Die Tiroler Ex-Grünen-Chefin Ingrid Felipe wechselt in den Vorstand der Deutschen Bahn.

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Der Wechsel von Ex-Grünen-Chefin Eva Glawischnig zum Glücksspielkonzern Novomatic sorgte bei den Grünen einst für Entsetzen. Viel wohlwollender dürfte in den grünen Reihen hingegen das neue berufliche Engagement von Glawischnigs glückloser Kurzzeit-Nachfolgerin Ingrid Felipe aufgenommen werden. Die 44-Jährige, bis vor kurzem Landeshauptmannstellvertreterin in Tirol, wird mit Jahresbeginn Vorständin der DB Netz, einer Tochter der Deutschen Bahn. Felipe, die auch als Landesrätin viele Jahre für den Verkehr zuständig war, wird dort für große Infrastrukturprojekte verantwortlich zeichnen. In ihren Aufgabenbereich fällt etwa der Ausbau der Zulaufstrecken zum Brennerbasistunnel auf deutscher Seite. Das ist insofern spannend, als sie hier als Landesrätin nicht müde wurde, auf die Säumigkeit Deutschlands hinzuweisen.

Nach einer zehnjährigen turbulenten politischen Karriere tritt Felipe, die stets der "Realo-Fraktion" der Grünen angehörte, nun beruflich eine neue Reise an – und setzt dabei ganz auf die klimafreundliche Bahn. Schon als Politikerin widmete sich die studierte Betriebswirtin mit Eifer und Sachkenntnis Verkehrs- und Umweltfragen und trieb etwa den Ausbau des Öffinetzes voran.

Kompromiss statt Konfrontation

Während ihr Dreimonatsauftritt als grüne Bundessprecherin 2017 in den Rauswurf aus dem Nationalrat mündete, ging es in der Landespolitik seit ihren Anfängen 2005 nur nach oben. 2013 wurde die alleinerziehende Mutter eines Sohnes nach ihrer erfolgreichen ersten Spitzenkandidatur erste grüne Landeshauptmannstellvertreterin und Landesrätin. Ihr gleichermaßen erfolgreiches wie umstrittenes Rezept: Statt auf Konfrontation zu gehen, suchte die Ex-Ministrantin und Handballerin, die in Rum bei Innsbruck wohnt, stets den Kompromiss. Ihr Pragmatismus war es auch, der von ideologisch gefärbten Teilen der Basis nicht immer goutiert wurde. Viel Kritik gab es 2020, als ein Tiroler ÖVP-Politiker eine Umweltaktivistin "widerwärtiges Luder" schimpfte und sie schweigend danebenstand.

Im Jänner 2021 legte Felipe im Zuge eines parteiinternen Streits sämtliche Funktionen in der Landespartei zurück. Im März 2022 kündigte sie ihren vollständigen Rückzug an. Für eine Spitzenkandidatur bei den Landtagswahlen im September hätte ihr wohl ohnehin der innerparteiliche Rückhalt gefehlt. Felipe galt stets als karrierebewusst und gute Netzwerkerin – was nicht die schlechtesten Voraussetzungen für eine Vorstandsposition sind. (Sandra Schieder, 2.12.2022)