Auch Ursula von der Leyen nahm an der Konferenz teil.

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Der Kälteeinbruch in Europa hat auch sein Gutes: Jetzt kann man sich im Westen besser vorstellen, wie es ist, den Winter ohne geheizte Wohnung zu beginnen. Diese Botschaft vermittelte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj via Videoschaltung aus Kiew am Dienstag an die Adresse von 70 Delegationen der Pariser "Solidaritätskonferenz".

Millionen seiner Landsleute seien ohne Strom, zahllose Kleinfirmen oder Krankenhäuser funktionierten nur noch mit Generatoren. Die seien ebenso nötig wie Panzerfahrzeuge oder Schutzwesten, führte Selenskyj aus. Er wurde konkret: 800 Millionen Euro seien erforderlich, wenn seine Landsleute nicht erfrieren oder im Dunkel überwintern sollten. Der Betrag kam zusammen: Nach französischen Angaben beliefen sich die Zusagen auf 1,05 Milliarden Euro. Der französische Konferenzgastgeber Emmanuel Macron entrichtet davon 47 Millionen Euro, die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock 50 Millionen.

Der österreichische Finanz-Staatssekretär Florian Tursky erklärte, sein Land konzentriere sich auf die Lieferung von Generatoren. Für die Ausstattung mehrerer Gesundheitseinrichtungen versuche man 600 Millionen Euro zu mobilisieren. Bisher habe Österreich die Ukraine mit 113 Millionen Euro unterstützt.

500 französische Firmen, die Macron am Dienstagnachmittag zu einer zweiten, bilateralen Konferenz vereinigte, verpflichten sich zu Reparaturarbeiten namentlich im Tiefbau oder dem Energiebereich. Selenskyj sagte, sein Land brauche zum Beispiel auch ganze Gasturbinen, um die Stromwerke wieder in Betrieb nehmen zu können. Damit die Russen diese repartierten Stationen nicht wieder zerstören können, bat sein Premierminister Denys Schmyhal um zusätzliche Waffen für die Luftabwehr.

Zentrale Stelle

Für die Vermittlung der Sachspenden schafft die EU in Brüssel eine zentrale Koordinierungsstelle. Wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, soll diese Plattform schon in den nächsten Tagen operativ sein und Hilfsgüter weiterleiten.

Der an den Tag gelegte Elan für die dringende Winterhilfe wurde in Paris klar getrennt von der längerfristigen Wiederaufbauhilfe des verwüsteten Landes. Sie stellt eine andere Dimension dar: Die französische Osteuropa-Beraterin Annie Daubenton bezifferte diese Kosten auf 350 Milliarden Euro. Wer dafür aufzukommen hat, ist noch nicht einmal im Ansatz diskutiert.

Macron gab nur indirekt eine Antwort, indem er die russischen Besatzer bei einem Presseauftritt scharf angriff. Unter Zivilisten "Terror zu säen", könne "nicht ungesühnt" bleiben, erklärte er.

Dass er gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin so deutliche Worte wählte, erscheint wie die Korrektur seiner jüngsten und sehr umstrittenen Aussage. Macron hatte befunden, Putin brauche "Sicherheitsgarantien", da ihn westliche Waffen "bedrohten". In Paris hagelte es darauf Vorwürfe, Macron mache sich die Positionen des Aggressors zu eigen. (Stefan Brändle aus Paris, 13.12.2022)