Im Zentrum der U-Kommission stehen die Vorgänge um den Finanzierungsbedarf der Wien Energie im Sommer.

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Ab sofort gibt es im Wiener Rathaus einen neuen Fixpunkt. Beginnend am Freitag um 10 Uhr findet sich alle zwei Wochen im Top 24 im Arkadenhof die gemeinderätliche Untersuchungskommission zur Causa Wien Energie ein. Sie wird auf Initiative von ÖVP und FPÖ die Vorgänge um den im Sommer bekanntgewordenen, dramatischen Finanzbedarf der Wien Energie untersuchen.

Dazu kann sie Auskunftspersonen laden und Unterlagen anfordern. Genau diese Beweisanträge sind auch das Hauptthema der konstituierenden Sitzung. Das heißt im Umkehrschluss: Zeugen werden noch nicht befragt, die 16 Mitglieder der Kommission bleiben – abgesehen vom Publikum – unter sich. Für den ersten Termin geplant sind Statements der Fraktionsführer. Die einzelnen Parteien sind nach ihrem Stärkeverhältnis im Gemeinderat vertreten. Vorsitzender, und damit so etwas wie die Sitzungspolizei, ist Richter Martin Pühringer. Er wird eingangs ein juristisches Referat über die Spielregeln in der Kommission halten.

Thematisch stehen zwei Komplexe im Fokus. Der erste betrifft die Frage, inwieweit Bürgermeister Michael Ludwig und Finanzstadtrat Peter Hanke ihre Eigentümerrechte gegenüber der Wien Energie, die über die Wiener Stadtwerke zu 100 Prozent der Stadt gehört, wahrgenommen haben. Konkret geht es etwa darum, ob die beiden SPÖ-Politiker auf die Preissteigerungen auf den Strommärkten im Sommer rechtzeitig und angemessen reagierten. Der zweite Komplex dreht sich um Ludwigs Notkompetenz als Stadtchef, mit der er der Wien Energie Darlehen von in Summe 1,4 Milliarden Euro gewährte. Geklärt werden soll, ob diese Vorgehensweise rechtskonform war und ob Ludwig Gremien wie den Stadtsenat früher hätte informieren müssen.

Die Knackpunkte

Was die Kommission letztlich leisten kann und wie heikel sie für die SPÖ wird, hängt stark von den Auskünften und Unterlagen ab, die das Gremium erhält. Und da hat sich bereits im Vorfeld ein veritables Gezerre entwickelt. Die ÖVP begehrt Einsicht in Ludwigs und Hankes Diensthandys, die FPÖ in das Mobiltelefon von Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos). Fraktionsführer Thomas Reindl bezeichnete das türkise Begehr vor Journalisten zuletzt auch als "bedenklich" und "ziemlich starken Eingriff in das Persönlichkeitsrecht". Ob den Anträgen stattgegeben wird, darüber stimmen die Kommissionsmitglieder am Freitag ab. Minderheitsanträge sind möglich, im Streitfall entscheidet der Vorsitz binnen einer gewissen Frist.

Wie brauchbar gelieferte Unterlagen sind, hängt auch vom Grad der Schwärzungen ab. In vergangenen U-Kommissionen, etwa zum Krankenhaus Nord, war das ein großer Streitpunkt zwischen Opposition und Stadtregierung. Reindl wies bereits darauf hin, dass Schwärzungen wohl bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nötig sein werden. Dass die U-Kommission laut Stadtverfassung lediglich die politischen Vorgänge um die Wien Energie, nicht aber das operative Geschäft durchleuchten darf, ist eine weitere Einschränkung – neutral formuliert. Die Opposition sieht darin einen Hebel, wie sich die Stadtregierung verstecken könnte.

Die Fronten

Die Hauptfront verläuft naturgemäß zwischen den Regierungsfraktionen SPÖ und Neos auf der einen und den Oppositionsparteien ÖVP, FPÖ und Grünen auf der anderen. Unter Letzteren hat sich im Vorfeld die ÖVP am angriffigsten gezeigt, allen voran gegen die SPÖ.

Mit Spitzen gegen die Neos haben die Türkisen ebenso wenig gespart – wie auch FPÖ und Grüne. Zu erwarten ist, dass sie den kleinen Koalitionspartner weiter reizen. Und zwar insbesondere, weil die Neos in Abstimmungen das Zünglein an der Wage werden können. Allerdings: Ein von der SPÖ abweichendes Stimmverhalten würde die Regierungszusammenarbeit massiv belasten, wenn nicht beenden.

Die komfortabelste Rolle haben wohl die Grünen. Sie haben die Einsetzung der U-Kommission zwar ideell unterstützt, den Antrag aber nicht mitunterzeichnet. So lastet weniger Druck auf ihnen als auf ÖVP und FPÖ.

Die Zeugen

Die Wunschlisten für Zeugen aus der Opposition ist lang. Zu den prominentesten Vertreterinnen und Vertretern gehören Bürgermeister Michael Ludwig, Finanzstadtrat Peter Hanke und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr. "Ich komme gerne, wenn ich eingeladen werde. Ich werde all das, was ich weiß, als Auskunft darlegen, und freue mich auf jedes Gespräch mit der Opposition", sagte Ludwig im Gespräch mit dem STANDARD dazu.

Weiters scheinen früher für die Stadtwerke – und damit für die Wien Energie – verantwortliche, aktive und ehemalige Mitglieder der Stadtregierung auf: etwa Renate Brauner und Ulli Sima. Die SPÖ spielt darüber hinaus mit dem Gedanken, Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zu laden.

Politikerinnen und Politiker werden jedoch erst nach Weihnachten als Zeugen erscheinen. Nach der Konstituierung findet heuer nur noch eine Sitzung statt. Am 16. Dezember sollen allerdings Fachleuchte Auskunft über den österreichischen Energiemarkt geben. Im Rennen sind unter anderem Ex-Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber, der Analyst Johannes Benigni und Wolfgang Urbantschitsch von der E-Control. (Stefanie Rachbauer, 2.12.2022)