An Bord der Enterprise: ein charismatischer Captain (Anson Mount), dem das Wohl seiner Crew am Herzen liegt, Fan-Lieblinge wie Uhura (Celia Rose Gooding) und Spock (Ethan Peck) und ein "Fall der Woche"-Konzept, das von mehreren roten Fäden begleitet wird.

Foto: Paramount+

Wer war der erste Captain des Raumschiffs Enterprise? Wem der Name James T. Kirk auf den Lippen liegt, der sollte sich die Föderationsuniform schnell wieder ausziehen und Geschichte lernen. Unendliche Weiten wurden laut Star Trek-Kanon nämlich zunächst von Captain Christopher Pike entdeckt, der mit Strange New Worlds eine eigene Serie spendiert bekommen hat. Diese dient als großes Zugpferd des am 8. Dezember auch in Österreich startenden Streamingdienstes Paramount Plus. Ein Zugpferd mit Warp-Antrieb, wie sich nach der ersten Staffel feststellen lässt.

Schon die erste Folge gibt die Richtung der zehn Folgen dauernden Staffel an. Es geht um die Rettung eines Crew-Mitglieds von dem mittlerweile im Exil lebenden Captain Pike. Seine emotionale Rückkehr, eine die wichtigsten Charaktere einführende Mission und die dem Herzen des Franchise Tribut zollende Rettung eines ganzen Planeten – wahrlich ein Einstieg, wie er sein soll.

Gut durchacht

Die gut durchdachten Puzzlesteine werden auch in der weiteren Erzählung gut zusammengeführt: ein charismatischer Captain (Anson Mount), dem das Wohl seiner Crew spürbar am Herzen liegt, Fan-Lieblinge wie Uhura (Celia Rose Gooding) und Spock (Ethan Peck) auf der Brücke der Enterprise und ein "Fall der Woche"-Konzept, das von mehreren roten Fäden begleitet wird. Angeführt von einem Theme, das an den Originalsoundtrack angelehnt wurde, will man bei Paramount offenbar wenig dem Zufall überlassen, damit diese Serie sowohl bei Kritikern als auch beim Publikum für Gänsehaut sorgt. Aber auch gute Drehbücher begleiten überraschenderweise das Geschehen auf dem Bildschirm.

Damoklesschwert

Während vielen Fans beim Schauen von Picard nicht nur die Füße eingeschlafen sind und Discovery spätestens nach Staffel zwei selbst nicht mehr wusste, welche Geschichte man eigentlich erzählen wollte, gibt sich die Pike-Serie gelassener, unaufgeregter, aber deshalb nicht weniger spannend. Die Prämisse, dass Captain Pike von einem schweren Unfall in seiner Zukunft träumt, der historisch in der Star Trek-Geschichte bereits verankert ist, hängt wie ein Damoklesschwert über jeder seiner Entscheidungen.

Dennoch ist und bleibt er der nette Captain von nebenan, lädt seine Crew zum Grillen ein und hat auch in stressigen Situationen immer Zeit für einen coolen Spruch. Dieses selbstverliebte Macho-Gehabe könnte 2022 sauer aufstoßen, aber Mount schafft die Gratwanderung zwischen selbstsicherer und gleichzeitig seinem Team vertrauender Führungskraft. Hinzu kommen Rebecca Romijn als Pikes Vize, Melissa Navia als selbstsichere Steuerfrau Erica Ortegas und auch Celia Rosa Gooding als Nyota Uhura – sie alle tragen ihren Teil dazu bei, dass die gelungene Diversität auf der Brücke der Enterprise nie wirkt, als wäre sie am Reißbrett eines Produzenten entstanden wie so manch andere aktuelle Serie.

Abgeschlossene Geschichte

In jeder Folge eine abgeschlossene Geschichte zu erzählen macht die Serie kurzweilig, einige unvorhersehbare Überraschungen zeigen, dass man nicht, wie sonst gern üblich im Genre, nur eingetretene Pfade beschreiten will. Man könnte sagen, Paramount ist mit Strange New Worlds möglichst wenig Risiko eingegangen und hat sehr präzise eine Serie mit fast garantierter Gänsehautformel gebastelt.

Das kann man als Vorwurf formulieren oder lieber Danke sagen, dass man dieses Jahr mit Andor nicht nur ein Lebenszeichen von Star Wars erleben durfte, sondern mit der neuen Star Trek-Serie auch wieder stolz eine aktuelle Förderationsuniform auf Conventions anziehen kann.

Der Stil der Serie erinnert an "Raumschiff Enterprise" der 1960er-Jahre – bringt aber ausreichend modernen und frischen Wind in das bekannte Setting. (Alexander Amon, 6.12.2022)