Charlene Ruto, Tochter von Kenias Präsident, tritt mit offiziell wirkendem Titel an. Doch das "Büro der First Daughter" gibt es gar nicht.

Foto: Twitter / Charlene Ruto

Nairobi – Der Kampf gegen die Dynastien – er ist William Ruto, Kenias neuem Präsidenten, ganz besonders wichtig. Lauthals warnte er im Wahlkampf, das Land könne zum Eigentum einiger weniger Familien werden. Damals ging es darum, seine Gegner zu diskreditieren: Gegenkandidat Raila Odinga ist der Sohn des ehemaligen Vizepräsidenten Oginga Odinga. Rutos Vorgänger als Präsident, Uhuru Kenyatta, der Odinga im Wahlkampf unterstützte, ist der Sohn von Kenias erstem Präsidenten Jomo Kenyatta. Er aber, so Ruto, habe sein Vorankommen aus bescheidenen Verhältnissen selbst geschafft. Mit wem man verwandt sei, dürfe in der kenianischen Politik nicht über den Erfolg bestimmen.

Nun aber ist Ruto selbst in eine Debatte verstrickt, die Zweifel an der Wahrhaftigkeit seiner Parolen aufkommen lässt – und auch einigen Spott. Seine Tochter Charlene tourt bereits seit geraumer Zeit durch das Land und die Region – was ihr von den Opposition Kritik eingebracht hat, aber auch Spitznamen, die man dem Sohn eines Präsidenten vielleicht nicht geben würde. "Quickmart Ivanka" etwa nennen sie ihre Gegner. Das soll an die geschäftige Tochter von Ex-US-Präsident Donald Trump erinnern. Quickmart, der Name eines kenianischen Diskont-Supermarkts, soll aber auch insinuieren, dass Ruto die "billige" Variante der einstigen US-First-Daughter sei.

Was ist daran lustig?

Charlene Ruto jedenfalls beruft sich bei all dem recht offensiv auf ihren Vater und dessen Position. Jüngst tauchte ein Video auf, in dem sie dabei zu sehen ist, wie sie bei einer Veranstaltung in Tansania einen ganzen Mitarbeiterstab aufzählt. "Das hier ist Mike Sagana, er ist einer meiner Berater. Und hier ist Jermaine Momanyi, er ist der Vorsitzende für Handel und Investitionen im Büro der First Daughter ...", sagt sie, und wird dabei von Applaus, aber auch von Lachern unterbrochen. "Ich verstehe nicht, was daran lustig ist", sagt sie dann.

Unverständnis ist es auch, das das Video in Kenia selbst ausgelöst hat. Denn bisher war den Menschen im ostafrikanischen Land nicht bekannt, dass es ein "Büro der First Daughter" gibt. Die Neuigkeit löste natürlich einige Fragen zur Finanzierung dieser Institution aus – und auch dazu, ob es dort neben "Handel und Investitionen" womöglich noch weitere Quasi-Ministerien gebe. In der Verfassung sei eine solche Einrichtung jedenfalls nicht vorgesehen, ließen Gegner Rutos wissen. Erst später klärte Charlene Ruto auf: "Das Büro ist eine private Einrichtung. Es ist nicht in der Verfassung vorgesehen und wird auch nicht mit Steuergeldern finanziert", heißt es in einer Erklärung.

Ambitionen auf echte Ämter

Offen lässt das natürlich andere Fragen: etwa wieso das Büro dann einen so offiziellen Titel trägt – und auch, wer die Einrichtung denn eigentlich tatsächlich bezahlt, wenn sie nicht vom Staat finanziert ist. Dass die 26-jährige Absolventin eines Kommunikations- und Wirtschaftsstudiums das Amt ihres Vaters nutzt, um an Gelder für ihr Büro zu kommen, legt der Name der Einrichtung jedenfalls nahe.

Unklar bleibt freilich darüber hinaus, welche Ambitionen Charlene Ruto selbst verfolgt. Geht es darum, ausländische Investoren etwa zu den unterschiedlichen Firmen zu lenken, die ihr Vater weiterhin besitzt? Oder hat sie – Stichwort Dynastie – selbst Ambitionen auf tatsächliche Ämter? Das Büro der "First Daughter" scheint sich jedenfalls vorerst nicht als geeignetes Sprungbrett zu erweisen. (Manuel Escher, 15.12.2022)