Schimpanse Robby, der letzte Menschenaffe in einem deutschen Zirkus, mit Klaus Köhler, dem Direktor des Wunsdorf Circus, und einem Tetrapack Milch. Auch in Sachen Verdauung hat sich in den letzten 7,5 Millionen Jahren zwischen Mensch und Schimpanse einiges verändert.

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Der letzte gemeinsame Vorfahr des modernen Menschen und der heutigen Schimpansen lebte vor rund 7,5 Millionen Jahren. In dieser Zeit hat sich im direkten Vergleich einiges verändert: Zwar teilen wir nach wie vor rund 99 Prozent unseres Genoms mit dem der Schimpansen. Doch abgesehen von äußerlichen Unterschieden sind unter anderem unsere Gehirne deutlich größer und unsere Eingeweide deutlich kürzer als die unserer Menschenaffengenossen.

Wo aber lassen sich diese Unterschiede in unseren Genen festmachen? Ein Team um US-Forscher Craig Lowe (Duke School of Medicine ) hat nun eine Gruppe menschlicher DNA-Sequenzen identifiziert, die für Veränderungen in der Gehirnentwicklung, der Verdauung und der Immunität verantwortlich sind und die sich offenbar schnell entwickelt haben, nachdem sich unsere Abstammungslinie von der von Pan troglodytes getrennt hat, aber lange bevor sich die Neandertaler und Denisovaner aus diese Linie abgespalten haben.

Feinabstimmung der Genaktivitäten

Die fraglichen DNA-Sequenzen, die von den Fachleuten als Human Ancestor Quickly Evolved Regions (Haquers) bezeichnet werden, werden wie "Hackers" ausgesprochen und regulieren Gene. Sie sind die Schalter, die nahegelegenen Genen sagen, wann sie sich ein- und ausschalten sollen. Die rasche Evolution dieser Genomregionen scheint als Feinabstimmung der regulatorischen Kontrolle gedient zu haben, erklärt Lowe.

Dem menschlichen Betriebssystem wurden quasi weitere Schalter hinzugefügt, und sie wurden feiner abgestimmt, um sich an Umwelt- oder Entwicklungsfaktoren anzupassen. Viele dieser genomischen Innovationen wurden in der Entwicklung des Gehirns und des Magen-Darm-Trakts gefunden. "Wir sehen viele regulatorische Elemente, die sich in diesen Geweben einschalten", sagt Lowe. "In diesen Geweben verfeinert der Mensch, welche Gene in welchem Ausmaß exprimiert werden."

Viele kleine Mutationen

Heutzutage sind unsere Gehirne größer als die anderer Menschenaffen, und unsere Eingeweide sind kürzer. "Man hat die Hypothese aufgestellt, dass diese beiden Dinge sogar miteinander verbunden sind, weil es sich um zwei Stoffwechselgewebe handelt, die viel Energie verbrauchen", so Lowe. "Ich denke, was wir sehen, ist, dass es nicht nur eine Mutation gab, die zu einem großen Gehirn führte, und eine Mutation, die sich auf den Darm auswirkte, sondern wahrscheinlich im Laufe der Zeit viele kleine Veränderungen."

Mithilfe der Bioinformatik zog das Team auch Rückschlüsse auf die DNA der Vorfahren von Mensch und Schimpanse sowie der ausgestorbenen Linien der Neandertaler und Denisovaner. Die Forscher konnten zur Klärung dieser Frage die Genomsequenzen dieser anderen Verwandten dank der Datenbanken vergleichen, die auf der bahnbrechenden Arbeit des Nobelpreisträgers Svante Pääbo von 2022 beruhen.

Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten

Neben den positiven Eigenschaften, die Haqers dem Menschen verliehen haben, können sie freilich auch bei einigen Krankheiten eine Rolle spielen. "Humanspezifische Krankheiten oder humanspezifische Anfälligkeiten für diese Krankheiten könnten womöglich auf diese neuen genetischen Schalter zurückgeführt werden, die es nur beim Menschen gibt", vermutet Lowe. "Die meisten Menschen haben bemerkenswert ähnliche Haqer-Sequenzen, aber es gibt einige Abweichungen. Diese Varianten dürften tendenziell mit bestimmten Krankheiten korrelieren", sagt Lowe, nämlich Bluthochdruck, Neuroblastom, unipolare Depression, bipolare Depression und Schizophrenie.

Die Wirkungsmechanismen sind noch nicht bekannt, und es müssen noch weitere Forschungen in diesen Bereichen durchgeführt werden. (tasch, 12.12.2022)