegende Spielprinzip um, das später von "Pong" in adaptierter Form übernommen wurde.

In "Tennis for Two" galt es mithilfe eines einfachen Controllers den Ball zurück zum Gegner zu schießen. Im Gegensatz zur Arcade-Umsetzung musste man dabei aber auf den Winkel und das Timing bei der Betätigung des Rückschlagknopfs achten, denn sonst konnte der Ball auch im Netz hängen bleiben. 1952 feierte das Game seine Premiere und sorgte noch Jahre später an den Besuchertagen für lange Schlangen am Oszilloskop.

Aleks Pofigus

Der Erfolg von "Pong" legte hingegen die Leiter für den Aufstieg von Atari und half dabei, dem Unternehmen jene Ressourcen zu bescheren, mit denen man schließlich den Atari 2600 entwickelte und zur Größe im erblühenden Markt für Heimcomputer wurde.

Von "Breakout" ...

Doch wie ging es mit "Pong" als Spiel weiter? Das entwickelte sich im Prinzip in zwei Schienen weiter. Die erste Evolution lieferte Atari selbst anno 1976 mit "Breakout". Hier nutzt man das Paddel, um Level aus Blöcken restlos aufzulösen, während die Geschwindigkeit des Balls immer größer wurde. Auch dieses Game schlug ein.

Zehn Jahre später legte das japanische Studio Taito mit "Arkanoid" nach. Das Spielprinzip wurde um Power-ups und Mali erweitert, der Schläger konnte dabei sogar seine Größe ändern. Auch mehrere Bälle auf einmal konnten unterwegs sein, dazu gab es Gegner und Waffen. Das Spiel fand nicht nur viele Fans, sondern sorgte auch für den Release unzähliger Klone durch andere Entwicklerstudios.

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Das Spielprinzip wird auch heute noch gehegt und gepflegt. Die Titel sind allerdings keine AAA-Releases mehr, sondern Indieprojekte. Eine der neuesten Varianten erschien im vergangenen Februar unter dem Titel "Breakout: Recharged" und bringt unter anderem einen Koop-Modus mit.

... bis VR-Tischtennis

Die andere Schiene verwirklichte das, was "Pong" im Kern eigentlich sein sollte. Eine (Tisch-)Tennis-Simulation. Eine solche lieferte etwa Mattel 1980 für die Intellivision-Konsole ab. Hier ist die Abstammung von "Pong" und "Tennis for Two" auch noch ganz gut zu erkennen. Spätere Games, die sich der Filzkugel widmeten, drehten die Ansicht um 90 Grad und ermöglichten mehr Ballkontrolle.

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Das Genre teilte sich zudem auf in mehr oder weniger lebensnahe Nachahmungen des Sports, beispielsweise Segas "Virtual Tennis" und Arcade-Umsetzungen wie Nintendos "Mario Tennis". Mittlerweile ist auch der Sprung in die virtuelle Realität vollzogen. Großen Anklang findet hier etwa das Tischtennis-Game "Eleven Table Tennis". (gpi, 30.11.22)