Ein generelles Rauchverbot hält die Regierung nicht für sinnvoll. Doch an manchen Orten soll nicht mehr gequalmt werden dürfen.

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Österreich ist eine Nation vieler Raucherinnen und Raucher. Jeder fünfte Mensch über 15 Jahren greift hierzulande täglich zur Zigarette, das zeigen die Zahlen der Statistik Austria von 2019. Fast sechs Prozent der Österreicherinnen und Österreicher rauchen zudem gelegentlich. Dem – und dem Passivrauchen – wollte die Politik vor ein paar Jahren etwas entgegensetzen. Seit November 2019 ist das Rauchen in Innenräumen der heimischen Gastronomie verboten. Aktuell wird im grünen Gesundheitsministerium an weiteren Einschränkungen gearbeitet, wie DER STANDARD erfuhr.

Eine Novelle des Tabak- und Nichtraucherschutzgesetzes befindet sich derzeit "in finaler Abstimmung", heißt es aus dem Ressort von Johannes Rauch (Grüne). Darin sei unter anderem eine österreichweite Ausweitung des Rauchverbots auf "zusätzliche öffentliche Orte im Freien" wie etwa "Kinderspielplätze und Freizeitflächen für Kinder und Jugendliche" vorgesehen. Außerdem soll das bereits bestehende Rauchverbot in Autos, wenn sich Kinder im Fahrzeug befinden, dahingehend ausgebaut werden, dass der Lenker das Verbot "kontrollieren" müsse. Anfang 2023 werde die Novelle in Begutachtung gehen.

Nikotinbeutel im Fokus

Vorgesehen ist darüber hinaus eine Regelung für sogenannte Nikotinbeutel – das sind kleine Päckchen, die unter die Oberlippe geschoben werden und dort Nikotin abgeben. Anders als der skandinavische "Snus", ein inzwischen verbotener Lutschtabak, erhalten die Beutel keinen Tabak. Sie sind mit Pflanzenfasern und Aromen gefüllt, aber eben auch nikotinhaltig und bei Jugendlichen beliebt. Auch hier soll es zu Einschränkungen kommen.

International wurde die Debatte übers Rauchen gerade von einem Inselstaat im südlichen Pazifik angefacht. Neuseeland hat ein konsequentes Gesetz verabschiedet, das ein lebenslanges Rauchverbot für Jugendliche vorsieht. Konkret darf an niemanden mehr Tabak verkauft werden, der nach 2008 geboren wurde. Das Mindestalter für den Zigarettenkauf steigt somit kontinuierlich an. Theoretisch müsste jemand, der in 50 Jahren Tabak kaufen will, mindestens 63 Jahre alt sein. Wobei die politische Idee dahinter natürlich eine andere ist: Das Land soll rauchfrei werden. In den neuseeländischen Gesundheitsbehörden lautet die Hoffnung, dass das bereits bis 2025 gelingt.

Generelles Verbot unbeliebt

So schnell könnte es in Österreich wohl gar nicht gehen – aber ist der Weg zumindest als Vision auch hierzulande vorstellbar? Wäre das überhaupt gewollt? DER STANDARD hat sich in den Parteien umgehört.

  • ÖVP Die Volkspartei hält sich eher bedeckt. Grundsätzlich sei es "ein wichtiges präventives Ziel", den Einstieg in den Tabakkonsum bereits in jungen Jahren zu verhindern. Neuseeland gehe einen "speziellen Weg, dessen Umsetzung und Wirkung man genau verfolgen wird", heißt es auf Nachfrage aus dem Parlamentsklub.

  • Grüne Im Gesundheitsministerium ist die Position zum neuseeländischen Vorstoß unmissverständlich: "Ein generelles Verbot des Verkaufs von Zigaretten ab einem bestimmten Geburtsjahr steht in Österreich derzeit nicht zur Debatte", wird ausgerichtet. Begründet wird das auch damit, dass sich Österreich als Binnenland in einer ganz anderen Situation befinde als der Inselstaat: "Ein Alleingang innerhalb der EU mit ihren offenen Grenzen wäre begrenzt sinnvoll", heißt es aus dem Ministerium.

  • SPÖ Die Sozialdemokraten lehnen ein absolutes Rauchverbot wie in Neuseeland ab. Es würden zwischen einem generellen Verbot und der "Untätigkeit der Bundesregierung im Bereich der Prävention" dennoch "Welten an Potenzialen" liegen, sagt der SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. Ein gänzliches Verbot könne auch negative Folgen haben, merkt der Sozialdemokrat an. Er denke dabei etwa an die Prohibition in den USA. Jedoch brauche es "einen gesamtheitlicheren Blick, wenn es um Präventionsstrategien geht". Besorgniserregend seien gerade Nikotinbeutel, die Schätzungen zufolge von 25 Prozent aller Jugendlichen zumindest schon einmal probiert worden seinen. In Deutschland sind die Beutel bereits verboten.
  • FPÖ Es war ein langer Kampf, bis Raucherbereiche in Gastronomiebetrieben 2019 verboten wurden. Keine Partei setzte sich so vehement für Raucher ein wie die Freiheitlichen. Vor wenigen Monaten rief Konsumentenschutzsprecher Peter Wurm (FPÖ) sogar dazu auf, das bestehende Verbot aufzuheben. Für eine Stellungnahme zur aktuellen Debatte war in der FPÖ niemand erreichbar.
  • Neos Aus dem Neos-Parlamentsklub heißt es, dass ein generelles Rauchverbot aus liberaler Sicht abzulehnen sei. Reine Verbote ohne Bewusstsein für Suchtpolitik seien nie wirksam. Viel mehr brauche es eine Debatte über psychischen Gesundheit, Suchterkrankungen und Suchtmittel.

Und wie stehen die Kritiker in Neuseeland zu der Regelung? Manche, wie etwa Vertreter der rechtskonservativen Partei ACT, bezeichnen den Vorstoß als "Prohibition" – auf Kosten kleiner Tabakverkäufer. Profitieren würde demnach vor allem der Schwarzmarkt. (Muzayen Al-Youssef, Katharina Mittelstaedt, 14.12.2022)