Mit dem Virus leben zu können, das sei eine "irrige Vorstellung" – das erklärte Ma Xiaowei noch vor wenigen Monaten in einem Journal der Kommunistischen Partei Chinas. Als Leiter der Nationalen Gesundheitskommission, also des Gesundheitsministeriums, hat er seit rund drei Jahren vor allem eine Agenda auf dem Tisch: die Null-Covid-Politik von Xi Jinping umzusetzen.

Ma Xiaowei ist Leiter von Chinas Nationaler Gesundheitskommission – und somit ein mächtiger Mann.
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Doch das ändert sich nun. Im Zuge einer Protestwelle wandten sich Demonstrierende im Land gegen die Maßnahmen – aber auch direkt gegen Xi: Der zog offensichtlich Konsequenzen, denn vielerorts wird nun gelockert. Es scheint, als würde langsam das Ende der rigiden Lockdown-Politik eingeläutet. Für Ma bedeutet das ein Umdenken: Der 62-Jährige muss die "irrige Vorstellung" nun doch umsetzen.

Geboren wurde Ma 1959 in der chinesischen Provinz Shanxi, etwas südwestlich von Peking gelegen. Mit 19 Jahren schrieb er sich ebendort an der Medizinischen Universität Chinas ein und ließ sich zum Arzt ausbilden. 1982 trat er der Kommunistischen Partei bei und sammelte rasch erste Erfahrungen im Gesundheitsministerium.

Nach Stationen als Spitalsmanager und Parteisekretär wurde er Direktor des Gesundheitsministeriums der Provinz Liaoning im äußersten Norden Chinas. Die klassische Politkarriere fand ihren ersten Höhepunkt Anfang der Nullerjahre, als er Vizechef im Gesundheitsministerium wurde, später Staatliche Kommission für Gesundheitswesen und Familienplanung genannt. Kernagenda dieser Institution war die Einkindpolitik. Mit deren Ende kam es aber zu gravierenden Umstrukturierungen. Ab 2018 übernahm Ma die Leitung der nun neuen Nationalen Gesundheitskommission.

Die Vision vom ausgerotteten Virus

Der Ausbruch der Covid-Pandemie in Wuhan änderte sein Dossier dramatisch. Bald hatte sich Präsident Xi für den Zugang entschieden, das Virus ganz auszurotten. Denn nur wenn es gar kein Virus gäbe, könnten alle Menschen gleichbehandelt werden, erklärte Ma Xis ideologischen Überbau in einem Essay. Und auf ihn fiel die Aufgabe, das umzusetzen.

Wochenlange Quarantänen und Massentests gehörten dazu. Im Mai lobte er die Erfolge in Schanghai, wo exzessiv lange und strikte Lockdowns der Bevölkerung und Wirtschaft zusetzten. Mit der aktuellen Kehrtwende steht Ma aber vor einer neuen Mammutaufgabe, auf die der rigide Null-Covid-Minister nicht unbedingt vorbereitet ist. Sein Fokus war die Lockdown-Durchsetzung, nicht aber Impfkampagnen. (Anna Sawerthal, 4.12.2022)