Nun sind auch die Wiener Flachländerinnen und Flachländer mit ihm in Berührung gekommen: dem Schnee. Eine sogenannte Schauerstraße aus dem Waldviertel hat in der Nacht auf Montag eine bis zu zwei Zentimeter dicke Decke dagelassen. Das ist in der Bundeshauptstadt durchaus ein Grund, aufgeregt zu sein. Sowohl in der raunzig-grantelnden als auch in der freudig-euphorischen Ausprägung, versteht sich.

Mit dem Datum des ersten nennenswerten Schneefalls ist eine der zentralen Fragen des Wiener Winters geklärt. Mit Blick auf den nahenden 24. Dezember stellt sich allerdings bereits die nächste ein: Wird es weiße Weihnachten geben?

Kaiserliches Winterwetter: Eine (fast) durchgehende Schneedecke im barocken Park von Schloss Schönbrunn ist durchaus eine Seltenheit. Nachschub könnte bereits am Freitag kommen.
Foto: Regine Hendrich

Die Voraussetzungen dafür könnten eindeutig schlechter sein. Denn: Laut Prognose bleibt es diese Woche in ganz Österreich frostig, selbst im Flachland gehen die Temperaturen über Nacht in den Minusbereich zurück. Ab der Wochenmitte kündigt sich von Westen her eine unangenehme und gefährlich Begleiterscheinung der Kälte an: gefrierender Regen. Er dürfte Donnerstagfrüh Wien erreichen.

Am Freitag könnte schließlich wieder verbreitet Schnee ins Haus stehen – in der Bundeshauptstadt sogar ein bis fünf Zentimeter. Ob dem tatsächlich so sein wird, sei aber noch unsicher, weil die Bahn des verantwortlichen Tiefs noch nicht fix sei, sagt Meteorologe Michele Salmi vom privaten Wetterdienst Ubimet im Gespräch mit dem STANDARD.

Mehr als eine Mär

Die Schneefälle vom vergangenen Wochenende (und das etwaige Plus am kommenden) bilden laut Salmi jedenfalls die Grundlage für weiße Weihnachten in Lagen oberhalb von 1000 Metern: "Da schaut es gut aus." Zwar würden die Modelle zeigen, dass nächste Woche wieder eine mildere Phase anstehe – womöglich mit Plusgraden auch in höheren Lagen. Aber: Die dort gefallenen Mengen würden nicht binnen weniger Tage wegschmelzen.

Bedeute das im Umkehrschluss, dass der bloß angezuckerten Ebene grüne Weihnachten bevorstehen? Salmi gibt die Hoffnung (noch) nicht auf: "Was mittlere und tiefe Lagen betrifft, muss man noch abwarten."

Suchbild: Wo beginnen Schnee bzw. Hund?
Foto: Regine Hendrich

Ein Heiliger Abend ohne Schnee wäre in Wien jedenfalls keine Ausnahme: Insgesamt seien weiße Weihnachten in der Bundeshauptstadt immer relativ selten gewesen, sagt Salmi. Um eine bloße Mär handelt es sich allerdings auch nicht, wie ein Blick auf Langzeitmittelwerte zeigt. In den 1980er- und 1990er-Jahren habe es in Wien am 24. Dezember im Schnitt binnen zehn Jahren einmal geschneit. Ab 2000 wurde die Chance geringer: "Da gab es nur noch einmal in zwanzig Jahren weiße Weihnachten."

In anderen Landeshauptstädten seien die Zahlen "noch dramatischer", sagt Salmi. Waren etwa den Innsbruckerinnen und Innsbruckern bis in die 1990er-Jahre im Schnitt fünf bis sechs weiße Weihnachten binnen 20 Jahren vergönnt, sind es heute nur noch zwei bis drei.

Erderwärmung als Ursache

Der Meteorologe gibt zu bedenken, dass sich diese Überlegungen um einen einzigen Tag im Jahr drehen: "Da spielt der Zufall doch eine Rolle." Grundsätzlich gelte aber, dass die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten aufgrund des Klimawandels rückläufig sei.

Angezuckert: Ein Wiener Schanigarten mit seiner weißen Haube.
Foto: Regine Hendrich

Dabei kommen zwei Aspekte zusammen: Erstens sei es in tiefen Lagen schwieriger geworden, überhaupt Niederschlag in Form von Schnee zu erleben – und zweitens, dass eine etwaige Schneedecke erhalten bleibe. Zurückzuführen sei das auf den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um ein Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit.

Bleibt noch die Frage nach der Lawinengefahr. Diese sei vor allem in mittleren und höheren Lagen, besonders in den Ötztaler Alpen und in den Tauern, gegeben, sagt Salmi. Es herrsche Lawinenwarnstufe drei von fünf, sie gilt als die tückischste. Für Wien ist das naturgemäß kein Thema: Dort drohen, wenn es wärmer wird, höchstens Dachlawinen.

Kaiserliches Winterwetter: Eine durchgehende Schneedecke im barocken Park von Schloss Schönbrunn ist durchaus eine Seltenheit. Nachschub könnte bereits am Freitag kommen. (Stefanie Rachbauer, 12.12.2022)