Cassini machte bei ihrem Vorbeiflug am Saturnmond Enceladus Aufnahmen von Fontänen aus Eis, die ins All ausgestoßen werden. Das Bild rechts ist eine Computersimulation, die das Phänomen nachbildet.
Foto: NASA/JPL-Caltech/Space Science Institute/Planetary Science Institute

Der Mensch stellt sich die Welt um ihn herum gern beseelt vor. Frühe Kulturen sahen in allen Naturerscheinungen Gottheiten, doch schon im antiken Griechenland wurde klar, dass sich Phänomene wie die Bewegung der Sonne über den Himmel ohne Zuhilfenahme von Gottheiten einfacher erklären ließen.

Doch der Wunsch des Menschen nach Gesellschaft in der Natur zeigt seine Auswirkungen auch außerhalb der Religion. Als bekannt wurde, dass es sich bei den Planeten um Körper handelt, die in vieler Hinsicht unserer Erde ähneln, war es nur naheliegend, anzunehmen, dass es auf ihnen Leben, ja sogar intelligentes Leben gibt. Es schien nicht sinnvoll, sich die Erde hier als etwas Besonderes vorzustellen, hatte man doch gerade erst die Idee von der Erde als ausgezeichnetem Punkt und Zentrum der Welt überwunden.

Bevor es Bilder von der Oberfläche der Venus gab, arbeitete sich unter anderem Science-Fiction-Großmeister Stanisław Lem in seinem Buch "Die Astronauten" an der Idee einer intelligenten Zivilisation auf der wolkenverhangenen Venus-Oberfläche ab. Noch 1967 publizierte mit Carl Sagan ein weiterer Meister der Science Fiction seine Idee von Leben auf der Venus, allerdings in Form einer Publikation im Fachjournal "Nature".

Der Mond Enceladus aus 291.000 Kilometer Entfernung. Im Hintergrund ist die Oberfläche von Saturn zu sehen, dessen Ringe ein Schattenmuster werfen.
Foto: NASA/JPL/Space Science Institute

Doch es zeigte sich nach und nach, dass die Erde hier tatsächlich eine Sonderstellung einnimmt. Nirgends fand man bis heute außerirdische Lebensformen. Das All scheint eine leere Wüste zu sein, wenn es um Leben geht. Zwar könnten auf Mars einst Bedingungen geherrscht haben, die Leben möglich machten, doch das Zeitfenster dafür war viel kürzer als auf der Erde, und nachdem eine Marsmission nach der anderen daran scheitert, Hinweise darauf zu finden, wird die Luft hier für Fans der Vorstellung eines belebten Mars zunehmend dünn. Von der Venus gibt es Widersprüchliches zu hören, umstrittene Hinweise auf sonderbare Moleküle in der Atmosphäre könnten Sagans eingangs erwähnte Theorie von einer belebten Venus-Atmosphäre stützen, machen die Existenz von Leben auf der glutheißen Oberfläche allerdings nicht plausibler.

Unterschätzte Eismonde

Diskussionen über habitable Zonen von Planeten, in denen flüssiges Wasser existieren kann, können aber leicht den Blick auf eine andere, faszinierende Möglichkeit für außerirdisches Leben verstellen. Die Wärmeenergie, die für die Existenz von flüssigem Wasser im All nötig ist, muss nicht von Sternenlicht stammen. Sie kann auch aus dem Kern von Planeten oder Monden geliefert werden.

Eine Visualisierung des Ozeans unter dem Eispanzer von Enceladus, der Leben ermöglichen könnte.
Bild: NASA/JPL-Caltech

Seit der Erkenntnis, dass unter den Eispanzern von Enceladus und Europa Ozeane existieren, kursiert auch die Idee, dass dort günstige Bedingungen für Leben herrschen könnten. Zwar dringt durch das dicke Eis kein Sonnenlicht, das es außeririschem Leben erlauben würde, Photosynthese zu betreiben, doch gibt es auch auf der Erde abgeschlossene Ökosysteme, für die sich Ähnliches sagen lässt. Rund um vulkanische "Black Smoker" gibt es Lebewesen, die sich nur von Schwefelwasserstoff aus dem Erdinneren ernähren.

2017 zeigten Daten der Cassini-Sonde und von Hubble, dass es auf dem Eismond Enceladus Wasserstoff gibt, der von hydrothermaler Aktivität im Ozean unter dem Eis stammt. Cassini registrierte das Gas 2015 bei einem Vorbeiflug zwischen Eis und anderen Gasen, die von Enceladus ausgestoßen wurden. Unter den 98 Prozent Eis befand sich, neben anderen Stoffen, auch ein Prozent Wasserstoff. Hubble gelang es 2014 und 2016, Bilder von den Jets zu machen, die sich bis zu 100 Kilometer über Enceladus erhoben. Inzwischen konnten Methan und andere Verbindungen nachgewiesen werden, die zur organischen Chemie gezählt werden, was allerdings nur eine Fachbezeichnung ist und bedauerlicherweise nicht bedeutet, dass sie tatsächlich organischen Ursprungs sind.

Eine Skizze der Prozesse, die im Ozean von Enceladus Wasserstoff erzeugen.
Bild: NASA/JPL-Caltech/Southwest Research Institute

Das Problem dabei: Cassini war nicht auf die Untersuchung der Jets vorbereitet, mit denen man bis zum Vorbeiflug gar nicht gerechnet hatte. Falls es im Material der Jets also konkretere Anzeichen für Leben gegeben haben sollte, flog es unbemerkt an Cassini vorbei. Doch schon die nachgewiesenen Mengen an Methan sind so groß, dass sie nicht mehr ohne weiteres auf geologische Prozesse zurückzuführen sind.

Auch über Europa wurden solche Jets beobachtet, doch hier ist nicht klar, ob sie tatsächlich aus dem Ozean stammen. Eine Studie aus dem Sommer 2022 zeigte mittels Simulationen, die auf Daten der Galilei-Mission basierten, dass auch Phänomene nahe der Oberfläche als Erklärung infrage kommen. Eine Nasa-Sonde namens Europa Clipper soll voraussichtlich im Oktober 2024 ins All abheben und dann ab 2030 dieser Frage nachgehen, besser vorbereitet als die bereits 1997 gestartete Cassini. Noch scheint der Starttermin zu halten, derzeit kann man Europa Clipper live bei ihrer Vorbereitung im Reinraum zusehen.

Die Montage der Nasa-Sonde Europa Clipper im Livestream.
NASA Jet Propulsion Laboratory

Für Sonden wie Europa Clipper gibt es nun gute Nachrichten. Eine im Fachjournal "Astrobiology" veröffentlichte Studie von Forschenden der Freien Universität Berlin, der Universität Zürich, der Open University in Milton Keynes, Nasas Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien und der Universität Leipzig hat ergeben, dass sich die Spuren von Leben in den Eis-Ozeanen, sollte es dort welches geben, tatsächlich nachweisen ließen.

Bakterienbestandteile im Massenspektrometer

Um herauszufinden, wie Instrumente wie der auf Europa Clipper vorhandene Massenspektrometer Surface Dust Analyzer (Suda) auf Material von außerirdischem Leben reagieren würden, machte man Versuche mit verschiedenen Substanzen. Ähnliche Experimente hatten zuvor bereits ergeben, dass mit Massenspektrometern Aminosäuren, Fettsäuren und Peptide in den aufgefangenen Eisproben nachweisbar wären und zwischen Leben oder anderen Prozessen als Ursprung unterschieden werden könnte.

Das Team weitete diese Versuche nun aus und untersuchte, wie Massenspektrometer auf DNA oder Stoffwechselprodukte der Bakterien Escherichia coli und Sphingopyxis alaskensis reagieren würde. Diese Proben waren in Eis mit verschiedenen Salzgehalten eingefroren.

Dabei zeigte sich, dass etwa DNA deutlich nachweisbar wäre. Sogar die beiden Bakterien konnten auf diese Art unterschieden werden. Mit höherem Salzgehalt lässt die Verlässlichkeit der Ergebnisse aber nach.

Einschlaggeschwindigkeiten von vier bis sechs Kilometer pro Sekunde vorausgesetzt, sind Spuren von Leben für die Instrumente von Europa Clipper also gut nachweisbar.

Reise ins Innere der Eismonde

Zusätzlich zu Europa Clipper denkt man bei der Nasa über noch aufwendigere Sonden nach, die allerdings noch nach Science-Fiction klingen. Der Icy Moon Cryovulcano Explorer (ICE) soll auf den Eismonden landen können und direkt durch die von den Fontänen erzeugten Kanäle bis zum Ozean hinabsteigen – sofern die Jets tatsächlich aus dem Ozean und nicht aus oberflächennahen Reservoirs stammen. Bei Europa scheint es diesbezüglich größere Zweifel zu geben als bei Enceladus. (8.12.2022)