Einige der neu entdeckten und nachträglich sichtbarer gemachten Geoglyphen samt Nummerierung durch die Forscher.
Foto: Universität Yamagata / Reuters

Während einige alte Zivilisationen schriftliche Zeugnisse oder verfallene Tempel hinterlassen haben, sind die mysteriösen Geoglyphen das Auffälligste, was von der lange verschollenen Nazca-Kultur in Peru übrig blieb. Als diese Nazca-Linien 1994 in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen wurden, waren nur einige Dutzend 30 der zum Teil riesigen Bodenradierungen in der Wüstenlandschaft südlich von Lima bekannt.

Bereits 2019 und 2020 entdeckt

Mittlerweile sind es jenseits der 1.000 – doch damit ist noch lange nicht Schluss: Japanische Archäologen um Masato Sakai haben nun die Entdeckung weiterer 168 Geoglyphen bekanntgegeben.

Eine doppelgesichtige Geoglyphe, die ein Team der japanischen Universität Yamagata bereits vor ihren nun präsentierten Funden entdeckt hatte. Zum Teil wurden die Linien durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz aufgespürt.
Foto: Universität Yamagata

Die neu identifizierten Kunstwerke wurden von Forschern der japanischen Universität Yamagata gemeinsam mit dem Peruanischen Archäologen Jorge Olano bereits zwischen Juni 2019 und Februar 2020 aufgespürt – aber erst jetzt per Pressemeldung veröffentlicht. Mithilfe von Drohnen und anderer Luftbildtechniken sowie mit künstlicher Intelligenz kartografierte das Team bisher unbekannte Geoglyphen, die unter anderem Menschen, Schlangen, Katzen, Killerwale, Vögel und Kamele darstellen.

Eine der rätselhafteren und größeren Figuren, die nun entdeckt wurden.
Foto: Universität Yamagata / Reuters

Alle Bilder werden der Nazca-Kultur zugeschrieben und stammen vermutlich aus dem Zeitraum zwischen 100 vor unserer Zeitrechnung und 300 danach. Es wird jedoch angenommen, dass die lokale Tradition der Landschaftskunst bereits einige Jahrhunderte früher begonnen hat. Eine Reihe bereits identifizierter Geoglyphen – darunter eine Riesenkatze – stammen von der Paracas-Kultur, die der Nazca-Zivilisation vorausging und deren Vertreter etwa um das Jahr 500 vor unserer Zeitrechnung begannen, riesige Figuren in die Landschaft zu gravieren.

Ein präkolumbisches Spaghettimonster?

Geklärte Herstellung, ungeklärter Zweck

Bekannt ist immerhin, wie die Kunstwerke zustande kamen: Die Linien wurden im Boden fixiert, indem dunkle Felsen und Kieselsteine entfernt wurden und eine weiße Sandschicht darunter zum Vorschein kam. Zum Glück für die Archäologie ist diese Schicht reich an Kalk, der die Geoglyphen wetterfest gemacht und sie zwei Jahrtausende lang vor Erosion geschützt hat. Sowohl die Paracas- als auch die Nazca-Kultur waren eifrige Hersteller dieser Zeichnungen, von denen einige bis zu 50 Meter lang sind und nur aus der Luft in ihrer Gesamtheit gesehen werden können.

Von den 168 kürzlich entdeckten Geoglyphen sind alle bis auf fünf relativ klein und wurden auf diesen alten Wanderwegen gefunden. Unter den identifizierten Figuren befand sich unter anderem auch ein etwa sechs Meter großer Mensch mit Bobfrisur und Bart, der auch aus einem Comic des 20. Jahrhunderts stammen könnte:

Foto: Universität Yamagata

Die kleineren Figuren – die etwa fünf Meter lang sind – dienten möglicherweise als Orientierungspunkte oder Wegweiser für Wüstenreisende. Über den Zweck der großen Geoglyphen, die vom Boden aus nicht sichtbar sind, wird weiterhin gerätselt. Vermutet wird, dass sie entweder zur "Kommunikation" mit Gottheiten oder für astronomische Rituale geschaffen wurden.

Weitere Linien werden vermutet

Die japanischen Forscher gehen davon aus, dass wahrscheinlich noch zahllose weitere Nazca-Linien, die über die Wüste verstreut sind, auf ihre Wiederentdeckung warten. Die Archäologen planen daher, das gesamte Gebiet auf der Suche nach den verbleibenden Geoglyphen abzusuchen und dabei künstliche Intelligenz einzusetzen, um verblasste Figuren zu identifizieren. (red, tasch, 14.12.2022)