Premier Frank Bainimarama ringt um die Macht.

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Mehr als 692.000 der rund 900.000 Fidschianerinnen und Fidschianer sind registriert, um am Mittwoch ihre Stimme für die Wahl von 55 Parlamentsmitgliedern abzugeben. Die Bekanntgabe des Wahltermins vor ein paar Wochen durch die Regierung hatte monatelanges Warten und wachsende Kritik vonseiten der Opposition beendet. Premierminister Frank Bainimarama habe den Wahltermin mehrfach zurückgehalten, um seine Macht zu zementieren.

Sadhana Sen ist Beraterin einer Entwicklungsorganisation in Fidschi. Auf dem Papier sei ihr Land zwar eine Demokratie – mit Verfassung und Wahlen. "Wir haben aber kaum Meinungsfreiheit, die Medien werden kontrolliert, Versammlungsfreiheit gibt es nicht, und Gewerkschaften sind praktisch verschwunden", so Sen im Gespräch mit dem STANDARD. Auch die Denkfabrik Freedom House stuft Fidschi als "teilweise frei" ein.

"Quasi-Diktatur"

Nach 16 Jahren Regierung unter Premierminister Frank Bainimarama und seiner Partei Fiji First scheinen zumindest Teile des Voles genug zu haben von der "Quasi-Diktatur", wie einige flüstern. Offen darüber sprechen wollen nur wenige. Kritikern droht Gefängnis, manchmal sogar Gewalt. Die Macht des 68-Jährigen scheint allgegenwärtig.

Wenn Bainimarama sie nicht hat, so nimmt er sie sich. Wie im Jahr 2000. Der ehemalige Armeechef putschte damals gegen die Regierung in Suva, die selbst das Ergebnis eines Umsturzes durch fidschianische Nationalisten ein paar Tage vorher war. Doch das Land beruhigt sich nicht. 2006 rief Bainimarama erneut zum Umsturz und machte sich 2007 gleich selbst zum Premier. Erst 2014 führte er seine Partei Fiji First zu einem Wahlsieg und wurde so demokratisch gewählt. Vier Jahre später gewann er die Wahlen erneut.

Doch ob ihm das am Mittwoch wieder gelingen wird, ist nicht garantiert. Denn ihm steht ein ernstzunehmender Opponent gegenüber, mit dem er auf den ersten Blick viel gemeinsam hat: Sitiveni Rabuka ist ebenfalls Ex-Offizier und ebenfalls Ex-Putschist. Schon 1987 hatte er die Macht an sich gerissen, in gleich zwei Umstürzen. Auch er wurde schließlich Premierminister. Im Fall eines Sieges des 74-Jährigen dürfte seine Partei People’s Alliance Party mit anderen eine Koalitionsregierung bilden – Konsens statt Konflikt. Der starke Mann von damals habe sich neu erfunden, sagt die politische Beobachterin Sadhana Sen: "Rabuka ist heute eine Stimme der Mäßigung, ganz anders als 1987, als er sich den indigenen Fidschianern als Nationalist präsentierte".

Ethnische Spannungen

Der Konflikt zwischen den Urbewohnern und den wirtschaftlich dominierenden Nachkommen indischer Plantagenarbeiter ist in der fidschianischen Politik ein Schwelbrand. Er war bei den Staatsstreichen der führende Auslöser. Auch in diesem Wahlkampf spielt er mit. Bainimarama habe ethnische Fidschianer verärgert, weil unter seiner Regierung viele Arbeitsplätze an die Indo-Fidschianer gegangen seien, sagt Sen.

Gleichzeitig geht es vielen Menschen schlecht. Obwohl das Land eine vergleichsweise hochentwickelte Tourismusindustrie hat und auf Einkommen aus dem Export von Zucker, Textilien und Rohstoffen zählen kann, lebt bis zu ein Viertel der Bevölkerung in Armut. Laut Opposition hat sogar die Hälfte der Bevölkerung Mühe, Essen auf den Tisch zu bringen.

Bainimarama, immer kämpferisch, macht Covid-19 und die derzeit ungünstigen internationalen Handelsbedingungen für die Situation verantwortlich. Experten weisen aber darauf hin, dass der Ruf, eine wackelige Demokratie zu sein, Fidschis Glaubwürdigkeit auf dem internationalen Parkett untergrabe. Das habe Folgen für das Anlegervertrauen und damit für die wirtschaftliche Entwicklung.

Ob Bainimarama oder Rabuka – dass einer der beiden "harten Männer" Fidschis am Mittwoch der Verlierer sein wird, ist klar. Droht dem Land dann wieder ein Putsch? Die Expertin Sadhana Sen meint, dass die beiden Politiker in ihren jeweiligen Kreisen wie Helden verehrt würden. Und das erfüllt sie mit Sorge: "Fidschi hat jedenfalls seine Lektion nicht gelernt, wenn es darum geht zu erkennen, welchen Schaden solche illegalen Machtübernahmen anrichten." (Urs Wälterlin, 12.12.2022)