Ein enttäuschter Raum.

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Ein glücklicher Doan.

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Hansi Flick hatte Erklärungsbedarf.

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Deutschland hat seine Pflicht getan, Deutschland kann gehen. Das DFB-Team schlug Costa Rica am Donnerstagabend in einer unterhaltsamen Partie 4:2, wurde aber zum Opfer des japanischen 2:1-Sieges gegen Spanien und beendet die Gruppenphase der WM in Katar als Dritter.

Das Match war schon vor Anpfiff historisch, Stephanie Frappart leitete das erste Schiedsrichterinnenteam bei einer Männer-WM. Die sportliche Ausgangslage war komplex: Bei einem Spanien-Sieg gegen Japan würden Deutschland drei Punkte für das Achtelfinale reichen, bei einem Remis im Parallelspiel bräuchte es je nach Zahl der geschossenen Tore womöglich einen Sieg mit zwei Toren Vorsprung. Gewann Japan, wäre nur ein 8:0 eine Versicherung.

Bei 73 Prozent Luftfeuchtigkeit wärmten Jamal Musiala und Serge Gnabry Goalie Keylor Navas mit zwei Schüssen auf. Musiala tanzte durch den Strafraum, doch Leon Goretzka übernahm den Ball und vergeigte den Schuss (8.). Ein im Abseits verendeter Konter der Mittelamerikaner unterbrach den Einbahnstraßenkick nur kurz.

Gnabrys Kopf

Minute 9: Müller köpfelt freistehend vorbei. Serge Gnabry machte es besser: Flanke David Raum, Kopfball am Fünfereck, Tor (10.). Was Costa Ricas Verteidiger in dieser Szene machten, wird Sporthistorikern auch in fünfzig Jahren noch Rätsel aufgeben. Man blieb sich treu, auch Goretzka durfte unbedrängt köpfeln (14.). Ein Punkt für Navas.

Deutschlands Offensivspiel war variantenreich. Flach, hoch, kurz, lang, durch die Mitte und über die Seiten, mit Ferse, ohne Ferse, vor allem aber: unvollendet. Costa Rica verteidigte eisern im 5-4-1 und spielte seine seltenen Kontergelegenheiten berauschend schlecht aus. Navas ließ einen Kimmich-Schuss aus, bekam die Kugel aber zu fassen.

In Minute 43 wurde Costa Rica zu einer Chance gezwungen: Raum und Antonio Rüdiger legten auf, nur Manuel Neuer verdarb das Spiel mit einem grandiosen Reflex. In der nächsten Szene haute Niklas Süle über den Ball. Eine souveräne Abwehr sieht anders aus. Deutschlands Unsicherheiten impften den Ticos Selbstvertrauen ein, zu Beginn der zweiten Halbzeit gab es fast eine Druckphase. Minute 58: Konter Rot-Blau, Neuer lässt Kendall Wastons Kopfball aus, Yeltsin Tejeda grätscht die Frucht zum 1:1 ins Netz. Minute 61: Musiala dribbelt unwiderstehlich, schießt an die Innenstange.

Das Ende

Ungeheuerliches begann sich zuzutragen. Lichtblick Musiala traf vom Sechzehner wieder nur die Stange (67.). Es wurde noch ungeheuerlicher: Nach einem hohen Ball setzte Juan Pablo Vargas akrobatisch nach, von Neuers Körper prallte der Ball zurück auf den Verteidiger und ins Tor. Das 2:1 hatte nur kurze Dauer. Der eingewechselte Niclas Füllkrug steckte auf Kai Havertz durch, der glich aus.

Füllkrug legte beinahe nach, Navas hexte den Ball von der Linie (76.). Musiala dribbelte vier Mann aus, schoss drüber (83.). Gnabry flankte von rechts, Havertz verwertete einen Sekundenschlaf seines Bewachers zum 3:2 (84.). Füllkrug bejubelte das nächste Tor – Abseits. Der VAR intervenierte: 4:2 für Deutschland (89.), es war egal. Wegen Japans Sieg im Parallelspiel fehlten fünf Tore.

Deutschlands WM endete also im Al-Bayt-Stadion. "Was Spanien gemacht hat, damit haben wir nicht gerechnet", sagte Torschütze Havertz. "Wir müssen uns an der eigenen Nase nehmen. Wir fliegen verdient nach Hause."

Japanischer Jubel

Die Sensation, die schlussendlich das deutsche Schicksal besiegelte, gelang im Parallelspiel den Japanern. Mit dem 2:1-Sieg über Spanien schnappten sich die Asiaten auch noch den Gruppensieg. Im Achtelfinale wartet auf sie nun Vize-Weltmeister Kroatien. Für die Spanier ist der Ausgang durchaus angenehm, sie bekommen es im Achtelfinale mit dem Überraschungsteam Marokko zu tun und würden im Viertelfinale aller Wahrscheinlichkeit nach ein Aufeinandertreffen mit Brasilien vermeiden.

Japan schaffte es zum ersten Mal bei zwei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften ins Achtelfinale. Die Asiaten präsentierten sich vor 44.851 Zuschauern im Khalifa International Stadium in Al Rayyan nach der Pause wie ausgewechselt. Tore von Ritsu Doan (48.) und Ao Tanaka (51.) drehten die Partie, bei der Vorarbeit zu dem Siegestreffer war der Ball laut der VAR-Intervention nur um Millimeter nicht über die Torauslinie gerollt. Alvaro Morata hatte die Spanier mit seinem dritten WM-Tor in Führung gebracht (11.). (Martin Schauhuber aus Al-Khor, 1.12.2022)

Gruppe E (3. Spieltag):

Japan – Spanien 2:1 (0:1)
Al Rayyan, Khalifa International Stadium, 44.851 Zuschauer, SR Victor Gomes (RSA)

Tore:
0:1 (11.) Morata
1:1 (48.) Doan
2:1 (51.) Tanaka

Japan: Gonda – J. Ito, Itakura, Yoshida, Taniguchi, Nagatomo (46. Mitoma) – Kubo (46. Doan), Tanaka (87. Endo), Morita, Kamada (69. Tomiyasu) – Maeda (62. Asano)

Spanien: Simon – Azpilicueta (46. Carvajal), Rodri, P. Torres, Balde (68. Alba) – Gavi (68. Fati), Busquets, Pedri – Williams (57. F. Torres), Morata (57. Asensio), Olmo

Gelbe Karten: Itakura, Taniguchi, Yoshida bzw. keine


Costa Rica – Deutschland 2:4 (0:1)
Al Khor, Al Bayt Stadium, 67.054 Zuschauer, SR Frappart (FRA)

Tore:
0:1 (10.) Gnabry
1:1 (58.) Tejeda
2:1 (70.) Vargas
2:2 (73.) Havertz
2:3 (85.) Havertz
2:4 (89.) Füllkrug

Costa Rica: Navas – Fuller (74. Bennette), Waston, Duarte, Vargas, Oviedo (93. Contreras) – Campbell, Borges, Tejeda (93. Wilson), Aguilera (46. Salas) – Venegas (74. Matarrita)

Deutschland: Neuer – Kimmich, Süle (93. Ginter), Rüdiger, Raum (66. Götze) – Gündogan (55. Füllkrug), Goretzka (46. Klostermann) – Sane, Musiala, Gnabry – Müller (66. Havertz)

Gelbe Karten: Duarte