Elon Musks Eskapaden sorgen für Besorgnis in der europäischen Politik.

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Elon Musk erhält dieser Tage Post vom Europäischen Parlament. Die Abgeordneten möchten den neuen Chef im Plenum befragen, wie aus einem Brief hervorgeht, der dem Magazin "Politico" vorliegt. Die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, schickte am Montag einen Brief an den Tech-Milliardär und bittet Musk darin um einen "offenen Austausch in der Öffentlichkeit" mit den Europaabgeordneten.

"Twitter spielt im demokratischen Leben der Europäischen Union eine zentrale Rolle und ermöglicht den zivilen Diskurs", schreibt Metsola, die gleichzeitig ihre Befürchtung ausdrückt, Twitter könnte Hass im Netz und Fake News befeuern: "Twitter sollte nicht unwissentlich zu einem Katalysator für Hassrede, Wahlmanipulation oder Falschinformation werden."

Bereits im November hatten liberale Abgeordnete gefordert, Musk ins Europaparlament einzuladen. Metsola sei "zuversichtlich", dass Musk der Einladung nachkommen werde. Erst Anfang der Woche hatten führende Europaparlamentarier ihre Besorgnis über die Sperre von US-Journalisten auf Twitter ausgedrückt. Frankreichs Minister für digitale Angelegenheiten, Jean-Noël Barrot, sagte, er sei "bestürzt" über die Sperre von Journalisten. "Pressefreiheit ist die Grundlage der Demokratie. Eines anzugreifen heißt, das andere anzugreifen", tweetete Barrot.

Politiker über Chaos bei Twitter besorgt

Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Věra Jourová, nannte die "willkürliche" Sperre von Journalisten besorgniserregend. Der französische Industrieminister Roland Lescure kündigte an, die Plattform aus Protest zu verlassen. Musk hatte mehr als 20 Konten von US-Journalistinnen und -Journalisten gesperrt. Auslöser war eine Diskussion über das Konto @ElonJet, betrieben von einem 19-Jährigen, der über öffentlich verfügbare Daten den Aufenthaltsort von Elon Musks Privatjet verfolgt. Musk fühlte sich dadurch in seiner persönlichen Sicherheit bedroht. Daraufhin ließ Musk die Nutzungsbedingungen von Twitter ändern, wonach sogenanntes Doxing eine Sperre des Accounts zur Folge hätte.

"Plattformen können die Richtlinien nicht ständig ändern", twitterte EU-Kommissar Thierry Breton am Montag. Er habe die Teams der EU-Kommission angewiesen, den Digital Services Act bis spätestens 1. September 2023 durchzusetzen. Während man in Europa an mehreren Gesetzen arbeitet, um Plattformen zu zwingen, gegen Desinformation und illegale Inhalte vorzugehen, ist die Union derzeit noch machtlos. Der DSA sieht bei Verstößen hohe Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes vor, doch das Gesetz wird voraussichtlich nicht vor Sommer 2023 umgesetzt.

Parlament kann Musk nicht zwingen

Darüber hinaus hat das EU-Parlament auch nicht die Befugnis, einen Firmenchef zu zwingen, vor den Parlamentariern auszusagen. Ob und wann Musk der Bitte nach einem Gespräch vor dem Parlament nachkommen wird, ist unklar.

Musk hat jüngst via Twitter die Vertrauensfrage gestellt, ob er sich als Chef der Plattform zurückziehen soll. Nachdem diese Umfrage nicht zu seinen Gunsten ausging, weil die User mehrheitlich gegen den Milliardär stimmten, machte Musk nicht näher definierte Bots und Fake-Accounts für seine Niederlage verantwortlich. Gleichzeitig kündigte Musk an, dass das Stimmrecht auf Twitter zukünftig zahlenden Abonnenten vorbehalten sein wird. (red, 20.12.2022)