Das Forschungsschiff Investigator ist seit 2014 im Einsatz.
Foto: CSIRO-Tauri Minogue

Fischerboote sind seit jeher bekannt dafür, Sonderbares und Kurioses aus den Tiefen des Meeres zu holen. Die Geschichten darüber waren nicht nur Stoff für Fischerlatein und Schauererzählungen wie bei Horrorautor H. P. Lovecraft, sondern auch für wissenschaftliche Sensationen wie den Fund des ausgestorben geglaubten Quastenflossers gut.

Dass gerade in den umstrittenen Schleppnetzen immer wieder bisher unbekannte Tierarten landen, sollte nicht überraschend, schließlich ist laut Studien ein großer Teil der das Meer bevölkernden Arten nach wie vor unbekannt.

Der neu entdeckte Hornhai.
Foto: CSIRO-Frederique Olivier

Kleinere Schleppnetze werden deshalb auch von Forschungsexpeditionen genutzt, um einen Überblick über die Meeresfauna zu gewinnen. Das Australische Forschungsschiff Investigator der nationalen australischen Wissenschaftsagentur Csiro absolviert derzeit eine Mission zur Untersuchung der Biodiversität der Meere vor Australien. Dabei wird mit Schleppnetzen gearbeitet, die teils in mehreren Kilometern Tiefe über den Ozeanboden gezogen werden. Der Weg führte bisher zu den Kokosinseln im Indischen Ozean, die auch als Keeling-Inseln bekannt sind. Die laufende Expedition hat derzeit den Gascoyne Marine Park vor der Küste Westaustraliens zum Ziel.

Neue Hai-Art

Bereits auf der ersten Expedition gelang ein Sensationsfund: "Wir fanden einen auffälligen, gestreiften Hornhai", erzählt Will White, ein Haiexperte von Csiro. "Diese für Australien einzigartige Spezies wurde bisher nicht beschrieben oder benannt. Das Individuum, das wir gesammelt haben, wird für die Wissenschaft von enormem Wert sein, weil wir es zur Beschreibung der Spezies verwenden können." Hornhaie sind normalerweise nachtaktive Tiere, die langsam schwimmen und sich zwischen Seegras und Felsen verstecken. Doch weil die neue Spezies in 150 Metern Tiefe lebt, ist bisher über ihr Verhalten noch nichts bekannt.

Aus einer Tiefe von 5.000 Metern wurden etwa 750 Haizähne an die Oberfläche geholt.
Foto: Yi-Kai Tea

Von Haien sind derzeit etwa 500 Arten bekannt, darunter Winzlinge wie der Laternenhai, die keine 20 Zentimeter lang sind, aber auch der größte lebende Fisch, der Walhai, der häufig über zwölf Meter lang werden kann. Aber auch das älteste bekannte Wirbeltier ist ein Hai: Grönlandhaie werden erst mit einem Alter von etwa 150 Jahren geschlechtsreif und können 500 Jahre alt werden. Haie gelten als besonders urtümliche Tiere, die bereits vor etwa 400 Millionen Jahren erstmals auftauchten. Der größte von ihnen war der Megalodon, der auch als ausgestorbenes Lebewesen eine solche Faszination ausübt, dass Hollywood ihn vor einigen Jahren kurzerhand wiedererweckte.

Die gefundenen Haizähne, nach Spezies geordnet.
Foto: Yi-Kai Tea

Zähne eines Megalodon-Vorfahren

Auch die Forschenden sollte der Megalodon gegen Ende der Expedition noch beschäftigen. Als sie ihre Netze zum Abschluss vor den Cocos-Inseln durch tiefere Gewässer zogen, holten sie über 750 versteinerte Haizähne ans Licht. Glenn Moore, Kurator für Fische vom Westaustralischen Museum, betont, dass es sich um eine interessante Mischung aus modernen und prähistorischen Haien handelt: "Die Zähne scheinen von modernen Haien wie Mako- und Weißen Haien zu stammen, aber auch von uralten Haien, darunter der unmittelbare Vorfahre des Riesenhais Megalodon."

Nicht nur Haie wurden von der Investigator entdeckt, sondern auch andere Fische wie dieser Nemichthys curvirostris.

Dass bei solchen Expeditionen neue Spezies entdeckt werden, sei nicht ungewöhnlich, erklärt der leitende Wissenschafter der Expedition, John Keesing. "Wir hatten schon zuvor angenommen, dass etwa ein Drittel der entdeckten Spezies für die Wissenschaft neu sein könnten."

Haizähne haben eine Sägezahnstruktur, die sie besonders scharf macht.
Foto: Museums Victoria_Ben Healley

Das Entdecken neuer Arten sei aber nicht das alleinige Ziel derartiger Expeditionen. Wichtiger sei, ein Gesamtbild über die marinen Ökosysteme zu gewinnen.

Aktuell ist die Investigator vor der Nordwestküste Australiens unterwegs.

Die Investigator ist ein 94 Meter langes Forschungsschiff , das extra zu diesem Zweck gebaut wurde und seit 2014 im Einsatz ist. Es ist in der Lage, bis zu 300 Tage im Jahr für Forschungen auf See zu verbringen. Neben biologischer und ozeanografischer Forschung gibt es auch die Möglichkeit, Geologie und Atmosphärenforschung zu betreiben. Das Schiff bietet Platz für 40 Forschende und 20 Crewmitglieder. Über die aktuelle Position gibt das Team auf Twitter Auskunft, sie ist aber auch hier online abrufbar. (Reinhard Kleindl, 11.12.2022)