Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Kristina Silberbauer, was die oberstgerichtliche Entscheidung für All-in-Verträge bedeutet.

Ein bei einer Bank angestellter Vater kämpfte gegen die Kürzung seines All-in-Gehalts von ursprünglich über 8.000 Euro brutto anlässlich der Elternteilzeit. Seines Erachtens hätte sein Gesamtgehalt nur analog zu seiner Arbeitszeit (minus 20,13 Prozent) reduziert werden dürfen. Die Bank hingegen rechnete aus dem All-in-Gehalt 25 Mehr- und Überstunden heraus, die sie während der Elternteilzeit nicht weiterbezahlte, und reduzierte das verbliebene Gehalt der Arbeitszeitreduktion entsprechend.

Herausrechnen bei bestimmbarem Überstundenanteil

In erster und zweiter Instanz gewann der Mitarbeiter aber nur teilweise: Sein All-in-Gehalt sollte durchschnittlich 25 Mehr- und Überstunden pro Monat decken. Dieser bestimmbare Anteil sei anlässlich der Elternteilzeit herauszurechnen (und nicht mehr zu bezahlen). Allerdings berechneten die Gerichte den Wert der 25 Mehr- und Überstunden anhand des kollektivvertraglichen Mindestgehalts, sodass der Abzug deutlich geringer wurde als von der Arbeitgeberin vorgenommen. Sie wurde zu einer Nachzahlung verurteilt, der Mitarbeiter obsiegte somit nur teilweise.

Wie werden Überstunden bei einem All-in-Gehalt berücksichtigt, wenn kein Grundgehalt festgelegt wurde?
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Damit fand er sich allerdings nicht ab und erhob ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof – ohne Erfolg: Der OGH (OGH 24.10.2022, 8 ObA 22/22a) ging richtigerweise davon aus, dass ein "unechtes" All-in vorliegt, weil das Gesamtentgelt neben dem Grundgehalt nur eine bestimmte Anzahl an Überstunden (und nicht "alle") einschloss. Der pauschal abgegoltene Überstundenanteil von 25 Stunden lässt sich damit ausreichend abgrenzen, ähnlich wie in einem ebenfalls kürzlich entschiedenen Fall (OGH 28.09.2022, 9 ObA 83/22d).

Überstundenentgelt gemäß Kollektivvertrag

Im Zentrum der Entscheidung stand die Frage, welcher Teil des überkollektivvertraglichen Gesamtentgelts auf die Mehrleistungen entfällt. Weil die Parteien kein Grundgehalt für die Normalarbeitszeit beziffert hatten, konnte der Wert einer Überstunde nicht berechnet werden. Laut OGH (und Vorinstanzen) kann hier aber hilfsweise das kollektivvertragliche Mindestentgelt herangezogen werden, das unabhängig von der konkreten Vereinbarung jedenfalls gebührt. Freilich ergibt diese Rechenart einen sehr viel geringeren Wert pro Überstunde – und des Entgeltanteils für 25 Stunden – als bei Berechnung auf Basis des überkollektivvertraglichen tatsächlichen Gehalts. Das schlug im Ergebnis zugunsten des Arbeitnehmers aus, weil er dadurch nur einen relativ kleinen Teil des All-in-Gehalts verlor.

Argument für transparentes Entgelt

Diese oberstgerichtliche Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig eine transparente Entgeltgestaltung ist, die für ab 2016 neu geschlossene Verträge ohnehin gesetzlich vorgesehen ist: Gemäß § 2g AVRAG sind All-in-Gehälter in ein Grundgehalt beziehungsweise einen Grundlohn und die restlichen Entgeltbestandteile, vor allem Überstundenabgeltungen, betragsmäßig aufzusplitten. Ein Unterlassen kann schwer kalkulierbare Nachforderungen begründen: Mitarbeitende, deren All-in-Gehalt nicht aufgegliedert ist, haben nämlich Anspruch auf das Grundgehalt beziehungsweise -lohn einschließlich branchen- und ortsüblicher Überzahlungen. Maßgeblich sind Überzahlungen, wie sie am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von vergleichbaren ArbeitgeberInnen gebühren. Handlungsbedarf besteht somit bei jenen All-in-Entgelten, die im Vergleich zum Mitbewerb niedrig sind, oder – will man korrekte Deckungsprüfungen vornehmen – für sämtliche All-in-Verträge. (Kristina Silberbauer, 21.12.2022)