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Sie servieren jeden Orangensaft mit einem Lächeln, werden nicht müde, Beschwerden über lärmende Kinder oder klemmende Rückenlehnen entgegenzunehmen und ringen sich auch dann zähneknirschend Freundlichkeit ab, wenn Gäste sie als "Schätzchen" ansprechen. In den 1980er-Jahren wählte die US-amerikanische Soziologin Arlie R. Hochschild unter anderem Flugbegleiterinnen, um das Konzept der emotionalen Arbeit zu skizzieren. Stewardessen – lange Zeit fast ausschließlich Frauen – verkörperten zu dieser Zeit das Serviceversprechen von Fluglinien, die ihr Servicepersonal auch von Werbeplakaten lächeln ließen. Dass es enorme Anstrengungen kostet, die eigenen Emotionen zu kontrollieren und immerzu verständnisvoll auf die Bedürfnisse anderer einzugehen, blieb jedoch unsichtbar. Für Dienstleister:innen, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind, potenziert sich diese Anstrengung entsprechend. Etwa wenn Kellnerinnen rassistische oder transfeindliche Kommentare einfach weglächeln müssen.

Lächeln statt brüllen

Noch immer wird emotionaler Arbeit viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, kritisieren Feminist:innen. Sie ist eine Arbeit, die Frauen ganz selbstverständlich abverlangt wird. Etwa im weiblich dominierten Dienstleistungssektor, wo emotionale Arbeit untrennbar mit der Lohnarbeit verbunden ist, aber auch im Büro- oder Geschäftsalltag, wo Frauen oft die "Extra-Meile" gehen müssen. Einen Geburtstagskalender für die Bürokolleg:innen anlegen? Für klärende Gespräche sorgen, wenn dicke Luft herrscht? Wichtigen Kund:innen besonders freundlich begegnen und den Smalltalk am Laufen halten? All das wird von Frauen geradezu erwartet, während ihre männlichen Kollegen sich in der Regel bequem zurücklehnen können. Frauen können das eben besser, so die weitverbreitete Annahme, die sich aus hartnäckigen Geschlechterstereotypen speist. Schon im Kleinkindalter werden Mädchen darauf getrimmt, auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen und zu lächeln, statt zu brüllen.

Anstrengende Urlaube

Eine essenziell weibliche Tätigkeit also, die gesellschaftlich wie die Care-Arbeit insgesamt wenig Anerkennung erfährt und auch schlechter entlohnt wird. Feminist:innen weiteten den Begriff der emotionalen Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend auf die private Sphäre aus. Denn auch dort wird eine Unmenge emotionaler Beziehungsarbeit geleistet. Festtage oder Urlaube fallen für Frauen oft ungleich anstrengender aus: Sie sind es, die die Wünsche und Erwartungen aller in Einklang zu bringen versuchen, geduldig Streits schlichten und die eigenen Bedürfnisse hintanstellen. Selbst wenn es ihnen gelingt, Aufgaben umzuverteilen, bleibt oft das nagende Gefühl der Verantwortlichkeit. Fürsorgliche Väter ernten schließlich oft entzückte Blicke, während jegliches Versagen in der emotionalen Beziehungsarbeit den Frauen in die Schuhe geschoben wird.

Feministinnen fordern daher sowohl im Privaten als auch im Erwerbsleben nicht nur eine Umverteilung, sondern auch eine Aufwertung der emotionalen Arbeit. Ohne Fürsorgearbeit funktioniert Gesellschaft schließlich nicht – um das zu verdeutlichen, braucht es nicht erst eine Pandemie. (Brigitte Theißl, 13.12.2022)