Das bewahrt vor dem Kontakt mit deutschen Ausländerbehörden: ein deutscher Pass. Bömermann aber blickt doch hinter ihre verschlossenen Türen.

Foto: Screenshot ZDF Magazin Royale

Einen ganzen Adventkalender – in Deutschland: Adventskalender – voller Grausamkeiten und Schlampereien deutscher Ausländerbehörden öffnete TV-Satiriker Jan Böhmermann Freitagabend im letzten "ZDF Magazin Royale" des Jahres. Und er öffnet bis Weihnachten auf Instagram jeden Tag eine weitere Tür mit solchen Behördenbeispielen.

"Willkommensbehörde"

Fachkräfte lädt Wirtschaftsminister Robert Habeck per Werbevideo in zehnjähriger Kampagnentradition von "Make it in Germany" und interessantem Englisch nach Deutschland ein und liefert damit Böhmermanns kauderwelschenden Grundton für die Weihnachtsausgabe.

Schon aus 2015 stammt das Zitat "Ausländerbehörden auf dem Weg zu Willkommensbehörden" des Bundesinnenministeriums. Was die deutschen Ausländerbehörden daraus machen, das ist das Thema der Sendung. Hinter jedem Türchen des Adventkalenders ein Fall oder Misstand, den Böhmermanns Team und die Initiative "Frag den Staat" auch über Anfragen an Behörden zusammengetragen haben.

Nächtliche Abschiebung einer schwangeren Diabetikerin

Wie dieser Fall: Eine im dritten Monat schwangere Frau, wegen Diabetes in Spitalsbehandlung, wurde um Mitternacht von zehn Polizisten zur Abschiebung abgeholt. Die zuständige Behörde verweist auf einen vorherigen Anruf bei einer Ärztin, die der Frau ausreichende Gesundheit für eine Abschiebung attestiert habe – was das Spital auf Anfrage dementiert.

Kranke Menschen abschieben, das dürften die Behörden nicht. Suizidgefährdete übrigens sehr wohl – wenn sie auf dem Abschiebeflug von einem Arzt oder einer Ärztin begleitet werden.

Nordrhein-Westfalen empfiehlt seinen Ausländerbehörden, sich mit Hand- und Fußfesseln (Stahl) "als Führungs- und Einsatzmittel" auszustatten.

"Ich muss zum Ausländeramt. Ich habe etwas Angst."

Da findet Böhmermann nur schlüssig, dass in Deutschkursen für Anderssprachige eine Cartoonfigur sagt: "Ich muss zum Ausländeramt gehen. Ich habe etwas Angst."

Zurecht: Ein Mann aus dem Iran arbeitete bereits als Praktikant in einem Pflegeheim, den Arbeitsvertrag für eine bevorstehende feste Anstellung übermittelte er der zuständigen Ausländerbehörde in Passau. Die bat ihn vorbeizukommen, um Formalien zu klären und die Beschäftigung "direkt bei dem Termin einzutragen". Auf dem Amt allerdings warten bereits zwei Polizisten auf den Iraner, um ihn in Abschiebegewahrsam zu nehmen, schildert das "ZDF Magazin Royale".

Verschwundenes DIplom

Böhmermann zeigt ein Video von einem Gespräch in einer Hamburger Ausländerbehörde, nach seinen Angaben aufgenommen vor 17 Jahren. Ein Sachbearbeiter erklärt einer in Tränen ausbrechenden Klientin, dass er für ihre Abschiebung nur ein Dokument einer anderen Behörde besorgen müsste, was nur ein wenig dauern würde. Im Adventkalender findet sich dazu symbolisch und in Böhmermanns Worten: "ein kleinkariertes Arschloch".

Böhmermann zeigt Zettel, die nach seinen Angaben 2016 in einer Ausländerbehörde hingen – mit dem Bild einer Handgranate und dem Text "Beschwerdeabteilung, bitte eine Nummer ziehen" und eines mit dem Text "Wer hier meckert, wird erschossen."

Ein Universitätsdiplom – hier für Chemie – könnte eine Frau und ihre fünf Familienmitglieder vor einer Abschiebung bewahren. Doch das Dokument ging in einer Ausländerbehörde verloren, schildert die Satiresendung.

Mobiltelefone durchsucht

Die Berliner Ausländerbehörde habe Mobiltelefone von Menschen ohne Papiere durchsucht, auch mit einer Spionagesoftware. Das sei ohne richterliche Zustimmung möglich. "Menschen, die nach Deutschland kommen, haben weniger Rechte als mutmaßliche Straftäterinnen", staunt Böhmermann.

Eine geflüchtete Syrerin ohne Pass schildert, wie sie die Ausländerbehörde aufforderte, in die syrische Botschaft zu gehen, um einen neuen Pass zu beantragen. Die Behörde entscheide nach Ermessen, ob sie Menschen dafür in die Botschaften jener Länder schickt, aus denen sie geflohen sind – oder selbst ein Behelfsdokument ausstellt.

"Fiktionsbescheinigung"

Viele Ausländerbehörden seien – so Böhmermann – "so schlecht organisiert" oder überlastet, dass es Termine für die Verlängerung des Aufenthaltstitels erst nach dessen Ablauf gibt. Diesen Aufenthaltstitel braucht es, um einer Arbeit nachgehen zu können.

Als Überbrückung gebe es sogenannte "Fiktionsbescheinigungen", mit denen man vorübergehend in Deutschland bleiben kann. Aber die Formulare dafür gehen schon einmal aus, weil die Bundesdruckerei nicht mit der Produktion nachkommt.

Die übrigen 15 Türchen im Ausländerbehördenadventskalender öffnet Böhmermann nach der letzten TV-Folge des Jahres auf Instagram weiter. "Es geht munter weiter", verspricht der TV-Satiriker.

Frohe Weihnachten. (fid, 10.12.2022)