Noch-Staatsoberhaupt Cyril Ramaphosa.

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"Das hätte keinem netteren Kerl passieren können", sagen viele Südafrikaner heute: Cyril Ramaphosa ist – oder war – tatsächlich der beste Präsident des Landes nach Nelson Mandela. Nur ihm traute man zu, den von der Regierungspartei African National Congress (ANC) zum Entgleisen gebrachten Staat wieder auf Spur zu bringen. Doch wenn der 70-jährige Hoffnungsträger nun um sein Amt und das Kap der Guten Hoffnung um seine Zukunft bangen muss, ist das keinem anderen als ihm selbst zuzuschreiben.

Ramaphosa stolperte über den absurdesten Skandal, den ein zeitgenössischer Staatschef je vom Zaum gebrochen hat. In aller Kürze geht es um einen Einbruch in seine private Viehzuchtfarm, bei dem ihm eine hohe Summe Bargeld gestohlen wurde. Zwar meldete er den Einbruch, aber nicht das Verschwinden des Geldes.

Nicht der geborene Kämpfer

Noch hat Ramaphosa seinen Rücktritt nicht bekanntgegeben. Seine Fans in der Partei flehen ihn an, endlich einmal zu kämpfen. Das ist dem einstigen Gewerkschaftschef und späteren Bergwerksbesitzer immer schon schwergefallen. Hätte er nach seiner Machtübernahme im Jahr 2018 entschiedener eingegriffen, wäre ihm der von einem erbitterten Gegenspieler in seiner zerstrittenen Partei losgetretene Skandal nicht um die Ohren geflogen.

Auch das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ramaphosa mit seinem "Farm-Gate" auf die denkbar törichteste Weise umging: Selbst wenn er jetzt tatsächlich einmal kämpfen sollte, ist sein Ruf – wie der einer großen Mehrheit der ANC-Funktionäre – so gut wie zerstört. In einem "normalen" Staat würde man jetzt auf einen reinigenden Machtwechsel hoffen. Doch am Kap der Guten Hoffnung ist auch diese Aussicht trüb. (Johannes Dieterich, 2.12.2022)