Mediale Berichterstattung kann Börsenkurse beeinflussen. Deshalb gilt es, Interessenkonflikte zu vermeiden.

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Im Transparenzblog "So sind wir" berichtet die STANDARD-Redaktion über die eigene Arbeitsweise. Nach welchen medienethischen Grundregeln handeln wir? Aus welchen Fehlern lernen wir? Wir machen unsere Selbstreflexion öffentlich.

Man stelle sich vor, man berichtet als Journalistin oder Journalist über einen hochrangigen Manager in Österreich. Man bringt in Erfahrung, dass dieser Wirtschaftstreibende beispielsweise kriminell agiert, dass er fragwürdige persönliche Geschäfte zulasten seines Unternehmens betreibt oder etwa mit Politikern auf merkwürdige Weise verbandelt ist. Man berichtet über diese Missstände.

In der Folge kann es leicht passieren, dass sich die Berichterstattung auf den Aktienkurs des betreffenden Unternehmens auswirkt. Konkret: dass er nach unten geht, weil Vorwürfe bekannt werden, die Anlegerinnen und Anleger verunsichern. Dies ist bei weitem kein theoretisches Szenario, sondern kommt in der (wirtschafts-)journalistischen Praxis immer wieder vor.

Schlimmstenfalls ist es sogar denkbar, dass sich Journalistinnen und Journalisten persönlich bereichern, indem sie mittels journalistischer Verwertung von Insider-Informationen Aktienkurse gezielt zu beeinflussen versuchen.

Vorsicht bei Wertpapieren

Eben deshalb ist es Redaktionen wie jener des STANDARD wichtig, auf etwas zu achten, das für manche wie eine Nebensache erscheinen mag, aber in Wahrheit unabdingbar ist, um allerlei Interessenkonflikte zu vermeiden: Wie sieht es um den Wertpapierbesitz der Redakteurinnen und Redakteure aus?

Beim STANDARD wird diese Frage strikt gehandhabt: Der Besitz jeglicher Wertpapiere, deren dahinterstehende Unternehmen "ihren Sitz oder einen Schwerpunkt ihres Geschäftes in Österreich haben und deren gehandelte Kurse durch österreichische Medienberichterstattung beeinflusst werden könnten" (wie es in den redaktionellen Leitlinien des STANDARD heißt), muss der Chefredaktion und den Ressortleitungen gemeldet werden. Diese Mitteilung erfolgt vertraulich und ohne Angaben zur Stückzahl der Aktien. Auch müssen potenzielle Interessenkonflikte angesprochen werden. Überdies ist es Redakteurinnen und Redakteuren verboten, weitere Papiere dieser Art zu erwerben.

Für das Wirtschaftsressort strenger

Naturgemäß noch etwas strenger fallen die Regeln für Mitglieder des Wirtschaftsressorts aus – haben sie doch besonders viel mit börsennotierten Unternehmen zu tun. Ihnen ist, genauso wie den Mitgliedern der Chefredaktion, Besitz und Handel mit derartigen Papieren überhaupt untersagt.

Heißt das nun, dass STANDARD-Redakteurinnen und -Redakteure gar nicht mit Wertpapieren handeln dürfen? Keineswegs – es bleiben genug andere Möglichkeiten. Aktien von Unternehmen, deren geschäftliches Schicksal durch Medienberichterstattung in Österreich nicht beeinflusst werden kann, darf man durchaus besitzen. Dasselbe gilt für Pensionsversicherungen und Fonds aller Art, also Finanzprodukte, in denen Aktien, Anleihen oder etwa Immobilien gebündelt sind. Ein bisschen Investieren darf also durchaus sein, aber transparent. (Joseph Gepp, 5.12.2022)