Trumps NFT-Sammelkarten kamen selbst bei einigen seiner treuesten Unterstützer nicht gut an.

Foto: CollectTrumpCards.com

Eine "große Ankündigung" hatte Donald Trump für den 15. Dezember versprochen. Und Fans, die ihm nach seinem Abgang als US-Präsident treu geblieben sind, hatten große Hoffnungen. Erwartet worden war die Bekanntgabe von Trumps Running Mate für 2024. Also jener Person, die bei der nächsten Präsidentschaftswahl neben ihm für das Amt der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten kandidieren soll.

Das war allerdings nicht, was das Publikum bekam. Stattdessen nutzte Trump die Aufmerksamkeit, um NFT-Sammelkarten von sich zu versteigern. Die Grafiken von teils fragwürdiger Bearbeitungsqualität zeigen ihn als Superhelden mit Laseraugen, Cowboy, Astronaut, vor einer Anzeigetafel mit Börsenkursen und in anderen Situationen. Vermarktet wurden diese als digitale Sammlerstücke in limitierter Auflage zu je 99 Dollar. Damit gelang es Trump, selbst seinen sonst treuesten Unterstützern kritische Worte zu entlocken.

Bannon, Gorka, Dennis beschuldigen Berater

Da wäre etwa Steve Bannon, dereinst Chefredakteur des Rechts-außen-Portals "Breitbart" und politischer Berater von Trumps 2016er-Wahlkampagne sowie von ihm als Präsident persönlich. "Okay, ich kann das nicht mehr", zeigte dieser sich frustriert, während er die Ankündigung live mitverfolgte. "Er ist einer der großartigsten Präsidenten der Geschichte, aber wir befinden uns im Krieg."

Direkte Kritik an Trump vermied er allerdings. Trumps Partner, die er für die Aktion verantwortlich sah, sollten "noch heute gefeuert werden". Mit Bannon im Studio saß auch ein weiterer Ex-Berater von Trump, Sebastian Gorka. Auch dieser sieht den NFT-Verkauf als Ablenkung vom eigentlichen Ziel: "Ich will nicht, dass sie präsidentschaftliche Servietten für (Trumps Anwesen, Anm.) Mar-a-Lago machen, wir haben keine Zeit zu verlieren."

Auch John Dennis, seines Zeichens Chef der Republikaner in San Francisco, blies ins selbe Horn. "Ich mag Trump. Das ist keine gute Idee", kommentierte er mit Verweis auf die Sammelkarten. Auch er sieht die Verantwortung für die Aktion aber nicht beim Ex-Präsidenten. "Wer auch immer Trump dazu geraten hat, NFTs zu verkaufen, sollte nicht gefeuert werden. Er sollte ins Exil gehen müssen", forderte er drastische Maßnahmen.

Kongress-Kandidat ließ abstimmen

Direkte Kritik übte allerdings Robby Starbuck. Der Regisseur bewarb sich mit Unterstützung von Trump im 5. Wahlbezirk von Tennessee um ein Mandat im Kongress, wurde allerdings von der republikanischen Partei des Bundesstaates von der Liste gestrichen, da diese die Vorgaben, wer als zum Wahlantritt qualifizierter Republikaner einzustufen sei, nicht erfüllt sah. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung bestätigte der Supreme Court von Tennessee die Entfernung von Starbuck aus dem Kandidatenpool.

In einem Tweet sprach Starbuck nun eine "harte Wahrheit" zur Sammelkartenaktion aus. "Das ist nicht gut. Wir sehen uns einer Gefahr für die Zivilisation durch linke, extremistische Marxisten gegenüber. NFT-Sammelkarten als 'große Ankündigung' zu bringen ist nicht der Kampf, den die Menschen sehen wollen", so der gescheiterte Kandidat. Denn es seien "dunkle Zeiten". Zudem startete er eine Umfrage unter seinen Followern, ob sie Trumps Ankündigung als "Turn-off" empfinden. 80,1 Prozent von knapp 18.000 Stimmen entfielen auf Ja.

"Stop the Steal"-Organisator entsetzt

Als "peinlich und einen Schlag ins Gesicht für Trumps Basis" empfand Daniel Bostic das NFT-Spektakel. Bostic gehört zu jenen Personen, die überhaupt erst durch Trump zu größerer Prominenz gelangten. Der Schauspieler ist Teil des Teams von "Stop the Steal", einer rechten Gruppierung, die sich Trumps Wahlbetrugsnarrativs verpflichtet fühlt und auch jene Demonstration mitorganisiert hatte, aus der im Jänner 2021 schließlich der Sturm aufs Kapitol wurde.

"Die Menschen leiden und verlieren ihr Land", bemängelt Bostic. "Sie flehen um echte Hilfe und nicht kindische Stunts wie diesen."

Kommentator empfiehlt Trump-Konkurrenten

Unverblümt zeigt sich auch Ben Kew. Er schreibt konservative Meinungsstücke für die spanischsprachige Zeitung "El American" und repräsentiert auch den messbaren Erfolg, der Trump bei Wählern mit hispanischem Hintergrund gelungen ist. Dieser ist die Basis dafür, dass die Partei in den vergangenen Jahren im ursprünglich meist knapp umkämpften Bundesstaat Florida zunehmend erfolgreicher wurde.

"Trumps 'große Ankündigung' war also nur eine Gaunerei, um ein paar wertlose Sammelkarten zu bewerben", resümiert der Kommentator. Zudem erinnert er daran, dass der Hype um NFT-Besitztümer längst abgeflaut ist: "Selbst meine Oma weiß, dass NFTs ein Scam sind." Seinen Tweet garnierte er mit einer Reihe "Daumen runter"-Emojis und dem Hashtag #DeSantis24. Dieser referenziert auf Ron DeSantis, der kürzlich seinen Posten als Gouverneur von Florida mit 59,4 zu 40 Prozent der Stimmen erfolgreich gegen seinen demokratischen Herausforderer Charlie Crist verteidigte.

DeSantis gilt innerparteilich als Hoffnungsträger und Konkurrent von Trump. Vielfach wird angenommen, dass er für die Präsidentschaftswahl 2024 gegen diesen in den Vorwahlring steigen wird, wo er nach aktuellem Stand gute Chancen hätte.

In einer von der Suffolk University für "USA Today" durchgeführten Umfrage erklärten 61 Prozent jener Befragten mit Sympathien für die Republikaner, dass sie einen anderen Kandidaten als Trump bevorzugen würden. Zwei Drittel begrüßen einen Antritt von DeSantis. Dieser hat sich bezüglich einer Kandidatur noch nicht festgelegt.

Seitenhieb von Joe Biden

Bis Jänner 2025 dauert aber noch die aktuelle Amtszeit des amtierenden Präsidenten Joe Biden. Und der erlaubte sich auch einen Seitenhieb auf Trumps Sammelkartenverkauf.

"Auch ich hatte eine Reihe 'GROSSER ANKÜNDIGUNGEN' in den letzten Wochen", schrieb er per Twitter. Dabei verwies er auf nachlassende Inflation, niedrigere Treibstoffpreise, den Schutz für gleichgeschlechtliche Eheschließung, neue Jobs in Arizona und den Gefangenenaustausch mit Russland, dank dem die Basketballerin Brittney Griner wieder heimkehren konnte.

Trump selbst spricht freilich von einem großen Erfolg. In weniger als einem Tag seien alle 45.-000 NFT-Sammelkarten mit seinem Antlitz verkauft worden, verlautbarte er. Damit spülte die Aktion 4,46 Millionen Dollar in seine Wahlkampfkassa. (gpi, 19.12.2022)