Auf dem Weg zur Klimaneutralität gibt es viele Hürden. Fonds, die nicht so grün sind, wie sie tun, verwirren Anleger. In einer Studie wurden nun 1936 Fonds auf ihre Nachhaltigkeit abgeklopft.

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Fonds werden derzeit gern in zwei Kategorien eingeteilt: konventionelle Produkte oder solche, die einen nachhaltigen Ansatz verfolgen. Letztere verpflichten sich dazu, das Geld, das sie verwalten, nach ökologischen und sozial gerechten Kriterien zu investieren.

Die EU hat im Zuge der Taxonomie im Bereich Umwelt bereits Vorgaben gemacht, was als grünes Investment durchgeht. Dass hier auch Atomkraft und Erdgas inkludiert sind, insinuiert, dass die Kriterien nicht wirklich scharf sind.

Dass dort, wo "grün" draufsteht, nicht immer nur grüne Investments drinnen sind, hat zuletzt auch eine Recherche der niederländischen Investigativplattformen Follow the Money und Investico ergeben, an der DER STANDARD mitgearbeitet hat. Die Analyse von 392 Artikel-9-Fonds – das sind jene, die laut der EU-Taxonomie dunkelgrün und damit besonders nachhaltig sein sollten – hat ergeben, dass 172 Fonds (58 Prozent) Investitionen getätigt haben, die nicht als nachhaltig bezeichnet werden können. Wie berichtet, haben die betroffenen Fonds etwa auch in Öl-, Gas- oder Kohleunternehmen investiert.

Ein- und Durchblick

Für Anleger machen es solche Studienergebnisse leider nicht einfacher, sich im stetig wachsenden Fondsangebot zurechtzufinden. Denn wer "grün" kauft, möchte sich auch darauf verlassen, keine Mogelpackung zu bekommen. Die Klassifizierung der Fonds in die Artikel 6, 8 und 9, wie sie die EU im Rahmen der Taxonomie vorschreibt (siehe Wissen), schafft hier auch keinen einfachen Einblick für Konsumenten. Hinzu kommen Siegel und Gütezeichen, die lokal aufgelegt und vergeben werden.

In Österreich gibt es beispielsweise seit 2004 das Umweltzeichen UZ 49, das mit dem Umweltministerium erarbeitet wurde und nach einem Antrag und einer Überprüfung vom Verein für Konsumenteninformation vergeben wird. Etwas mehr als 200 Fonds in Österreich tragen dieses Umweltzeichen, das aber auch über die Landesgrenzen hinweg bekannt ist und vergeben wird.

Schneiden diese UZ-49-Fonds in einem Vergleich zu den nach Artikel 6, 8 oder 9 klassifizierten Fonds besser oder schlechter ab, wenn es um nachhaltige Investments geht? Dieser Frage sind die heimischen Nachhaltigkeitsexperten von ESG Plus und Obergantschnig Financial Strategies nachgegangen. Knapp 2000 österreichische und deutsche Aktienfonds wurden auf ihre getätigten Investments hin analysiert.

Je grüner, desto nachhaltiger

Das Ergebnis: Von den 1963 analysierten Aktienfonds (nur Publikumsfonds) weisen jene 39 Fonds, die das Österreichische Umweltzeichen tragen, die höchste Nachhaltigkeitsgüte auf. Auch die 323 Fonds, die nach dem Artikel 9 als dunkelgrün deklariert sind, haben höhere Nachhaltigkeitswerte als die 775 Artikel-8-Fonds (hellgrün), und diese haben wiederum eine höhere Nachhaltigkeitsgüte als konventionelle Fonds, die in der EU-Klassifizierung unter Artikel-6-Fonds laufen.

An und für sich klingt dieses Ergebnis plausibel. Je grüner, desto nachhaltiger. Gilt aber leider nicht ganz. Denn die Nachhaltigkeitsgüte innerhalb einer Fondsgruppe kann stark variieren. "So finden sich etwa im Segment der Artikel-8-Fonds sehr nachhaltige Produkte, aber auch solche, die eine geringere Nachhaltigkeitsgüte aufweisen", sagt Studienautor Josef Obergantschnig, Präsident des Vereins Ethico. Für Privatanleger bedeutet das, "dass sie die reine Einstufung als hellgrüner Artikel-8-Fonds nicht als Qualitätslabel sehen sollten", ergänzt Mitautor Armand Colard, CEO von ESG Plus. Denn das lasse eben keinerlei Rückschlüsse auf die Nachhaltigkeitsgüte zu.

16 Kriterien zur Bewertung der Unternehmensaktien haben die Experten für ihre Cleanvest-Analyse herangezogen. Die Kategorien "Frei von Waffen", "Frei von Atomenergie", "Frei von Kohle" und "Artenschutz" waren jene, die die besten Ergebnisse unter den nachhaltigen Fonds (Artikel 8, 9 und UZ 49) erzielt haben. "Indigene Rechte", "Gleichstellung von Frauen" und "Bildung und Gesundheit" hingegen waren die Kriterien, bei denen die nachhaltigen Fonds am schlechtesten abgeschnitten haben.

Aufholbedarf

Im Mittelfeld rangierten die Kriterien "Grüne Technologien", "Frei von Öl & Gas" und "Frei von Kinderarbeit". Bei den untersuchten Kriterien wiesen die Fonds von österreichischen Kapitalanlagegesellschaften (KAGs) mit Ausnahme des Kriteriums Kinderarbeit bessere Nachhaltigkeitswerte auf als ihre deutschen Pendants.

Im direkten Ländervergleich Deutschland – Österreich zeigte die Analyse, dass Fonds, die von heimischen KAGs verwaltet werden, eine höhere Nachhaltigkeitsgüte (6,7 auf der Cleanvest-Skala von null bis zehn) aufweisen als Fonds von deutschen Asset-Managern mit einem Wert von 6,2. Auch die Spannweite (also der Grad der Grünheit innerhalb einer Kategorie) der Nachhaltigkeitswerte ist in Österreich geringer als in Deutschland, was laut Obergantschnig "ein Zeichen für eine höhere Nachhaltigkeitsqualität österreichischer Fonds darstellt".

"Derzeit liegt der Fokus der Fonds eher auf Ausschlusskriterien wie Waffen, Atomenergie und fossilen Investitionen", sagt Colard. Die Fonds sollten sich in Zukunft aber noch stärker mit Geschäftsfeldern mit positiver Wirkung wie Bildung und Gesundheit beschäftigen, "denn es braucht beides für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen", ergänzt Obergantschnig. Dass die Fonds im Bereich indigene Rechte und Gleichstellung von Frauen schwächer ausgerichtet sind, führt Colard auf die Lieferketten zurück. Hier könnte das Lieferkettengesetz, an dem die EU arbeitet, auch KAGs bei der Auswahl ihrer Unternehmen künftig stärker in die Pflicht nehmen.

EU-Aktionsplan

Die EU hat 2018 als Teil des europäischen Green Deals einen Aktionsplan erstellt, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Im Vorjahr wurde dieser Plan um den Teil "Finanzierung von nachhaltigem Wachstum" ergänzt. Dieser Plan sieht auch höhere Transparenzvorschriften vor. Daran spießt es sich aktuell. Denn Finanzmarktteilnehmer müssen den Grad der Nachhaltigkeit für ihre Produkte offenlegen, auch wenn die Unternehmen, in die sie investieren, dazu noch nicht verpflichtet sind. Die Verfügbarkeit der Daten muss hier erst geschaffen werden, sagen die Experten von Amundi. (Bettina Pfluger, 5.12.2022)