An vielen Orten in Europa besetzen Klimaaktivisten die Unis, so wie hier in Leipzig.
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Die Studierenden an der Universität Barcelona waren recht schnell erfolgreich. Sie errichteten ein Zeltecamp und besetzten das Gebäude für eine Woche. Dann gab die Hochschule den Forderungen der Klimaaktivistinnen und -aktivisten – zumindest teilweise – nach. Ab 2024 wird es für alle Studierende an der Uni Barcelona ein verpflichtendes Klimamodul zu absolvieren geben. Auf vielen Ebenen ein Win. Zukünftige Studierende kommen nicht mehr darum herum, die Folgen des Klimawandels zu erlernen, und die Hochschule bereitet einen Lösungsweg für andere besetzte Bildungseinrichtungen, ja sogar für die Politik, die seit Wochen versucht, Klimaaktivisten von Autobahnen fernzuhalten. Kleine Schritte, eine Prise Verständnis und Einsatz für die Forderungen der jungen Generation, die mit den Auswirkungen der sich erhitzenden Erde länger leben muss, als Uni-Rektoren, die kurz vor der Pensionierung stehen.

Bisher ist Klimabildung freiwillig

An den Unis in Wien sieht es weniger erfolgversprechend aus. Die Erde-brennt-Bewegung will zumindest die Besetzung des Hörsaals C1 in der Uni Wien beenden, mit einem großen Demo-Zug von der Uni zum Wissenschaftsministerium. Sie berichteten zuletzt von schlechter bis gar keiner Kommunikation mit dem Rektorat und kündigten an, "noch lautere" Aktionen zu planen. Dabei wäre es auch der Uni Wien möglich, ein verpflichtendes Klimamodul einzuführen. Bisher gibt es nur Wissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels als freiwilliges Erweiterungscurriculum. Das Geografie-Studium bietet ein Masterseminar zu den Folgen des Klimawandels für verschiedene Wirtschaftsbranchen. Es ist also definitiv noch viel mehr machbar, denn nicht nur interessierte Ökofreunde und Wirtschaftsstudierende sollten eine Kompetenz darin entwickeln, welche Folgen fossile Energie, CO2 und Co auf die Erde haben, sondern auch darin, wie die Gesellschaft und Politik den Verlauf so gut wie möglich dämpfen und lindern können.

Apropos Gesellschaft: Warum sollten eigentlich nur die Universitäten und Hochschulen über Klimawandel-Unterricht nachdenken und diesen einführen? Naturkatastrophen, Starkregen, Dürren und Hungersnöte betreffen den Planeten als ein Ganzes, jeder Teil der Menschheit wird in irgendeiner Form betroffen sein. Die Existenz aller ist gefährdet – nicht nur die der Akademikerinnen und Akademiker. Entscheidungsträger der Bildung und der Schulen können sich das "Barcelona-Modell" als Vorlage nehmen, um zu zeigen: Wir tun etwas, damit sich die gesamte Gesellschaft ändert. Die absolute Grundlage dafür, dass jeder und jede die Dringlichkeit der Klimakrise versteht, ist eben Bildung. Und diese sollte bereits frühkindlich beginnen. Der Sachunterricht in der Volksschule beinhaltet im Lehrplan zwar die Formenvielfalt der Natur und verantwortungsbewusstes Verhalten gegenüber der Natur. Von einem Klimawandel und wie man klimafreundlich leben kann, ist jedenfalls nichts zu finden.

Umsetzung für Unterricht sollte leicht sein

Mit der zunehmenden Digitalisierung und der immer stärkeren Nutzung von sozialen Medien durch junge Menschen konnte die Politik bereits Maßnahmen ergreifen. Kinder sollten wissen, was auf sie zukommt, wenn sie sich ins Internet begeben. 2017 hat die damalige Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) die digitale Grundbildung für Gymnasien und Mittelschulen beschlossen. 2018 als verpflichtende Übung für alle Schüler, seit diesem Schuljahr fest verankert im Lehrplan einmal in der Woche.

An Möglichkeiten scheitert es somit nicht. Zudem sollte das Wissen zu einer drängenden Krise der Menschheit nicht nur Akademikern zugetragen werden. Während der neun Jahre Schulpflicht würde ein Klima-Pflichtgegenstand jeden erreichen, egal welchen Ausbildungsweg das Kind später wählt und aus welcher Gesellschaftsschicht es kommt. Sogar Unterrichtsmaterialien gäbe es bereits zuhauf. Das gemeinnützige Unternehmen Klimabündnis Österreich stellt Pädagogen Materialien für die Klimawandelbildung ab dem Kindergartenalter zur Verfügung. Viele Ressourcen wären somit da. Bei der Einführung der "digitalen Grundbildung" beklagten einige Politiker, wer das bezahlen soll. Bei Klimaklassen sollte sich die Frage nicht stellen. Denn die Folgen des Klimawandels kosten den Staat ein Vielfaches davon. (Melanie Raidl, 20.12.2022)