Brittney Griner ist frei ...

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... und auch Wiktor But.

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Schlussendlich hat Erpressung doch geholfen: Seit Jahren will Russlands Präsident Wladimir Putin den bekannten Waffenhändler Wiktor But aus einem US-Gefängnis freibekommen. Offiziell, weil Moskau der Ansicht ist, dass But ein unschuldig verurteilter russischer Staatsbürger in einem fremden Land ist. Würde man sich auf diese Argumentation einlassen, so hätten die Vereinigten Staaten und Russland am Flughafen von Abu Dhabi zwei gleichberechtigte Gefangene ausgetauscht: But gegen die US-Basketballspielerin Brittney Griner, die wegen eines Gramms Cannabisöl für neun Jahre in eine russische Strafkolonie sollte.

Doch ist es eben kein gleichberechtigter Tausch: Denn auch bei näherer Betrachtung bleibt Griner eine Sportlerin, die eine kleine Menge Drogen im Handgepäck hatte und der im Straflager sexuelle Übergriffe, Gewalt und Homophobie geblüht hätten. Gegen But gibt es noch schwerwiegendere Vorwürfe. Denn der ehemalige Sowjetoffizier wurde in den USA zu 25 Jahren Haft verurteilt, weil er in eine Verschwörung zur Tötung von US-Amerikanern verwickelt gewesen ist und Fliegerabwehrraketen gekauft und exportiert hat.

Zudem soll er Waffen an Al-Kaida, die Taliban sowie ruandische Rebellen verkauft haben. But soll laut mehreren Recherchen – unter anderem der Vereinten Nationen – seine Finger in Waffendeals in so ziemlich jeder Konfliktregion der Welt gehabt haben. Und er soll dem russischen Geheimdienst nahegestanden sein – was das Engagement Moskaus für seine Freilassung erklärt.

"Verstörende Entscheidung"

Warum hat die Regierung von US-Präsident Joe Biden also eingewilligt, diesen Schwerverbrecher gegen Griner zu tauschen? Nach außen hin heißt es aus Washington, dass man durch den Deal ihr Leben retten konnte. Der öffentliche Druck, der mit der Berichterstattung über ihren Fall einhergegangen ist, dürfte aber auch eine große Rolle gespielt haben. Bob Menendez, der Vorsitzende des Senatsausschusses für auswärtige Beziehungen, sprach von einem "Moment der tiefen Erleichterung" im Zusammenhang mit Griners Freilassung. Gleichzeitig nannte der Demokrat Buts Tausch "eine schwer verstörende Entscheidung".

Damit habe man Putins Kreml nur gezeigt, dass man US-Staatsangehörige als Tauschware einsetzen könne. Menendez warnte davor, dass Moskau nun weitere US-Amerikanerinnen und -Amerikaner verhaften und dafür hochrangige Häftlinge in den USA freipressen könnte. Washington müsste sicherstellen, dass US-Bürger über die Gefahren aufgeklärt werden und nicht in Länder reisen, wo sie Gefahren ausgesetzt sind – etwa in Russland.

Neue Möglichkeiten für Moskau

Auch der russische Journalist Andrej Soldatow sagte in der "New York Times", dass sich mit diesem Gefangenentausch neue Möglichkeiten für Moskau ergeben. Im Zeitalter des Kalten Krieges habe man noch "Profis gegen Profis getauscht" – also einen Spion gegen einen anderen. Doch der jetzige Deal habe gezeigt, dass sich Russland jeden schnappen könne, solange die Person in der US-Öffentlichkeit für genug Aufregung sorge. Um Druck aus der Bevölkerung müsste sich Moskau nicht sorgen, die Vereinigten Staaten sehr wohl.

Warum der Ex-Marine Paul Whelan nicht Teil des Handels gewesen ist, sorgt in den USA für Kopfschütteln. Denn der frühere Soldat wird – unschuldig, wie allgemein angenommen wird – wegen Spionagevorwürfen in einem russischen Straflager festgehalten. Der heute 56-Jährige, der auch die kanadische, irische und britische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde 2020 zu 16 Jahren Haft verurteilt. In einem Telefonat mit dem TV-Sender CNN aus der Strafkolonie zeigte sich Whelan zwar erfreut darüber, dass Griner nun frei sei, doch er selbst sei "schwer enttäuscht" von der Regierung Biden.

Aus dem Weißen Haus heißt es, dass Russland den Ex-Marine nicht in den Deal inkludieren wollte, weil er eben spioniert haben soll. Am Donnerstag versicherte Biden aber, dass man "nie aufgeben werde", Whelan zu befreien.

Weitere Kommunikationskanäle

Sein russisches Gegenüber Putin lässt sich nach dem But-Deal erneut als starker Mann inszenieren, der den Westen in die Knie zwingen kann. Tunlichst darauf bedacht, die nicht nach Plan laufende "Spezialoperation" (wie der Einmarsch in die Ukraine zynischerweise in Russland genannt werden muss) außen vor zu lassen, soll Buts Freilassung signalisieren, dass Putin die Interessen Russlands vertritt.

Gleichzeitig zeigt der Deal zwischen Washington und Moskau aber auch, dass die beiden Großmächte trotz aller Feindlichkeit im Zusammenhang mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine weiter Kommunikationskanäle offen halten. Und es irgendwo noch Verhandler auf beiden Seiten gibt, die offenbar miteinander sprechen können. (Bianca Blei, 9.12.2022)