Offizielle Sichtungen von nicht identifizierten Objekten in Luftraum, All und unter Wasser sollen analysiert werden.
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Optische Täuschungen, Bildartefakte oder doch ein extraterrestrischer Besucher? Unbekannte Flugobjekte sorgen nicht erst seit der Möglichkeit, Bilder und Videos einem weltweiten Milliardenpublikum zugänglich zu machen, für Spekulationen. Seit relativ kurzer Zeit wird das Thema in den USA wieder von offizieller Seite behandelt. 2021 thematisierte man in einem Geheimdienstbericht mehr als 140 Ufo-Sichtungen durch das US-Militär innerhalb von 17 Jahren, auch die Raumfahrtbehörde Nasa widmet sich seit diesem Jahr aus wissenschaftlicher Perspektive bislang ungeklärten Himmelsphänomenen.

Am Freitag wurden erste Erkenntnisse jener im Juli gebildeten Pentagon-Behörde bekanntgegeben, die sich um die Aufarbeitung der mysteriösen Sichtungen kümmert. Das "All-Domain Anomaly Resolution Office", kurz AARO, kümmert sich nicht nur um Objekte im Luftraum, die offiziell als nicht identifizierte Luftphänomene ("unidentified aerial phenomena" oder UAP) bezeichnet werden. Auch im Weltraum und unter der Wasseroberfläche geht die Behörde auf die Suche – beziehungsweise analysiert entsprechende Meldungen.

Ronald Moultrie steht als Unterstaatssekretär für Verteidigung, Nachrichtendienste und Sicherheit dem Investigationsteam von AARO vor.
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Abstecher von Aliens konnten dabei bisher ausgeschlossen werden: "Ich habe in den Unterlagen bisher nichts gesehen, was auf einen Besuch von Außerirdischen, einen Absturz von Außerirdischen oder Ähnliches hindeuten würde", sagte Ronald Moultrie, Unterstaatssekretär für Verteidigung, Nachrichtendienste und Sicherheit.

Nur eine eindeutige Klärung

Dem ersten Zwischenbericht zufolge ist die Analyse schwierig. Von den 144 Ufos des Geheimdienstberichts konnte bisher nur ein Vorfall eindeutig geklärt werden, bei dem es sich offenbar um einen großen Ballon handelte, der an Gas verlor. Die anderen Fälle lassen Fragen offen – vor allem, ob es sich um "exotisch" aussehende Flugsysteme US-amerikanischer Behörden oder Unternehmen handelte oder diese aus einem anderen Land stammten, etwa China oder Russland.

In 80 der mehr als 140 Fälle habe es sich wahrscheinlich um physische Objekte gehandelt, sie seien mithilfe mehrerer Sensoren gleichzeitig registriert worden. Bei 18 Vorfällen lägen zudem Hinweise auf "ungewöhnliche Bewegungsmuster oder Flugcharakteristiken" vor, hieß es in dem Bericht von 2021.

Historische Aufzeichnungen

Seitdem ist die Gesamtanzahl der Meldungen auf mehr als 400 angestiegen, wie bereits im Mai mitgeteilt wurde. Die genaue Anzahl soll bald veröffentlicht werden, sagte Sean Kirkpatrick, der Direktor des AARO. Auch ist die Rede von einem aufwendigen Bericht, der alle staatlich erfassten Ufo-Meldungen der USA seit 1945 zusammentragen soll.

Der Plan ist, auch als "geheim" eingestufte Aufzeichnungen einzubeziehen, von denen bisher nur wenige Menschen wussten. Bisherige Analysen wurden etwa im "Project Blue Book" gesammelt, das bis zum Jahr 1969 geführt wurde. Dabei stellte die Air Force Daten zu mehr als 12.600 Ufo-Sichtungen zusammen. 700 davon konnten nicht identifiziert werden.

Diese Luftaufnahme des Pentagons in Washington, D.C., wurde nicht von einem unbekannten Flugobjekt gemacht.
Foto: Reuters / Joshua Roberts

Bei neueren Sichtungen dürfte es sich in etlichen Fällen um Spionagedrohnen handeln. Über genauere Angaben hält sich das Pentagon bedeckt. Immerhin könnten ausländische Organisationen sonst darauf schließen, dass die eigenen Überwachungsgeräte enttarnt wurden. Die identifizierten Objekte sollen sich nicht durch besonders fortschrittliche Militärtechnologie auszeichnen – stattdessen handle es sich um prinzipiell bekannte Geräte, die aber durch Faktoren wie Spiegelungen oder Aufnahmen durch Nachtsichtgeräte ungewöhnlich wirkten.

Nichts Mysteriöses im deutschsprachigen Raum

Während sich in anderen Staaten die Beobachtungen unbekannter Flugobjekte kriegsbedingt häufen – vor allem in der Ukraine –, gibt es diese in Österreich dem Bereich für Luftraumüberwachung des Verteidigungsministeriums zufolge nicht. Wie Referent Andreas Kramer im November dem STANDARD mitteilte, ließen sich Meldungen aus der Bevölkerung zumeist schnell aufklären. "Was natürlich schon vorkommt, sind Luftraumverletzungen, aber dabei handelt es sich um nichts Mysteriöses, sondern um unangemeldete Luftfahrzeuge", sagte Kramer. "Aus Sicht der Luftraumüberwachung kann ich sagen, dass es keine unerklärlichen Vorfälle gab, auch nicht in den vergangenen Jahrzehnten."

In Deutschland ist die Lage vergleichbar und auch in der Schweiz vermutlich ähnlich, wo man auf die Anfrage relativ pikiert reagierte: "Das Eidgenössische Departement für Verteidigung hat keinen Grund, an die Existenz von Ufos zu glauben." Die Beschäftigung mit nicht identifizierbaren Flugobjekten wird noch immer stark mit vermeintlichen Alienbesuchen in Verbindung gebracht. Kirkpatrick, der Direktor der US-Behörde AARO, zeigte sich hingegen prinzipiell ergebnisoffen: "Als Physiker muss ich mich an die wissenschaftliche Methode halten, und ich werde den Daten und der Wissenschaft folgen, wohin auch immer sie führen." (sic, red, 19.12.2022)