Wenn man sich die in Österreich schon lange üblichen oder neuerdings hinzugekommenen Weihnachtsbräuche ansieht, stellt man rasch fest, dass diese ohne ein gewisses Maß an elterlicher Flunkerei kaum zu zelebrieren wären. Will man seinem Kind den Zauber dieser Zeit vermitteln, kommt man fast nicht umhin, das eine oder andere Märchen zu erzählen, um den Auftritt der dazugehörigen Protagonistinnen und Protagonisten für die Kleinen plausibel zu machen.

"Und das alles hat das Christkind GANZ ALLEINE gemacht?!"
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Traditionen, die auf Lügen basieren

Der Nikolo kommt am 6. Dezember zu jedem Haus, klopft an und ist bereits wieder verschwunden, bevor das Kind die Tür geöffnet und den Sack hereingeholt hat, den der geheimnisvolle Besucher hinterlassen hat. Ein Wichtel kündigt im Advent seine Ankunft in der Familienwohnung an, errichtet dort eines Nachts eine Tür in der Wand, die man niemals öffnen darf, und hinterlässt den Kindern, während diese schlafen, über Wochen kleine Briefe und Geschenke, bis er eines Tages so mysteriös wieder verschwindet, wie er gekommen ist.

Und am 24. Dezember hat das Christkind, dem man vorab einen sehnsüchtigen Brief voller Weihnachtswünsche geschrieben hat, seinen großen Auftritt. Es schleppt nicht nur ganz alleine den schweren Christbaum und die Geschenke ins Haus, sondern putzt das gute Stück auf, arrangiert sämtliche Packerln darunter und zündet die Kerzen an, bevor es final mit einem Glöckchen läutet und bereits wieder fortgeflogen ist, wenn die Kinder zur Bescherung ins Weihnachtszimmer dürfen. So oder ähnlich sehen die Geschichten aus, die in der Weihnachtszeit für eine gewisse Magie sorgen, Kinderaugen zum Leuchten bringen und den Eltern einiges an Findigkeit und Organisation abverlangen. Dass einige Ungereimtheiten meist trotzdem bleiben, muss man dabei wohl in Kauf nehmen. Doch ist diese weihnachtliche Flunkerei wirklich alternativlos?

Sobald man Kinder hat, muss man als Mama und Papa die Entscheidung treffen, ob und inwiefern man diese Inszenierungen für den Nachwuchs mitmachen will, die zwar für viel Freude sorgen, aber auch jede Menge Stress bedeuten können. Vielleicht stellt man für sich selbst fest, dass es zur eigenen Familienkultur gar nicht passt, an dem festzuhalten, womit man selbst aufgewachsen ist. Manche Eltern haben sich bewusst dafür entschieden, zu ihren Kindern grundsätzlich ehrlich zu sein, egal wie unbequem das im Alltag auch sein möge – und dabei auch keine Ausnahme zu machen, wenn es um Christkind, Nikolo, Osterhase und Co geht. Dass Kinder deshalb den Zauber der Weihnachtszeit gar nicht erleben würden, muss nicht die logische Konsequenz dieser Entscheidung sein.

Wie sehen Sie das?

Wie geht es Ihnen mit Christkind, Nikolo und Weihnachtswichteln – und was erzählen Sie Ihren Kindern darüber? Finden Sie es in Ordnung, sie zugunsten weihnachtlicher Traditionen anzuflunkern? Versuchen Sie generell, dem Nachwuchs gegenüber immer ehrlich zu sein, oder finden Sie Notlügen in manchen Situationen auch zulässig? Und wie haben Sie damals oder Ihr Kind heute herausgefunden, dass es das Christkind gar nicht gibt? Erzählen Sie im Forum! (Daniela Herger, 20.12.2022)