Die Energiekrise hat vor Augen geführt, wie wichtig der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien ist.

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Auch wenn es für den heurigen Winter mit der Energieversorgung in Österreich ganz gut aussieht – für die kommenden Jahre ist dies keineswegs gesichert. Schließlich ist ungewiss, ob auch 2023 noch russisches Gas nach Westeuropa strömen wird – ebenso ob auch der nächste Herbst so mild ausfallen wird wie der heurige bisher. Gesichert ist hingegen, dass eine Aufweichung der Null-Covid-Politik auch den Energiehunger Chinas neu entflammen wird. Wie soll sich das künftig alles ausgehen?

"Die Situation ist angespannt", sagt E-Control-Vorstand Alfons Haber. Man habe aber alle Maßnahmen genutzt, um gut durch den Winter zu kommen. Nun geht es ihm zufolge darum, "so gut es geht" Speichermengen bei Gas aus dem Winter mitzunehmen. Energiesparen sei Gebot der Stunde, betont Haber in einer von der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft organisierten Podiumsdiskussion. Dies habe für alle drei Vorteile: Man spare Geld, sichere die Versorgung und tue dem Klima etwas Gutes.

Nur Übergangslösungen

Um die Versorgung sicherzustellen, müsse man zunächst auf wenig ökologische Energieformen, etwa aus Kohle oder Atomkraft, zurückgreifen, sagt Haber. Es sei aber ein wesentlicher Schritt, die Investitionen in erneuerbare Energien auszubauen, dazu brauche es neben der Erzeuger- auch eine entsprechende Netzinfrastruktur. "Wir haben noch viel zu tun in den nächsten Monaten, um die Abkehr von fossilen Energieträgern in Österreich zu realisieren", meint Haber.

"Wir müssen auf das Tempo drücken, um das alles noch umzusetzen", pflichtet ihm Theresa Eder von der Heinrich-Böll-Stiftung bei. Sie nennt als Beispiel, dass es keinen Sinn mache, den Kauf von E-Autos zu fördern, wenn diese nicht in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung stehen. "Es müssen Angebot und Nachfrage gleichermaßen gefördert werden, um das alles zu bewältigen." Kohle und Nuklearsektor müssten Übergangslösungen bleiben. Generell werden die nächsten zwei, drei Jahre aus Eders Sicht für Europa kritisch werden. "Je mehr wir in Erneuerbare investieren, desto leichter wird es in den nächsten Jahren", betont Eder.

Anwältin Annika Wolf, Partnerin bei PPH Rechtsanwälte, berichtet, dass die Genehmigungen für Anlagen wie Windparks wegen der Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) lange dauern. Diese Verfahren seien sehr komplex und groß, gibt sie zu bedenken. Dazu kommt Personalmangel: "Nicht nur die Behörden haben zu wenig Personal, auch an Sachverständigen mangelt es", erklärt Wolf. Es sei aber eine Novelle des UVP-Gesetzes vorgesehen, um die Verfahren zu straffen und zu vereinfachen.

Genug Rohöl am Markt

Am Ölmarkt wird die Opec, die sich mit anderen Förderstaaten wie Russland zur Opec+ zusammengeschlossen hat, ein entscheidender Faktor bleiben, sagt Bernhard Haas, Fondsmanager bei der Erste Asset Management. Grundsätzlich sollte ihm zufolge aber nächstes Jahr, vor allem dank höherer US-Produktion, mehr Rohöl am Markt verfügbar sein. Dann sollte die Versorgung auf einem Niveau sein, um den Ölpreis weitgehend stabil zu halten. Daran sollte auch ein möglicher Preisdeckel für russisches Öl nichts ändern, die G7 seien bedacht, dadurch das Angebot nicht zu verknappen.

Warum es in Europa noch immer das Merit-Order-System gibt, dem zufolge die teuerste Form der Stromgewinnung, derzeit aus Gas, den Marktpreis bestimmt? E-Control-Vorstand Haber verweist auf lange Diskussionen über das Thema und meint: "Merit Order ist ein erprobtes Instrument, um auf Basis der Grenzkosten einen Einheitspreis zu finden." Bisher hätte man jahrelang profitiert, der Strompreis sei von 2008 bis 2020 um mehr als die Hälfte gefallen. "Diese Strukturen zu ändern ist nicht so einfach, ohne Marktverwerfungen zu riskieren", sagt Haber. (aha, 1.12.2022)