Dass der Gipfel auf dem Westbalkan stattfindet, sieht Bundeskanzler Karl Nehammer als "starkes Signal der Annäherung".

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Tirana – Der EU-Westbalkangipfel findet am Dienstag in der albanischen Hauptstadt Tirana statt. Das Treffen wird erstmals in der Westbalkanregion abgehalten. Das sei ein "starkes Signal der Annäherung", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der Österreich bei dem Gipfel vertritt. Hauptthemen werden die gemeinsame Bewältigung der Folgen des Ukraine-Kriegs, der EU-Erweiterungsprozess, die Stärkung der Sicherheit und der Kampf gegen illegale Migration sein.

Aus österreichischer Sicht ist im EU-Erweiterungsprozess insbesondere die Verleihung des Kandidatenstatus für Bosnien-Herzegowina auf Basis einer entsprechenden Empfehlung der EU-Kommission wichtig. Die Zuerkennung des Status wird im Dezember erwartet. Die Westbalkanländer seien von großer Bedeutung für die Sicherheit der EU, insbesondere im Kampf gegen illegale Migration, organisierte Kriminalität und Schlepperei, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.

Teilnahme von Vučić bestätigt

Neben den 27 EU-Staaten sind die sechs Partnerländer des westlichen Balkans – Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und der Kosovo – zu dem Gipfel eingeladen. Wegen Differenzen mit dem kosovarischen Regierungschef Albin Kurti hatte der serbische Präsident Aleksandar Vučić zunächst mit einem Boykott gedroht. Später bestätigte er seine Teilnahme.

Von der Konferenz zu erwarten ist ein Bekenntnis zur Bedeutung der strategischen Partnerschaft zwischen der EU und den sechs Westbalkanländern vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Der Beschluss, die gemeinsame Beschaffung von Gas, Flüssiggas und Wasserstoff für den Westbalkan zu öffnen, soll bekräftigt werden. Die Zusammenarbeit bei Sicherheit und Verteidigung soll vertieft werden. Für eine Beschleunigung des Beitrittsprozesses sollten Reformen vorangetrieben werden, insbesondere beim Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität.

Anpassung der Visapolitik

Im Bereich Migration wird eine Anpassung der Visapolitik der Westbalkanstaaten an die EU-Standards angestrebt, ebenso eine stärkere Zusammenarbeit bei Rückführungen.

Zuletzt hat Serbien die Visafreiheit für Personen aus Tunesien und Burundi aufgehoben, Ähnliches ist für Indien geplant. Nach Ansicht der EU-Kommission sollen weitere Staaten folgen. Die Kommission hat am Montag einen Aktionsplan zur Balkanroute vorgestellt. Laut der EU-Grenzschutzagentur Frontex ist die Westbalkanroute aktuell die aktivste Migrationsroute. 128.438 Menschen seien hier in den ersten zehn Monaten 2022 eingereist, ein Zunahme um 168 Prozent gegenüber dem Vorjahr. (APA, 5.12.2022)