Vielbeachteter Besuch: Der russische Präsident Wladimir Putin (links) wurde am Montag von seinem belarussischen Amtskollegen Alexander Lukaschenko empfangen.

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Wer von den beiden Autokraten Koch ist und wer Kellner, stand schon vor dem Besuch Wladimir Putins am Montag bei seinem belarussischen Amtskollegen Alexander Lukaschenko fest: Spätestens seit den niedergeschlagenen Protesten gegen seine gefälschte Wiederwahl im Sommer 2020 ist Lukaschenko von Putins Wohlwollen abhängig. Während der Belarusse beinahe im Monatstakt zum Rapport nach Moskau tingelt, hat sich der Kreml-Chef zuletzt 2019 in Minsk blicken lassen.

Jüngst hat der Kreml seinen Vasallen entsprechend enger an die Kandare genommen: Einerseits rollt im bilateralen Handel seit kurzem nicht mehr der US-Dollar, sondern der russische Rubel. Anderseits hat Russland in Belarus tausende Soldaten stationiert; zu Beginn des Krieges sind Moskaus Panzer von dort auf das nahe Kiew zugerollt – ohne Erfolg, wie sich nach wenigen Wochen zeigen sollte. Parallel zu Putins Besuch in Minsk hielten russische Truppen zudem in Belarus ein Manöver ab.

Belarus betont Unabhängigkeit

Lukaschenko, der von der EU nicht mehr als Präsident von Belarus anerkannt wird, betont demonstrativ die Unabhängigkeit des Landes: "Niemand außer uns regiert Belarus", ließ er verlauten. Trotzdem ging in Kiew vor dem Putin-Besuch in Minsk die Angst um, Russland könnte Belarus zu einem Kriegseintritt zwingen. Zu Recht?

"Ich glaube nicht, dass Lukaschenko dazu bereit wäre; schon deshalb, weil die belarussische Armee über relativ geringe Kampffähigkeit verfügt. Außerdem wäre auch das politische Risiko im Inland für Lukaschenko zu groß, weil die Proteste dann noch einmal hochkochen könnten", sagt Politologe Gerhard Mangott. Zudem halte Belarus die Ukraine auch ohne Eingreifen in Schach, weil Kiew seine Nordgrenze mit Truppen bewachen muss, die ihm im Osten fehlen.

Militäranalyst Markus Reisner will einen belarussischen Kriegseintritt aber nicht gänzlich ausschließen: "Im Moment gibt es keine Indikatoren dafür. Wenn Belarus aber isoliert ist, etwa weil Putin droht, das Land von der Versorgung abzuschneiden, entstünde eine Zwangssituation, aus der Lukaschenko nur schwer herauskäme."

Lukaschenko will Kooperation vertiefen

Unterdessen war in Minsk – zumindest offiziell – nicht die Rede von einem Kriegseintritt Lukaschenkos. Kremlchef Putin bezeichnete die Gespräche mit Lukaschenko als "sehr ergebnisreich". Sein Gastgeber wiederum sprach von "konstruktiven und produktiven" Unterredungen, wie die russische Staatsagentur Tass nach Abschluss der Gespräche berichtete. Unter anderem hätten sich die beiden Staatschefs auf eine Fortsetzung der militärischen Kooperation verständigt, ebenso wie eine noch engere wirtschaftliche Zusammenarbeit. Russland habe aber keinerlei Interesse daran, sich Belarus einzuverleiben, das würde einfach keinen Sinn ergeben, so Putin.

In diesen "schwierigen Zeiten" müsse die Kooperation vertieft werden, sagte Lukaschenko zu Beginn des Gesprächs laut russischen Medien. Beide Länder seien außerdem offen für einen Dialog mit dem Westen. Gleichzeitig widersetzen sich nach Überzeugung Putins beide Länder erfolgreich dem Sanktionsdruck des Westens und den Versuchen, Russland und Belarus zu isolieren. "Wir koordinieren unsere Schritte zur Minimierung des Einflusses der illegalen Beschränkungsmaßnahmen auf unsere Wirtschaft", sagte Putin. "Und das machen wir auch ziemlich überzeugend und effektiv." (Florian Niederndorfer, APA, red, 19.12.2022)