Elon Musk verbreitet auf Twitter Verschwörungstheorien und liebäugelt mit QAnon – diese Zeit könnte er auch sinnvoller einsetzen.

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Elon Musk hatte große Pläne. Nachdem er gemeinsam mit Partnern das Bezahlen im Internet revolutioniert, sich bei Tesla zum Gründer erklärt und mit seinem Weltraumunternehmen die Nasa als Kunden gewonnen hatte, gab sich der umtriebige Unternehmer nicht zufrieden. Auf der Erde sollten seine Elektroautos und der Hyperloop zur Lösung von Verkehrs- und Klimaproblemen beitragen, während die Menschheit den Mars kolonisiert und somit zu einer multiplanetaren Spezies avanciert, die über Gehirnimplantate kommuniziert.

Dann kam alles anders. Zu den bisherigen Teilzeitjobs kam ein weiterer hinzu, Musk besorgte sich ein Waschbecken und spazierte damit in sein neues Büro bei Twitter. Er setzte Personal und Führungskräfte vor die Tür, holte einst gesperrte Rechtsextreme wieder auf die Plattform und fährt einen Zickzackkurs bei Themen wie Moderation und Verifizierung. Vor allem aber verbringt er verdammt viel Zeit auf der Plattform per se.

Zeitfresser Twitter

Dort twittert er mehrmals am Tag Einzeiler und Memes, die – gelinde gesagt – von äußerst zweifelhaftem Inhalt sind. So wurde durch Falschbehauptungen Musks ein homophober Shitstorm gegen Twitters ehemaligen Sicherheitschef losgetreten. Zuvor hatte er Fake News über Paul Pelosi verbreitet. Mit seinem Posting "Meine Pronomen lauten Fauci/Verklagen" schaffte er es, in fünf Worten nicht nur Transgender- und nonbinäre Personen sowie den medizinischen Chefberater der US-Regierung zu beleidigen, sondern auch das rechtsextreme Spektrum weiter für sich zu gewinnen, welches eine Verschwörung rund um Anthony Fauci ortet.

Mit dieser Community kommuniziert er aktiv, ebenso wie mit der Linken, in Form diverser Tweets. Das alles kostet Zeit und Energie – und während Musk twittert, rasselt Teslas Aktienkurs in den Keller. Der einst reichste Mensch der Welt ist es nicht mehr, die Evolution der menschlichen Spezies muss warten.

Von Wien bis San Francisco

Ortswechsel nach Wien: Ich habe Feierabend, die Kinder sind im Bett. Zwar habe ich nicht ganz so große Pläne wie Musk, aber auch ich könnte jetzt das Urlaubsvideo schneiden oder den Keller ausmalen. Mache ich aber nicht. Stattdessen liege ich auf dem Sofa und scrolle durch den Twitter-Feed wie durch eine Slot-Machine. Verschwende dort meine Zeit.

Vielleicht müssen wir Musk dankbar sein, weil er der Menschheit einen größeren Dienst erweist, als wir lange wahrhaben wollten: uns zu zeigen, was für eine unglaubliche Zeitverschwendung dieser ganze Zirkus eigentlich ist. (Stefan Mey, 15.12.2022)