Ein Bild, das viele Eltern kennen: Der Teenager hockt vertieft in sein Smartphone oder Tablet im Zimmer. Stundenlang.

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Die Nutzung von Bildschirmmedien bringt unzählige Vorteile mit sich. Zuletzt hat uns die Pandemie gezeigt, wie wichtig digitale Kommunikation und die Verfügbarkeit von Bildschirmmedien sowohl beruflich, schulisch oder privat geworden sind.

Das Wissen über die Gefahren der Bildschirmnutzung wächst stetig. Diese betreffen vor allem jüngere Kinder, die ihr Nutzungsverhalten noch nicht selbst reflektieren können. Vor allem von Smartphones werden die Kleinen wie magisch angezogen: Nicht nur, dass sie ständig verfügbar sind – sie flimmern, machen Geräusche, man bekommt rasch Feedback beim Spielen. Schon die Kleinsten können Smartphones schnell ein- und ausschalten und benutzen. Eine der größten Erziehungsfragen bei Eltern ist demnach: Ab wann darf mein Kind digitale Medien verwenden? Und wie reguliere ich am besten die Mediennutzungszeit?

Woran erkennt man Mediensucht?

Hängt das Kind permanent am Handy, machen sich Eltern schnell Sorgen, ob ihr Kind schon mediensüchtig ist. Aber was bedeutet das überhaupt? Ab wann ist man mediensüchtig?

Mediensucht ist der Überbegriff für verschiedene Formen der Sucht, die mit digitalen Medien zu tun haben. Dazu zählen das Nichtloskommen von Computer- und Handyspielen und von den sozialen Medien, die Internetsucht und natürlich auch die Fernsehsucht. Ganz allgemein formuliert spricht man von Mediensucht, wenn mit dem relevanten Medium immer mehr und mehr Zeit verbracht wird, sich dies zu einer exzessiven Nutzung hin entwickelt und soziale Kontakte sowie andere Verpflichtungen vernachlässigt werden.

Laut dem internationalen Klassifikationssystem für Erkrankungen der Weltgesundheitsorganisation WHO gehören folgende Kennzeichen zur Computerspielsucht:

  • Eine eingeschränkte Kontrolle über die Sucht.
  • Eine erhöhte Häufigkeit, Dauer und ein intensives Ausmaß der Nutzung.
  • Das Computerspielen nimmt einen wichtigeren Stellenwert im Leben der Süchtigen ein.
  • Es kommt zur Vernachlässigung anderer Interessen und täglicher Aktivitäten.
  • Das Vorziehen des Spielens gegenüber anderen Tätigkeiten bleibt selbst dann bestehen, wenn durch das Nichterfüllen von Verpflichtungen negative Konsequenzen auftreten.

Dieselben Kennzeichen lassen sich ebenso auf Internet-, Social-Media- und Fernsehsucht übertragen.

Ob jetzt die Kinder auf Social Media unterwegs sind, sich Sendungen ansehen oder Computerspiele spielen, macht für die mögliche Ausbildung einer Sucht keinen Unterschied. Und auch auf welchem Bildschirm diese Inhalte konsumiert werden, ist eher nebensächlich.

Die Sache mit den Endorphinen

Die Entstehung aller Mediensüchte dürfte auf ähnliche Weise funktionieren. Kurz gesagt: Während der Nutzung von Bildschirmmedien wird man ständig mit kleinen Anreizen belohnt, und dabei werden Endorphine (Glückshormone) ausgeschüttet. Zusätzlich wird der Neurotransmitter Dopamin, der unter anderem für Motivation und Antrieb verantwortlich ist, aktiv. Er bringt uns dazu, erneut den angenehmen Glückszustand erlangen zu wollen. Durch kleine, fast unmerkliche Trigger, wie erstaunlicherweise sogar die reine Anwesenheit von Smartphones, Spielekonsolen oder Fernsehern, wird Dopamin ausgeschüttet. Allerdings reicht das allein nicht aus, um die erhofften Glücksgefühle zu erlangen. Dazu braucht es wieder die positive Verstärkung durch die Benutzung des Mediums.

Beim Computerspielen zum Beispiel sind es die kleinen Erfolge während des Spielens, die durch akustische und visuelle Signale vermittelt werden. Gewinnt der Spieler oder die Spielerin am Schluss, werden ebenfalls Endorphine ausgeschüttet.

Auf den sozialen Medien sind dafür erfreuliche Kommentare und Likes verantwortlich, genauso wie unterhaltsame Kurzvideos, bei denen man im 30-Sekunden-Takt belohnt und gleich zum nächsten Video gesogen wird. Es kann richtig herausfordernd sein, diesen Video-Belohnungsprozess zu unterbrechen. Beim Fernsehen verhält es sich ähnlich. Ohne große Anstrengung kann man sich Filme und Serien ansehen, die durch lustige, spannende oder interessante Inhalte ebenfalls zu Endorphinausschüttung und einem angenehmen Gefühl führen.

Tiktok oder Gaming haben auch Vorteile

Soziale Medien wie Facebook, Instagram, Tiktok und Co helfen Kindern und Jugendlichen, sich zu vernetzen und soziale Kontakte zu knüpfen und zu stärken. Vor allem, wenn in der näheren physischen Umgebung wenig Menschen sind, mit denen sie sich verbunden fühlen. Das Posten von vielfältigen Fotos und Beiträgen kann auch eine Möglichkeit sein, sich kreativ auszuleben.

Beim Spielen von Videospielen stehen oft die sozialen Vorteile im Vordergrund. Durch das Spielen in Gruppen von Gleichgesinnten, mit denen man sich austauschen kann, wird das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit gestillt.

Medienkompetenz stärken

Sowohl beim Spielen, Internetsurfen als auch im Umgang mit den sozialen Medien ist ein bewusster und vor allem kompetenter Umgang wichtig. Diesen sollte man Kindern schon in frühen Jahren beibringen. Jede Familie sollte sich Gedanken über ihren Umgang mit Medien machen. Auch Eltern müssen ihr Verhalten hinsichtlich der eigenen Mediennutzung reflektieren, um geeignete Regeln im Umgang mit dieser festzulegen und umzusetzen. Junge Kinder sind dazu noch nicht in der Lage und brauchen vermehrt ihre Eltern zur Regulation und vor allem auch als Vorbilder.

Verbote haben in der Erziehung oftmals einen gegenteiligen Effekt, sodass das verbotene Objekt noch interessanter und begehrenswerter wirkt. Zusätzlich finden Kinder oft einen Weg, ihren Willen dann doch irgendwie durchzusetzen. Man denke an Zeiten, in denen das Kind allein zu Hause ist oder die es bei Freunden verbringt.

Sobald das Kind ein eigenes Smartphone hat, wird es noch schwerer Verbote durchzusetzen, weil die Kontrollierbarkeit noch weniger gegeben ist. Hier ist es vielmehr sinnvoll, schon früh auf Potenziale, aber auch Gefahren von neuen Medien aufmerksam zu machen und einen verantwortungsbewussten Umgang damit zu vermitteln.

Besser als Verbote einzusetzen ist es ohnehin Regeln aufzustellen und diese gut zu begründen.

Regeln statt Verbote

Wichtige Regeln im Umgang mit Medien umfassen die Nutzungsdauer und die Tageszeit der Nutzung. Die Medien sollten sich dem Familienleben unterordnen und nicht umgekehrt. Für eine bessere Übersicht, vor allen für jüngere Kinder, können die Zeiten auf einem Wochenplan eingetragen werden. Bewusstsein sollte auch über die Vielzahl an Bildschirmmedien herrschen, die im Haushalt zur Verfügung stehen, und die abgemachte Bildschirmmedienzeit sollte sich auf die Gesamtheit aller Bildschirmmedien beziehen.

Im Familienverband können auch Zeiten vereinbart werden, zu denen weder Eltern noch Kinder Bildschirmmedien nutzen dürfen. Etwa beim gemeinsamen Essen, damit mehr Raum für Gespräche und den alltäglichen Austausch zur Verfügung steht.

Eltern können auch gelegentlich mit den Kindern gemeinsam digitale Medien nutzen. Dadurch zeigen sie, dass sie sich für die Hobbys ihrer Kinder und damit auch für sie interessieren. Natürlich sollte darauf geachtet werden, dass die Medieninhalte auch dem Alter der Kinder entsprechen.

Hilfe holen

Die negativen Konsequenzen der Nutzung sollten ein Warnsignal für alle Eltern sein, unabhängig vom Alter der Kinder. Dazu gehören Kopfschmerzen, erhöhte Gereiztheit, Nervosität, Antriebslosigkeit, Vernachlässigung von bestehenden sozialen Kontakten, Verschlechterung der schulischen Leistungen und die ständige Beschäftigung mit dem Medium.

Verdrängt das Medium andere Interessen des Kindes, bemerken Bezugspersonen Stimmungsveränderungen oder beobachten sie weitere negative Konsequenzen, sollten sie rasch handeln und sich professionelle Hilfe holen. (Patricia Zaccarini, 12.12.2022)