Zahlreiche Frauen werfen der App aufgrund der oftmals sexistischen Darstellung Frauenfeindlichkeit vor.

Foto: Twitter/Brandee Barker

Basierend auf KI-Technologie kreiert die App Lensa künstlerische Porträts von Userinnen. Während die Bilder viral gehen, wird Kritik am Datenschutz der App und der Darstellung von Frauen laut, bedient sie sich doch – wie so viele künstliche Intelligenzen – alter Stereotype.

Plötzlicher Hype

Überall sind sie zu sehen: bunte Selfies in der Aufmachung digitaler Kunstwerke, die gerade sämtliche Social-Media-Kanäle fluten. Hinter dem Hype steht Lensa, eine Foto-Bearbeitungs-App, die mittels künstlicher Intelligenz Porträts der Userinnen erstellt.

Lensa gibt es bereits seit 2019, der große Erfolg blieb für die App bis vor kurzem aus. Seit der Erweiterung um ihr "Magic Avatar"-Feature vor einer Woche ist die Anwendung jedoch in aller Munde. Insgesamt zählt Lensa bereits mehr als zehn Millionen Downloads und führt auch in Österreich die App-Store-Charts an. Damit könnte Lensa sich als erste massentaugliche KI-App etablieren.

Kritik an der Technologie hinter Lensa

Die KI, die bei Lensa zum Einsatz kommt, basiert auf dem Open-Source-Tool "Stable Diffusion". Dieses ist online frei verfügbar und in der Lage, durch einfachen Text-Input oder eben durch das Hochladen von Selfies in kürzester Zeit digitale Bilder zu erstellen.

Damit dies möglich ist, wurde die KI im Vorhinein mit unzähligen Daten aus dem Netz trainiert. Darunter auch Werke von Künstlerinnen, die der Verwendung ihrer Arbeit in diesem Kontext nie zugestimmt haben. Lensa generiert nun also im Zweifelsfall Selfies, die dem Stil einzelner Künstlerinnen nachempfunden sind, ohne diese dafür zu entlohnen oder gar namentlich zu nennen. Durch den Hype, der mittlerweile rund um die App ausgebrochen ist, sorgt dies für Unmut in Künstlerinnenkreisen. "Diese KI stiehlt Kunstwerke von Künstlerinnen, die jahrelang in ihr Können investiert haben", schreibt etwa die Künstlerin Jenny Yokobori auf Twitter. Man solle den "seelenlosen Roboter" nicht freiwillig füttern.

Auch den Nutzerinnen der App ist offenbar nicht klar, wie heikel Gesichtsdaten sein können und es kein Zufall ist, dass es mittlerweile zahlreiche Apps gibt, die diese Daten dankend annehmen. So häufen sich auf den verschiedenen Plattformen bereits die Hinweise, man solle sich nicht wundern, wenn in den kommenden Jahren das eigene Gesicht als Datensatz für KI-Kunst genutzt wird.

Fragwürdige Darstellung

Ebenfalls ein großer Aufreger ist die fragwürdige Darstellung von Frauen, die meist mit körperbetonten Outfits und großer Oberweite gezeichnet werden. So wirft etwa die US-Aktivistin Brandee Barker der App vor, frauenfeindliche Bilder zu zeichnen, die eigentlich nur basierend auf dem Gesicht entworfen werden. Bei Männern hingegen werden oftmals hochgeschlossene Raumanzüge oder Ähnliches von der KI dargestellt.

Diese verzerrte Wahrnehmung durch Stereotype wird künstlicher Intelligenz immer wieder vorgeworfen. Man spricht auch von einem geschlechtsbezogenen Verzerrungseffekt, etwa wenn bestimmte Algorithmen Vorurteile von Menschen übernehmen, die sie geschaffen haben. Meist waren das in der Vergangenheit Männer, was die unterschiedlichen Darstellungen bei aktuellen Bild-KIs erklärt. Diese "Gender-Bias" hat in den letzten Jahren für mehrere Skandale gesorgt, etwa wenn Frauen durch einen KI-Prozess schlechtere Jobchancen erhalten haben oder geschlechtsneutrale Formulierungen oftmals von der KI zum Nachteil von Frauen ausgelegt wurden.

Aufgrund der anhaltenden Kritik an den Darstellungen, der undurchsichtigen Datenspeicherung und einem unübersichtlichen Abosystem stellt sich die Frage, ob der Hype von Lensa weiter anhalten wird. Aber egal wie es um die Langlebigkeit der App bestellt ist, es ist mit Sicherheit nicht die letzte App dieser Art, die in den nächsten Jahren für Diskussionen sorgen wird.

So funktioniert Lensa

Lensa ist sowohl für iOS als auch für Android in den entsprechenden App-Stores erhältlich. Der Download ist zwar gratis, die Features in der App allerdings sind es nicht. Je nach ausgewähltem Abo werden zwischen fünf und neun Euro für die generierten Selfies fällig. 50 sogenannte "Avatars", also fünf Abwandlungen von zehn Kunststilen, liegen bei circa fünf Euro. Wer die App kostenfrei ausprobieren möchte, hat die Möglichkeit, ein siebentägiges Probeabo abzuschließen und dieses vor Ablauf des Testzeitraums zu kündigen – allerdings muss auch hier für die Erstellung eines "Magic Avatar" zwischen drei und fünf Euro bezahlt werden.

Um einen solchen persönlichen Avatar zu erstellen, werden Userinnen aufgefordert zwischen zehn und 20 Selfies von sich hochzuladen, aus denen die Lensa-KI dann entsprechende Kunstwerke erstellt. Was schlussendlich mit den generierten Bildern geschieht, ist unklar und einer von vielen Kritikpunkten an der App. In den Datenschutzrichtlinien erklärt Lensa, dass der generierte Content nämlich nicht allein den Usern gehört, sondern Lensa selbst sich das Recht zur Weiterverwendung vorbehält. (Johanna Pauls, 9.12.2022)