Taraneh Alidoosti ist in Haft.

APA/AFP/VALERY HACHE

Teheran – Nach der Festnahme der international bekannten Schauspielerin Taraneh Alidoosti im Iran forderten am Sonntag Prominente und Menschenrechtsaktivisten den Iran auf, die 38-Jährige freizulassen. Sie sei eine der talentiertesten und bekanntesten Schauspielerinnen des Iran, erklärte Cameron Bailey, Chef des Toronto International Film Festivals, im Onlinedienst Twitter. "Ich hoffe, dass sie bald frei ist, um weiter die Stärke des iranischen Kinos zu repräsentieren."

Iran: "Chaos angestiftet"

Alidoosti habe "falsche und verzerrte" Informationen verbreitet sowie "zum Chaos angestiftet", meldete die regierungsnahe Nachrichtenagentur Tasnim am Samstag. Sie sei auf Anordnung der Justizbehörde festgenommen worden, da sie "keine Dokumentation für einige ihrer Behauptungen" über die Proteste vorgelegt habe, berichtete "Misan Online", die offizielle Internetseite der Justizbehörde, am Samstag.

Neben Alidoosti seien auch andere "Berühmtheiten" wegen "haltloser Behauptungen über die jüngsten Ereignisse und der Publikation provokativen Materials zur Unterstützung der Unruhen auf den Straßen" verhört oder festgenommen worden, hieß es auf dem Portal.

Unterstützerin der Protestbewegung

Alidoosti hatte sich in den Onlinenetzwerken wiederholt zu der Protestbewegung bekannt, die durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im September im Gewahrsam der Sittenpolizei ausgelöst wurde. Auch hatte sie zuletzt die Hinrichtung des jungen Demonstranten Mohsen Schekari angeprangert.

"Jede internationale Organisation, die diesem Blutbad zuschaut und nicht reagiert, ist eine Schande für die Menschheit", schrieb die Schauspielerin auf Instagram zu der Hinrichtung. Am Sonntag war ihr Profil mit mehr als acht Millionen Followern auf der Plattform nicht mehr zugänglich.

Teil des Oscar-Films "The Salesman"

Alidoosti hat in mehreren Filmen des renommierten iranischen Regisseurs Asghar Farhadi mitgespielt – darunter in "The Salesman", der 2017 mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnet wurde. Auch spielt sie in Saeed Roustayis beim diesjährigen Filmfestival in Cannes gezeigten Werk "Leila und ihre Brüder" die Hauptrolle.

Die britische Schauspielerin Nazanin Boniadi, die iranische Wurzeln hat, äußerte in Online-Netzwerken ebenfalls ihre Unterstützung für Alidoosti. Diese sei festgenommen worden, weil sie "in Solidarität mit den Demonstranten ein Foto von sich ohne den verpflichtenden Hidschab veröffentlicht hat".

Frauen im Iran würden festgenommen und inhaftiert, weil sie sich weigerten, den "Zwangs-Hidschab" zu tragen, erklärte die in New York ansässige Menschenrechtsorganisation Center for Human Rights in Iran (CHRI). Darunter sei auch die Schauspielerin Alidoosti. "Die Macht der Frauenstimmen erschreckt die Machthaber der islamischen Republik", hieß es weiter.

Hunderte Tote

Bereits vor Beginn der aktuellen Protestwelle waren in diesem Jahr mehrere prominente Vertreter der iranischen Filmbranche festgenommen werden, darunter die international preisgekrönten Regisseure Mohammed Rasulof und Jafar Panahi, die sich weiterhin hinter Gittern befinden.

Bei den seit September andauernden Protesten wurden nach iranischen Angaben mehr als 200 Menschen getötet. Internationale Menschenrechtsorganisationen gehen von mehr als 450 Toten aus. Tausende Menschen wurden festgenommen. Die Demonstrationen richten sich unter anderem gegen die rigorosen Bekleidungsvorschriften für Frauen. Der nach ihrer Festnahme verstorbenen Amini war vorgeworfen worden, die Regeln für das Tragen des Kopftuchs missachtet zu haben.

Ausreiseverbot für früheren iranischen Nationalspieler Dejagah

Dem ehemaligen iranischen Fußball-Nationalspieler Ashkan Dejagah ist offenbar ein Ausreiseverbot erteilt worden. Das berichtete die Sportzeitung Khabar Varzeshi am Sonntag. Der 36-Jährige, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, dürfe demnach den Iran nicht verlassen, nachdem er bei Protesten in Deutschland gesehen worden sei.

Dejagah, der in der Bundesliga für Hertha BSC und den VfL Wolfsburg aufgelaufen war, wechselte im Sommer in die iranische Liga. Dort spielt der frühere deutsche U21-Nationalspieler für den FC Foolad.

Gewaltausbruch in iranischem Gefängnis

Indes sind bei einem Gewaltausbruch in einem Gefängnis im Nordiran wegen einer geplanten Hinrichtung nach Angaben von Aktivisten ein Häftling getötet und 17 weitere verletzt worden. Zu den Konfrontationen in der Haftanstalt der Stadt Karaj sei es am Samstag gekommen, als Häftlinge gegen die Verlegung eines Insassen in die Isolationshaft vor seiner Hinrichtung protestiert hätten, erklärte die Organisation Iran Human Rights (IHR) am Sonntag. Das Todesopfer starb an einem Kopfschuss.

Die iranischen Behörden hingegen gaben an, dass ein Häftling nach einem Konflikt zwischen Insassen gestorben sei. Der Oberste Richter der Provinz Albors erklärte, die Unruhen hätten in der Abteilung begonnen, in der Gefangene Haftstrafen wegen Drogendelikten absitzen. Häftlinge hätten Bettdecken angezündet. Seitdem sei aber wieder Ruhe eingekehrt.

Es ist der dritte größere Vorfall in einem iranischen Gefängnis seit Beginn der Protestwelle im Land. Karaj ist ein wichtiges Zentrum der Proteste. (APA, sid, red, 18.12.2022)