Linz – In die heikle Diskussion über ein Kriegerdenkmal auf dem Friedhof von Peuerbach im oberösterreichischen Hausruckviertel scheint nun Bewegung zu kommen. Nachdem bereits vor über zwei Jahren bekannt wurde, dass sich auf der gläsernen Gedenktafel für Gefallene der Weltkriege auf dem Ortsfriedhof unter den 328 eingravierten Namen auch jener des nachweislichen NS-Kriegsverbrechers Ferdinand Sammern-Frankenegg befindet, fordert der Pfarrer von Peuerbach, Hans Padinger, nun im STANDARD-Gespräch die völlige Neugestaltung der Gedenktafel.

Der problematische Name wurde einfach überklebt.
Foto: Werner Dedl

Der Vorschlag aus dem Haus Gottes kommt durchaus überraschend, hat man sich doch bislang in Peuerbach im Umgang mit den braunen Flecken auf dem Denkmal sichtlich schwergetan – worauf auch die bislang einzige Maßnahme schließen lässt: Der Name Sammern-Frankenegg wurde auf der Tafel lediglich mit einem Klebeband überklebt.

"Aufgeheizte Stimmung"

Für Pfarrer Padinger jedenfalls ist das kein adäquater Umgang mit einer historisch belasteten Kommunalgeschichte: "Das beschert dem Kriegsverbrecher zu viel Aufmerksamkeit und macht den Rest der Gefallenenliste wertlos."

Er habe aber nicht das Gefühl, dass man "in Peuerbach einfach die Augen schließt und sich der Geschichte nicht stellen will". Padinger ortet dennoch rund um das Thema aktuell eine aufgeheizte Stimmung: "Es wird viel diskutiert und medial sehr hochgespielt. Wir müssen wieder zurück zur Sachlichkeit kommen."

Pfarrer Hans Padinger ortet dennoch rund um das Thema aktuell eine aufgeheizte Stimmung: "Es wird viel diskutiert und medial sehr hochgespielt. Wir müssen wieder zurück zur Sachlichkeit kommen."
Foto: Werner Dedl

Damit das passiere, sei der Bürgermeister auf ihn zugekommen: "Er hat mich gebeten, in der Sache quasi als Mediator zu fungieren und an einer für alle passenden Lösung mitzuarbeiten." Was für den Gottesmann aber nur eine komplette Neugestaltung der Gedenktafel bedeuten kann. Padinger: "Nur den Namen Sammern-Frankenegg zu entfernen reicht nicht. Zudem passt der schwarze Schriftzug 'Den Gefallenen zur Ehr, den Lebenden zur Mahnung' am oberen Ende der Tafel nicht mehr."

Pfarrer Hans Padinger plädiert für ein zeitgemäßes Gedenken auf dem Ortsfriedhof.
Diözese Linz

Info mittels QR-Codes

Die neue Tafel müsse wieder eine reine Namenstafel sein: "Es handelt es sich trotzdem um ein Grab. Da passt kein Kunstwerk." Zusätzlich kann sich der Pfarrer ein "kleines Dokumentationsarchiv" vorstellen. Padinger: "Eine Zusatzinformation als historische Einordnung. Eventuell in Form eines QR-Codes. Man erfährt, warum der Name entfernt wurde. Aber auch etwas über die Weltkriege, die NS-Herrschaft und vor allem auch über die Euthanasieopfer aus Peuerbach."

Keine generelle Namensüberprüfung

Drängt sich dennoch die Frage auf, wie groß die Gefahr sei, dass man nach der Umgestaltung auf einen neuen belasteten Namen stößt. Padinger: "Ich bin klar gegen eine historische Überprüfung aller Namen auf der Gedenktafel. Man nimmt den Gefallenen sonst die letzte Würde und stellt sie unter Generalverdacht. So was passiert vielleicht in einem Spitzelstaat, aber bitte nicht in Österreich."

Der umstrittene Sohn der Gemeinde hat eine überaus dunkle Lebensgeschichte: 1897 in Grieskirchen geboren, war Sammern-Frankenegg ab 1929 Anwalt in Peuerbach und einschlägig politisch aktiv. 1932 trat er der SS bei, im März 1933 der NSDAP. Er war Ortsgruppen- und Bezirksleiter, Gauredner sowie Mitglied im Lebensborn e.V. Vor allem aber war Sammern-Frankenegg SS- und Polizeiführer im Distrikt Warschau, zuständig für die Deportation der jüdischen Bevölkerung.

Das Warschauer Ghetto wurde ab Juli 1942 im Rahmen der "Endlösung der Judenfrage" aufgelöst, 350.000 Bewohnerinnen und Bewohner wurden in Vernichtungslager geschickt. In einem Brief an die Kreishauptämter ordnete Sammern-Frankenegg im März 1943 an, dass "sofort mit größter Energie" die bis dato nicht erfassten Juden "festzustellen und der Gendarmerie zur Liquidierung zuzuführen sind". Als Prämie wurde ein Drittel des Vermögens der gemeldeten Juden ausgelobt. Über Monate ließ Sammern-Frankenegg Menschen zum Abtransport zusammentreiben, bis zu 15.000 pro Tag. (Markus Rohrhofer, 8.12.2022)