Die Erdölallianz Opec+ zeigte sich nach ihrer Sitzung am Sonntag unbeeindruckt vom Ölpreisdeckel der 27 EU-Staaten, dem sich die G7-Staaten und Australien ab heute Montag anschließen wollen. Die Opec+, der auch Russland angehört, hält an ihrer im Oktober fixierten Förderstrategie vorerst fest.

Der Verbund aus 23 Staaten bestätigte in einer Online-Konferenz nach eigenen Angaben seinen Beschluss vom Oktober, die Förderung bis Ende 2023 um täglich zwei Millionen Barrel (je 159 Liter) zu drosseln. Die Unsicherheiten auf dem Markt seien aktuell erheblich, hieß es. So tritt heute, Montag, das EU-Embargo für russisches Öl, das via Seeweg angeliefert wird, in Kraft. Zu dessen Folgen dürfte ein Anstieg des Ölpreises gehören. Allerdings habe sich das Ölexportkartell Opec+ mit dem Preisdeckel für russisches Öl gar nicht befasst, berichtete Reuters unter Berufung auf Insider.

Russland will sich nicht beugen

Russland will sich nach Regierungsangaben den Bedingungen eines von den G7-Staaten und der EU verhängten Preisdeckels für Rohölexporte auf dem Seeweg nicht beugen. Eher komme eine Kürzung der Fördermenge infrage, sagt der für Energiefragen zuständige Vizeministerpräsident Alexander Nowak. Russland arbeite an Mechanismen, um die Wirksamkeit eines Preisdeckels abzuwenden.

Mithilfe von Venezuela und Iran hat der Kreml inzwischen eine Tankerflotte aufgebaut, um den Ölpreisdeckel, den EU, G7 und Australien verhängt haben, zu umschiffen.
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Ein Fachkomitee der Opec+ will die Förderstrategie alle zwei Monate überprüfen. Sollte es die Marktsituation erfordern, würden umgehend Beratungen auf Ministerebene stattfinden, hieß es weiter. Das nächste reguläre Ministertreffen ist erst für 4. Juni 2023 terminiert.

Der Einfluss des 2016 um zehn Nicht-Opec-Länder erweiterten Kartells ist weiterhin erheblich. Die Allianz hat einen weltweiten Marktanteil von etwa 40 Prozent.

Der Kreis jener Wirtschaftsmächte, die sich dem von der EU entworfenen Ölpreisdeckel anschließen, ist am Wochenende um die Gruppe der sieben einflussreichsten westlichen Länder, die G7, und Australien gewachsen. Auch sie schlossen sich der Preisobergrenze von 60 Dollar je Fass (159 Liter) für russisches Öl, das über den Seeweg transportiert wird, an. Der Ölpreisdeckel tritt heute, Montag, in Kraft. Zum Vergleich: 60 Dollar wären gut zehn Prozent weniger als der Marktpreis von 67 Dollar für russisches Ural-Öl am vergangenen Freitag.

Preisdeckel zu niedrig

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete den Preisdeckel erwartungsgemäß als viel zu hoch, um Russland in Bedrängnis zu bringen.

Dessen Präsident Wladimir Putin wiederum ließ seinen Sprecher erklären, dass Russland die Preisbegrenzung nicht akzeptieren werde.

Russland will sich dem Druck nicht beugen – und sucht nach Aus- und Umwegen.
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EU und G7 gaben sich kämpferisch: "Die Koalition der Länder, die einen Ölpreisdeckel einführen, kann auch weitere Maßnahmen in Betracht ziehen, um die Wirksamkeit der Preisobergrenze zu gewährleisten", hieß es. Ziel der Preisobergrenze ist, die Einnahmen Russlands aus dem Ölverkauf zu verringern und einen weltweiten Anstieg der Ölpreise zu verhindern.

Angst vor Sanktionen

Ob der Ölpreisdeckel funktionieren wird, hänge davon ab, wie viel Angst Importeure in Indien oder China vor westlichen Sekundärsanktionen haben, sagt Welthandelsexperte Gabriel Felbermayr vom Wirtschaftsforschungsinstitut. Der Ölpreisdeckel soll den bestehenden Abschlag von 25 Dollar pro Fass (im Vergleich zu Brent-Nordseeöl) erhöhen. "Das schadet Russland, nutzt aber Drittstaaten, die so günstiger zu russischem Öl kommen", sagte der Wifo-Chef am Sonntag. Allerdings gibt es Schlupflöcher, die Russland nutze. Der Abschlag reduzierte sich im Vergleich zu April bereits um etwa zehn Dollar pro Fass. Eine kritische Rolle spiele insbesondere die Türkei, wo günstiges Rohöl aus Russland weiterverarbeitet und in Form von Benzin und Diesel nach Europa exportiert wird. Am meisten treffen würde den Kreml wohl eine globale Rezession, die den Ölpreis massiv nach unten treibt, wie 2020 oder 2009, sagte der Wifo-Chef.

US-Finanzministerin Janet Yellen begrüßte die Preisobergrenze: "Da die russische Wirtschaft bereits schrumpft und der Haushalt immer knapper wird, wird die Preisobergrenze Putins wichtigste Einnahmequelle sofort beschneiden." (Luise Ungerboeck, 5.12.2022)