Eine mit solchen "Lemuren" vergleichbare Skulptur von Franz West war jetzt Gegenstand einer Schadensersatzklage.

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Wien – Ein Galerist und Kunsthändler ist am Dienstag im Zusammenhang mit einer Metallskulptur von Franz West vom Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen schweren Betrugs schuldig erkannt worden. Ein Schöffensenat verurteilte den bisher Unbescholtenen zu 14 Monaten bedingter Haft und zur Zahlung von 220.000 Euro binnen 14 Tagen an das am Vermögen geschädigte Palais Kinsky. Der Kunsthändler nahm das Urteil ebenso an wie die Staatsanwältin. Die Entscheidung ist daher rechtskräftig.

Der Mann hatte den gerichtlichen Feststellungen zufolge im Sommer 2020 in Täuschungs- und Schädigungsabsicht das Kunstwerk "Lemure" dem Auktionshaus herausgelockt und dabei insofern eine falsche Überweisungsbestätigung vorgelegt, als die vorgeblich transferierten 30.000 Euro "bis heute nicht angekommen sind", wie der vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung feststellte. "Ihr Konto war nicht gedeckt", beschied er dem Kunsthändler. Dessen ungeachtet habe dieser wiederholt per E-Mail auf Herausgabe der "Lemure" gedrängt und vorgegeben, weitere 340.000 Euro würden überwiesen, sobald die Skulptur in der Schweiz sei.

Transport in die Schweiz

Verteidiger Markus Machan hatte zu Beginn der Verhandlung von einer "echten Überweisungsbestätigung" gesprochen, welche "leider nicht durchgeführt werden konnte". Seinen Mandanten und das Auktionshaus hätte eine längere Geschäftsbeziehung verbunden, dieser habe immer wieder Kunstwerke – darunter auch die "Lemure" – zur Versteigerung eingebracht und seinerzeit sogar 1,1 Millionen Euro an Vorschussleistungen für Auktionen und Referenzprojekte zugestanden bekommen.

Die Auktionen hätten für den Kunsthändler dann aber viel geringere Erlöse als erwünscht beziehungsweise angenommen erzielt, führte Machan aus: "Das war für ihn völlig unverständlich." Der Angeklagte sei daher zur Überzeugung gelangt, er könne in Eigenregie für die "Lemure" in der Schweiz einen besseren Preis erzielen. Eine langjährige Kundin des Kunsthändlers habe diese unbedingt haben wollen.

Das renommierte Wiener Auktionshaus pochte allerdings darauf, man werde die Skulptur – wie vereinbart – selbst an den Mann beziehungsweise die Frau bringen. Daraufhin machte der Kunsthändler dem Palais Kinsky laut Anklage vor, er habe für die Ausfolgung der "Lemure" bereits 30.000 Euro überwiesen. Die weiteren 340.000 Euro seien bereits auf seinem Konto.

Palais Kinsky klagte auf Schadenersatz

Tatsächlich lieferte am 10. September 2020 eine Spedition die "Lemure" in die Schweiz – der vom Angeklagten übermittelte Überweisungsbeleg hinsichtlich der 30.000 Euro stellte sich laut Staatsanwältin allerdings als gefälscht heraus. Und auf die versprochenen 340.000 wartete man im Palais Kinsky vergeblich. Das Auktionshaus brachte daher schließlich eine zivilrechtliche Klage beim Handelsgericht Wien auf Schadenersatz ein. Der Kunsthändler versprach eine außergerichtliche Lösung, wofür ein Werk von Sigmar Polke ("Ohne Titel") veräußert wurde, das 122.180 Euro und damit weit weniger als den Schätzwert von 150.000 Euro und die vom Angeklagten erwarteten 475.000 Euro einbrachte.

Der Mann einigte sich schließlich mit dem Palais Kinsky auf einen außergerichtlichen Vergleich, in dem er sich zur Zahlung von 247.000 Euro und zur Übernahme der Kosten verpflichtete. Diese Zahlungsverpflichtung konnte er allerdings nicht mehr bedienen, weil er – seiner Darstellung zufolge infolge der Corona-Pandemie und ausgefallener Veranstaltungen – mit seinem Betrieb in die Insolvenz schlitterte, sodass er am Ende vor dem Strafgericht landete. Das Palais Kinsky schloss sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an – und bekam immerhin 220.000 Euro zugesprochen. Vom angerichteten Schaden von 370.000 Euro – dem Wert der West-Skulptur – wurde vom Gericht der Schätzwert des Polke-Werks abgezogen, dessen Veräußerungserlös dem Auktionshaus zufloss. (APA, 13.12.2022)