Etwas über drei Wochen nach dem erfolgreichen Start ist die Orion-Kapsel der ersten Artemis-Mission nun sicher gelandet. Die Orion-Kapsel trennte sich wie geplant vom Servicemodul und ging um 18.40 Uhr kontrolliert im Pazifik nieder. Damit geht das erste Kapitel der neuen Mondmission, die erstmals seit 1972 wieder Menschen auf den Erdtrabanten bringen soll, zu Ende.

Das Space Launch System SLS, die stärkste Nasa-Rakete aller Zeiten.
Foto: NASA image/Kevin O’Brien

"Wir sind einen Schritt näher gekommen, Astronauten auf den Mond zu schicken", gratulierte US-Vizepräsidentin Kamala Harris auf Twitter. Auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst jubelte: "Ein historischer Moment & Meilenstein der Raumfahrt", schrieb er ebenfalls auf Twitter. "Die Menschheit hat wieder ein Raumschiff, das Menschen über den Erdorbit hinaus ins All tragen kann, um Mond & Mars zu erforschen".

Herausfordernde Landung

Die Landung galt als letzte große Herausforderung der Testmission: Orion traf mit rund 40.000 Kilometern pro Stunde auf die Atmosphäre der Erde und wurde von dieser dann auf rund 480 Kilometer pro Stunde abgebremst. Dabei muss das Hitze-Schutzschild von Orion Temperaturen von rund 2.800 Grad Celsius standhalten.

Nach der Landung im Pazifik kam...
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... die angekokelte Orion an die Leine. Anschließend zog man das Raumschiff...
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... in den Bauch der USS Portland.
Foto: IMAGO/CAROLINE BREHMAN

Rund 40 Minuten vor der Landung war das Europäische Servicemodul (ESM) abgetrennt worden. Von dieser Antriebs- und Versorgungseinheit, die das Besatzungsmodul unter anderem mit Strom, Wasser und Luft versorgte, blieb am Ende der Mission nichts übrig – es verglühte planmäßig in der Erdatmosphäre.

Skip Entry für Raumfahrzeug mit Crew

Die Rückkehr der Orion-Kapsel habe "wie im Bilderbuch" ausgesehen, sagte Martin Tajmar, Raumfahrtsystem-Experte an der TU Dresden. Tajmar zufolge probierte die Nasa bei der Landung einige neue Techniken aus. Dazu gehört der sogenannte Skip Entry, der erstmals bei einem für Menschen konzipierten Raumschiff eingesetzt wurde.

Ganz grob kann man dieses Verfahren mit einem Stein vergleichen, den man über eine Wasserflächen hüpfen lässt. Dabei tauchte Orion in die Erdatmosphäre ein, um sie kurz nach dem Aufprall wieder nach oben zu verlassen. Anschließend tauchte die Kapsel erneut ein, um dann – von Fallschirmen gebremst – im Pazifik zu wassern. Diese Technik soll eine präzisere Landung ermöglichen.

Gleich nach dem Splashdown im Pazifik war die Kapsel von Hubschraubern und Booten umgeben. Mithilfe von Spezialisten und Tauchern wurde Orion an Bord der USS Portland geholt. Der Transport in den Hafen von San Diego soll bis Dienstag dauern. Von Kalifornien gehe es dann am Mittwoch auf dem Landweg mit einem Lastwagen zurück nach Florida, teilte die Nasa mit.

Verzögerungen

Nach mehrmaliger Verschiebung des Starts wegen Tropenstürmen, Treibstofflecks und Triebwerksproblemen am neuen Space Launch System, dem leistungsfähigsten, das die US-Weltraumorganisation Nasa je gebaut hat, verlief die Mission selbst dann schulmäßig.

Während bei den Apollo-Missionen noch verwaschene Fernsehbilder, fast bis zur Unkenntlichkeit komprimiert, die Sensation festhielten, wartete Artemis mit einem ansehnlichen Livestream von seiner ersten Mondumrundung auf. Fast "live", denn der Mond ist etwas mehr als eine Lichtsekunde von der Erde entfernt. Auch die Landung wurde von der Nasa im Livestream übertragen.

Entfernungsrekord

Artemis erreichte den Mond am 21. November, umrundete ihn mehrmals und legte dabei über zwei Millionen Kilometer zurück, wobei sie bis zu 400.000 Kilometer von der Erde entfernt war und damit einen Entfernungsrekord für die größte Distanz eines von und für Menschen gemachten Raumschiffs aufstellte. Am 1. Dezember schwenkte sie aus der Mondumlaufbahn zu einer Bahn in Richtung Erde.

Die Mission von Artemis I auf einen Blick.
Foto: NASA

Landung am Südpol

Artemis 2 wird in weiten Teilen Artemis 1 ähneln, diesmal mit zwei Astronauten an Bord, die allerdings nur aus dem Fenster sehen dürfen. Im Rahmen von Artemis 3 schließlich sollen erstmals seit 1972 wieder Menschen auf der Mondoberfläche landen. Ziel der beiden "Moonwalker" wird erstmals der Shackleton-Krater am Südpol des Mondes sein. Dieser Krater ist besonders interessant, weil er Wassereis enthalten könnte. Solche Ressourcen sind für künftige Missionen und eine mögliche Mondbasis entscheidend. Ein Team von 18 Astronautinnen und Astronauten für die Mondflüge wurde bereits ausgewählt. Die Entscheidung, wer von ihnen zuerst zum Mond darf, steht noch aus.

Nach mehrmaliger Verschiebung gelang der Start am 16. November.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Wie wichtig bemannte Raumfahrt ist, ist durchaus umstritten. Die Entscheidung, wieder Menschen zum Mond zu bringen, stammt aus der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Der Ressourcenhunger von Artemis zeigte sich auch beim Funkverkehr, der sich auch auf die Kommunikation mit dem James-Webb-Teleskop auswirkte, weil das über den Erdball verstreute Deep Space Network, das von der Nasa für die Kommunikation mit ihren Raumfahrzeugen verwendet wird, durch die Artemis-Mission ausgelastet war.

Inzwischen hat Artemis wieder den blauen Planeten im Blick.
Foto: IMAGO/UPI Photo

Private Konkurrenz

Auch private Raumfahrtprogramme nehmen den Mond ins Visier und erhöhen trotz Pannen den Erfolgsdruck für Artemis. Über die Kosten, die sich bis 2025 im hohen zweistelligen Milliardenbereich bewegen werden, sollen hier dennoch nicht zu viele Worte verloren werden.

Diesmal waren keine Menschen an Bord. Damit die Sonde nicht ganz unbemannt fliegen muss, entsandte die Nasa Snoopy und die Esa Shaun das Schaf – eine Hommage an den genialen Filmemacher Nick Park, dessen Protagonisten Wallace und Gromit einst auch zum Mond flogen. Bis die ersten Menschen sich auf den Weg in Richtung Mond machen, wird es noch mindestens bis 2024 dauern. (Reinhard Kleindl, red, 11.12.2022)