Camilla (Kim Riedle, r.) schleppt den verletzten Robert Karow (Mark Waschke, l.) zum Auto.

Foto: ORF/rbb/Stefan Erhard

Ein Polizist, der durch eine Ermittlung persönlich in die Sache hineingezogen wird, der seine professionelle Distanz verliert – eine solche Figur verspricht gesteigerte Krimispannung. Im dieswöchigen Sonntags-Tatort "Das Opfer" setzt ein solcher Gefühlsstrudel an einem Fall an, der auf den ersten Blick für emotionale Verwicklungen überhaupt nicht geeignet scheint.

Da wird im Wald ein Toter gefunden. Maik Balthasar (Andreas Pietschmann) war verdeckter Ermittler gegen den stadtbekannten Berliner Nachtclubbesitzer Mesut Günes (Sahin Eryilmaz), den Staatsanwältin Sara Taghavi (Jasmin Tabatabai) eindrücklich vorstellt. "Jedes dritte Gewaltverbrechen in dieser Stadt lässt sich über drei Ecken auf Günes zurückführen", sagt sie.

Alles spricht für eine Hinrichtung im kriminellen Milieu

Balthasar starb durch einen Schuss in den Kopf. Alles spricht für eine Hinrichtung im kriminellen Milieu. Doch dem Polizisten Robert Karow (Mark Waschke) treibt der Anblick des Toten die Tränen in die Augen. Er erkennt in ihm seinen engen Freund aus Jugendzeiten.

Warum musste Balthasar sterben? Karow besucht Günes in der U-Haft. Statt auf seine Fragen zu antworten, beginnt auch der Gangster zu weinen. Karow nimmt sich Urlaub, zieht in Balthasars Wohnung, sucht Spuren und Hinweise. Er liest Balthasars Briefe, trinkt seinen Whisky aus – und verstrickt sich immer tiefer in dessen Verhängnis.

Was folgt, sind lebensgefährliche Nachforschungen. Die Wahrheit, so zeigt sich, liegt im Persönlichen und in der Vergangenheit. Die Lösung des Falls in diesem gut gemachten Krimi ist denn auch überraschend. Vielleicht, dass dem Streifen ein bisschen weniger dick aufgetragenes Gefühl gutgetan hätte. (Irene Brickner, 17.12.2022)